15. Februar 2023 in Kommentar
„Wer im Credo der Kirche verwurzelt ist, kann nur befremdet sein über die Deklarationen, die prominente Vertreter dieser demokratisch nicht legitimierten Laiengruppe immer wieder abgeben.“ Gastbeitrag von Thorsten Paprotny
Bonn (kath.net) Vor etwa zehn Jahren nahm ich an einer Diskussionsrunde mit Studenten teil, vorwiegend aus dem Fach Religionswissenschaft. Ein engagierter junger Protestant meldete sich zu Wort und referierte mit einer gewissen Selbstverständlichkeit: „Die katholischen Laien in Deutschland werden vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken öffentlich vertreten …“ Ich widersprach und sagte: „Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ist eine Organisation, die den Anspruch hat, die katholischen Laien zu vertreten. Das heißt aber nicht, dass das ZdK das auch tut. Oder dass sich die Laien von dieser Gruppe vertreten fühlen.“ Ein Kollege aus dem Fach Soziologe stimmte mir zu und lächelte. Der Student war erstaunt: „Aber die sagen doch …“ Natürlich, behaupten lässt sich viel.
Die Kluft zwischen dem Anspruch, deutsche Katholiken zu vertreten, und der Wirklichkeit bestand und besteht – und vertieft sich immer mehr. Damals gab es noch nicht den spezifisch deutschen Synodalen Weg, aber das Unverständnis von zahlreichen einfach gläubigen Katholiken in Deutschland über diesen Funktionärsverband durchaus. Wer im Credo der Kirche verwurzelt ist, kann nur befremdet sein über die Deklarationen, die prominente Vertreter dieser demokratisch nicht legitimierten Laiengruppe immer wieder abgeben. Wir erinnern uns noch an die Aussagen der ZdK-Präsidentin Dr. Irme Stetter-Karp aus dem vergangenen Sommer. In einem Beitrag für „Christ und Welt“ hatte sie am 17. Juli 2022 ausgeführt, es gelte, „sicherzustellen, dass der medizinische Eingriff eines Schwangerschaftsabbruchs flächendeckend ermöglicht wird“. In einer freiheitlichen Demokratie ist die öffentliche Äußerung der Meinung ein hohes, schutzwürdiges Gut – mit dem Evangelium Jesu Christi und der Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte hat eine Aussage wie diese indessen meiner unmaßgeblichen Meinung nach nichts mehr zu tun. Insoweit ist es nicht verwunderlich, dass treue Gläubige sich über dieses Statement empörten – und dass sich natürlich die katholischen Laien in Deutschland mehrheitlich mit solchen Meinungen nicht identifizieren können und wollen.
Am 6. Februar 2023 äußerte sich die Frau Dr. Stetter-Karp nach der Veranstaltung zum synodalen Prozess in Prag. Die Deutsche Bischofskonferenz hat dieses Statement (https://www.dbk.de/presse/aktuelles/meldung/kontinentale-phase-des-weltweiten-synodalen-prozesses-in-prag-1) auf ihrer Homepage publiziert. Die ZdK-Präsidentin sagte, sie sehe „die Not der Menschen, die trotz aller Enttäuschungen eine Kirche erhoffen, die eine Kraft des Friedens ist. Das treibt mich um. Wir beantworten die Fragen nicht unterschiedlich, sondern mit einer Zunge“. Europa werde von einem „mörderischen Krieg“ gefährdet. – Und ja, jeder von uns kennt die Bilder des Grauens und der Zerstörung aus der Ukraine. Über diesen Krieg wird also kurz gesprochen. Dann fährt Frau Dr. Stetter-Karp fort: „Wir brauchen hier in Prag ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern der Kriege, ein Zeichen der Hoffnung auf Frieden. Wir brauchen es nicht nur in der Form von Deklarationen. Wir brauchen es in der Weise, wie wir Kirche sind. Wir brauchen Wege, unsere Schuld aufrichtig zu bekennen und unsere Einheit zu stärken. Wir brauchen Wege, in denen wir Geschlechtergerechtigkeit verwirklichen. Wir brauchen Wege, Menschen willkommen zu heißen. Unser Ziel ist es, den Klerikalismus zu überwinden und die gemeinsame Verantwortung für die Verkündigung des Evangeliums zu stärken.“
Diese Aussagen kommentieren sich, scheint mir, von selbst. Fühlen Sie sich, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, als katholische Laien vom ZdK repräsentiert und öffentlich vertreten? Ich nicht. Von allen katholischen Gremien – ob demokratisch gewählt oder nicht – erwarte ich die unverbrüchliche Treue zum Evangelium Jesu Christi und zur Kirche aller Zeiten und Orte. Demut und liebende Hingabe ist ein gotteskindlicher Akt der reifen Mündigkeit eines Laien, des einfach gläubigen Katholiken, der im Leben und Sterben der Kirche des Herrn treu ist.
Nichts anderes wünschten sich auch die Konzilsväter. Nichts anderes wünschen sich gläubige Katholiken auch heute. Am 18. November 1965 wurde das Dekret „Apostolicam actuositatem“ beschlossen. Über die Beteiligung der Laien am Sendungsauftrag der Kirche heißt es dort: „Dazu ist die Kirche ins Leben getreten: sie soll zur Ehre Gottes des Vaters die Herrschaft Christi über die ganze Erde ausbreiten und so alle Menschen der heilbringenden Erlösung teilhaftig machen, und durch diese Menschen soll die gesamte Welt in Wahrheit auf Christus hingeordnet werden. Jede Tätigkeit des mystischen Leibes, die auf dieses Ziel gerichtet ist, wird Apostolat genannt; die Kirche verwirklicht es, wenn auch auf verschiedene Weise, durch alle ihre Glieder; denn die christliche Berufung ist ihrer Natur nach auch Berufung zum Apostolat.“ Von diesem Sendungsauftrag scheint die Führungsspitze des „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ nichts zu wissen. Der Verband geht seine eigenen säkularen Wege – und diese führen nicht zu Jesus Christus.
Der Autor Dr. Thorsten Paprotny (siehe Link) lehrte von 1998-2010 am Philosophischen Seminar und von 2010 bis 2017 am Institut für Theologie und Religionswissenschaft der Leibniz Universität Hannover. Er publizierte 2018 den Band „Theologisch denken mit Benedikt XVI.“ im Verlag Traugott Bautz und arbeitet an einer Studie zum Verhältnis von Systematischer Theologie und Exegese im Werk von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.
kath.net-Buchtipp
Theologisch denken mit Benedikt XVI.
Von Thorsten Paprotny
Taschenbuch, 112 Seiten
2018 Bautz
ISBN 978-3-95948-336-0
Preis Österreich: 15.50 EUR
© 2023 www.kath.net