Das Eis der Zivilisation ist dünn, ohne Gnade wird getötet - auch im Mutterleib

1. März 2023 in Prolife


Zu einigen Fragen des Lebensrechts ungeborener Kinder in Deutschland - Ein Gastkommentar von Christina Agerer-Kirchhoff, Arbeitsgemeinschaft Lebensrecht München


München (kath.net)

Der Angriffskrieg in Europa hat uns dieses Wort Romano Guardinis vom dünnen Eis der Zivilisation wieder brutal in Erinnerung gerufen. Todesurteile über ganze Städte wie etwa Mariupol, die Marienstadt, wurden gefällt.

Ebenso gnadenlos will man in vielen Ländern weiter Todesurteile gegen völlig Unschuldige, die neuen Untermenschen rechtfertigen, die nicht „real human beeings“,  die ungeborenen Kinder. Hat man in Amerika endlich das Gesetz Roe vs. Wade, gekippt und eigene Wege für die 50 Bundesstaaten eröffnet, so ruht dennoch die Abtreibungslobby nicht. Dort in den USA und  weltweit – auch in Deutschland – geht die Agitation weiter: Die Tötung des Kindes soll ein Freiheitsrecht der Frau werden; „selbstbestimmt“ soll die Schwangere  bis zur Geburt über „ihren Körper“ entscheiden können.

Und viele agieren mit an dieser Transformation zur gnadenlosen Gesellschaft:

 So las ich im neuesten Magazin von missio 2/2023 von Missio Deutschland (!) auf Seite 13 – man reibt sich die Augen – wörtlich: „Rückschritte verzeichnen wir zum Beispiel in Polen, wo die reproduktiven Rechte von Frauen verletzt werden, also das Recht, selbstbestimmt und frei über den eigenen Körper und die eigene Sexualität zu entscheiden. Auch in den USA, wo Schwangere nicht mehr frei über ihren Körper entscheiden können. Diese Entwicklungen laufen internationalen Menschenrechtsstandards zuwider.“ Die Redakteurin von missio interviewt in diesem Artikel eine Aktivistin von Amnesty International und frägt dann: „Wo gibt es gute Nachrichten?“

Ich finde dies empörend für ein katholisches Magazin. Warum? Wie ein Model gestylt mit großem Foto wird die Aktivistin im missio-Magazin gefeiert. Explizit sind die Verhältnisse in Europa, Polen und den USA in diesem Artikel als negativ dargestellt.  Die Formulierung „Schwangere nicht mehr frei über ihren Körper entscheiden“ bedeutet ganz klar Befürwortung des Rechts auf Zugang zu legaler Abtreibung! Missio in Deutschland macht damit Abtreibungs-Lobbyarbeit für die Vorhaben der deutschen Ampelregierung! Diese arbeitet lt. eigenen Angaben „mit Hochdruck“ daran, vorgeburtliche Kindstötung - man nennt sie „Schwangerschaftsabbrüche“ - zu „entkriminalisieren“, aus dem Strafrecht herauszunehmen und als Frauenrecht zu etablieren.  Das gehe Männer eigentlich nichts an. Das ungeborene Kind wird auf die Stufe von Hygieneartikeln, die frau frei wählen, oder von Warzen und Überbeinen gestellt, die man wegmachen lassen könne. Das Kind wird entmenschlicht, nicht mehr ins Wort genommen, absichtlich verweigert man ihm den Blick.

Für alle diese Wortmeldungen gilt aber leider: Aliquid haeret – etwas bleibt hängen! Und darauf setzen diese Lobbyisten! Sie wissen es aus Erfahrung – denn die jahrzehntelange, mediengestützte Gehirnwäschearbeit der Buntstreifen-Ideologen und Genderisten zeigt ja derzeit ihre Erfolge beim einfachen Bürger. Steter Tropfen höhlt den Stein.

Wie verheerend in der langfristigen Wirkung Aussagen von Politikern und sogar Kirchenfunktionären wie Irme Stetter-Karp sind, mag uns da aufgehen. So wird im Zeitungsinterview erklärt, dass man, wenn die Gesetze so seien, dann auch in der Medizinerausbildung verpflichtend das Abtreiben lernen müsse. Das Diktatorische und Totalitäre dieses Relativismus ist hier mit Händen zu greifen! Außerdem habe der Staat „flächendeckend“ Abtreibungseinrichtungen bereitzustellen, damit niemand „auch auf dem Land“ benachteiligt sei. Man müsse „beide Seiten“, also auch die Abtreiber und Abtreiberinnen, verstehen, wird gesagt, und ihnen eine selbstbestimmte und verantwortungsvolle Entscheidung zugestehen, die dann auch respektiert werden müsse! Sogar Respekt entgegenbringen? Das fordert man also von uns! Auch wir Christen sollen endlich Verständnis für den Abtreibungsarzt und die abtreibende Schwangere entwickeln, keinesfalls sei Abtreibung ein schweres Verbrechen, das hätten nur „lebensfremde, alte Konzilsväter“ formuliert, so wird sekundiert.

Was beim einfachen Bürger ankommt ist die Botschaft: vorgeburtliches Beenden der Schwangerschaft sollte erlaubt werden, es gehört zur freien Selbstbestimmung der Frau, Kliniken müssten diese Leistungen bereitstellen.

Flächendeckend benötigen wir viele Güter, die lebenserhaltend sind wie Feuerwehr, Rettungseinrichtungen, Kliniken, sauberes Wasser, Schulen usw., das ist ethischer Konsens. Niemals aber können Negativ-Güter wie etwa Bordelle, Tötungseinrichtungen, Drogenverkaufsstellen „flächendeckend“ gefordert werden.

Die Rede vom „ungeborenen Leben“

Was ist „ungeborenes Leben“ überhaupt? Unsere Hündin ist trächtig. Hat sie „ungeborenes Leben“ im Bauch oder ungeborene Welpen? Das Meerschweinchenweibchen der Kinder stand gestern kurz vor der Geburt: Heute sind die entzückenden Pelzknäuel da und spazieren herum: War das „ungeborenes Leben“ vorher?

Leben in Körperlichkeit ist eine irdische, biologische Größe. Solches Leben gibt es nur als ein Leben, das immer klar einer biologischen Spezies, einer bestimmten Art zugehörig ist. Leben an sich, unabhängig von einer biologischen Art gibt es nicht. Denn die Erbinformationen in den Zellen, auch in der allersten diploiden Zelle, sogar in den haploiden Keimzellen des Lebewesens bestimmen die Zugehörigkeit zu seiner biologischen Art ohne jeden Zweifel.

Es gibt also kein „ungeborenes Leben“, sondern das ungeborene Kätzchen, das ungeborene Lämmchen, den ungeborenen Menschen.

Es gibt auch kein „werdendes Leben“:  Ein Organismus ist lebendig, oder er war lebendig. Und damit gehört er zu einer biologischen Spezies. Hier eindeutig zur Spezies Mensch. Und weil die Menschen nicht eingeteilt werden können in Wesen ohne Persönlichkeit (Untermenschen, Ungeborene) und solche mit Persönlichkeit (amerikanische Abtreibungsbefürworter nennen das: real human beeings), deshalb ist das ungeborene Kind von Anfang an Person; er „wird“ nicht, er „ist“ ein Bruder oder eine Schwester von uns. Den Menschen gibt es nur als „Jemand“ nie als „Etwas“, wie Spaemann formulierte. Es gibt ihn auch biologisch nur als Person. Es ist die Gleichheit der biologischen Art, die eine entschiedene Brüderlichkeit von uns fordert und die damit auch das Recht auf menschliche Freiheit hat! Weil das Kind noch im Leib der Mutter gleichsam gefangen und abhängig ist, deshalb haben wir noch lange nicht das Recht, es zu töten und ihm die Freiheit des Geborenwerdens zu nehmen.

Gleichheit, Brüderlichkeit und daraus folgend Freiheit,  die berühmten Parolen der Aufklärung, sind in Bezug auf die ungeborenen Kinder ein großer und tief menschlicher Appell an uns.

Wann ist der Mensch ein Mensch?

Jeder weiß, dass aus der Verschmelzung der Kerne von Eizelle und Samenzelle etwa beim Säugetier das neue Lebewesen entsteht, also auch beim Menschen.  Und zwar entstehen aus dieser Zygote sowohl der Embryo als auch wichtige Embryonalhüllen. Nur in dieser Zygote steckt die radikale Potentialität der zielgerichteten Entwicklung zu einem eigenständigen, einmaligen menschlichen Organismus. Durch geordnete Teilung ist nach wenigen Stunden eine stecknadelkopfgroße Zellkugel vorhanden, die in sich höchstorganisiert ist und wo die einzelnen Zelllagen und Bereiche ganz klare weitere Entwicklungsaufgaben übernehmen. Rund sechs Tage nach der Befruchtung beginnt die Einnistung in das mütterliche Uterusgewebe. Durch das Zusammenspiel von mütterlichem und embryonalem Gewebe entwickelt sich z.B. die Plazenta, Ernährungs- und Befestigungsorgan des ungeborenen Kindes. Ab etwa dem 20. Tag schlägt das Herz des Kindes und pumpt eigenes Blut durch seinen kleinen Körper. Der Austausch des Kindes mit der Mutter ist so eng, dass noch Jahre nach der Schwangerschaft – also auch nach einer Abtreibung – im Blut der Mutter einzelne Zellen des Kindes entdeckt werden können. Der Körper der Mutter „vergisst“ also das Kind nicht; auch ihre Psyche vergisst es in der Regel nicht.

„Mensch von Anfang an“, das ist der Titel einer hervorragend aufgemachten Bild-Broschüre der Deutschen Bischofskonferenz, die an jedem Schriftenstand unserer Pfarreien und Pfarrheime aufliegen sollte. Jedes Pfarrbüro, jeder Religionslehrer kann sie kostenlos auch in höheren Stückzahlen unter der Adresse [email protected] bestellen. Die Schönheit und Würde des Kindes bereits in der 7./8. Woche seiner vorgeburtlichen Entwicklung überwältigt den Betrachter. In der 9. Woche lutscht das Kind bereits am winzigen Daumen, pinkelt ins Fruchtwasser, hat etwa 1 cm große Füßchen mit 10 winzigen ausgebildeten Zehen! Tragen wir doch an unserer Kleidung die Ansteckfüßchen, die an die Originalgröße der Kinderfüße in der 10. Woche erinnern! Sie sind immer ein Hinweis, dass das kein „ungeborenes Leben“ und kein „Zellhaufen“ ist, der da abgetrieben wird.  Ja, vielleicht ein „Fruchtsack“ – aber in dem Fruchtsack steckt ein kleines menschliches Kind!

Die Ober- und Unterlider der kindlichen Augen entwickeln sich in der 9. Woche ebenfalls und verschließen für einige Zeit das sich darunter, geschützt vor Schwankungen der Fruchtwasserzusammensetzung entwickelnde Auge des Ungeborenen.

Kann man das abgebildete Kind   in der Broschüre als „werdendes Leben“ bezeichnen?

Unsere Worte sollten immer klare Botschaften vermitteln und sofort verständlich sein. Wollen wir irgendetwas im Lebensschutz erreichen, so sollten wir stets – auch in kirchlicher Verkündigung - vom ungeborenen Kind sprechen! Denn der Titel der DBK-Broschüre ist die - auch biologische – Wahrheit: Ein neuer Mensch entwickelt sich in seiner Mutter, egal auf welche Weise er auch gezeugt wurde; und er ist Mensch von Anfang an! Zu keinem einzigen Zeitpunkt ist er ein Zellhaufen, denn Haufen sind nicht organisiert; durch welche Stimulantien sollte er denn sich plötzlich so zielgerichtet, rasant und höchstorganisiert weiterentwickeln?

Ein Beispiel aus dem Reich der Säugertiere mag zu überraschenden Erkenntnissen beitragen.

Für unsere Fragestellung eignet sich besonders das Rote Riesenkänguruh. Mir scheint es fast so, als hätte uns die Natur eigens – weil wir eben Zweifler und Beweissuchende sind – dieses schlagende Anschauungsmaterial geschenkt! Jedes Kind kennt die großen, auffallenden Beuteltiere, etwa menschengroß, ausgestattet mit einem auffallenden Stützschwanz. Ihre Jungen wachsen 8 Monate lang im Bauchbeutel des Muttertieres heran, tief unten im wärmenden und schützenden Beutel sitzen die Milchzitzen. Einmal pro Jahr etwa springt aus dem Beutel bei dieser Art ein vollentwickeltes Junges heraus, 2-4 kg schwer, hat also etwa das Gewicht eines menschlichen Neugeborenen. Zum Trinken und bei Angst kehrt es immer wieder zurück.

Wie aber kommt dieses Junge in den Beutel?

Lange rätselten Zoologen, selten bekommt man dies im Zoo mit, in freier Natur überhaupt nicht. Bis es dann endlich gefilmt wurde. Und so staunen wir total: Beim Roten Riesenkänguruh, diesem hochentwickelten Säugetier, wird der nur 1-2 cm große Embryo genau 33 Tage nach der Befruchtung geboren! Der kräftige Stützschwanz fällt sofort auf an dem weißlichen kleinen Lebewesen. Es verlässt also die Gebärmutter nach einem Aufenthalt von nur einem Monat (!) auf dem natürlichen Weg ohne jede Einnistung in eine Uteruswand, da Beuteltiere keine Plazenta entwickeln.

Überraschend ist besonders, dass das Muttertier einige Stunden vor der Geburt den Beutel innen sorgsam ausleckt und sich dann in ungewöhnlicher Stellung – oft sich irgendwo anlehnend – hinsetzt und die Hinterbeine von sich wegstreckt, den Stützschwanz dazwischen. Und was passiert dann? Nach der Tragzeit von einem Monat wird jetzt ein winziger Embryo geboren. Er bewegt sich sofort mit zielgerichteten Bewegungen der Vorderfüße auf dem struppigen Fell der Mutter nach oben zum Beutelrand und verschwindet drei bis fünf Minuten nach seiner Geburt im Beutel. Dieser 33 Tage alte Säugetierembryo hat ein klares Ziel! Zwei gut ausgebildete Krallen an den winzigen Beinchen helfen ihm dabei, ebenso seine riesigen Nasenlöcher, denn das junge Tier ist noch blind und taub. Nur der Geruchssinn ist offenbar nötig und voll funktionsfähig für das Auffinden des Beutels mit den Milchdrüsen. Dieses nur knapp 1 Gramm schwere Wesen macht weiter Kriechbewegungen mit den hochaktiven Vorderbeinen und Krallen, wenn man es vom Fell der Mutter hochgenommen hatte. Beträchtliche Kraft war nötig, um den Winzling vom Fell der Mutter während seines Marsches abzulösen. Es liegt also Überlebensinteresse vor!

Etwa 235 Tage verbleibt das Tierchen nun im Beutel der Mutter und wird nur über die Milchdrüse ernährt!  Die 33 Tage im Uterus dazugerechnet ist die Tragzeit bei dieser Säugerart genauso lang wie beim Menschen.

Was aber ist nun dieses kleine Wesen, das da eigenständig, 33 Tage nach der Befruchtung, zielgerichtet seine Interessen versucht zu verwirklichen? Kann man das als „werdendes Leben“ bezeichnen? Was würden wir wegwerfen und dem Austrocknen und Sterben ausliefern, wenn wir ein solches Wesen vom Fell der Mutter dauerhaft abnähmen? 

Jedes Kind fände die richtige Antwort: Es ist ein winziges Känguruh-Baby und zwar ganz klar das Junge des Roten Riesenkänguruhs!

Wir sehen auch, dass das Einnisten in eine Plazenta keineswegs für die Entwicklung einer Säuger-Spezies unabdingbar ist. Daher ist die Nidation auch für den Menschenembryo keine Zäsur, die für Schutzwürdigkeit und Menschenwürde Grundlage sein könnte.

Was ist das Resultat hieraus?

Wenn wir sehen, dass das 33 Tage alte Tierchen eindeutig ein lebendiges Rotes Riesenkänguruh-Kind ist, um wieviel mehr ist dann der kleine, noch ungeborene Mensch ebenso im ersten Schwangerschaftsmonat bereits ein wirklicher, ein realer Mensch! Warum sollte das Menschenjunge im Leib der Mutter nicht ebenso in den allersten Lebenswochen bereits ein vitales Überlebensinteresse haben, wenn dies bei dem geschilderten Tierembryo der Fall ist? Auch gibt es die Ultraschallbeweise, wo das vom Abtreibungs-Saugrohr bedrohte Kind verzweifelt Flucht-Bewegungen macht und dann beim Ansetzen des tödlichen Saugers an seinem Körper den Mund zu einem Todesschrei öffnet. Die Bahnen der Reizleitung vom Reiz zur Reaktion sind also schon funktionsfähig, Schmerzen und Traumatisierung einfach in Abrede zu stellen entbehrt jeder Grundlage.

Der menschliche Embryo ist also von Anfang an ein biologisches Subjekt eigener Würde und damit eigener Rechte. Daher ist ein wirksames Embryonenschutzgesetz unerlässlich, will man nicht in Barbarei zurückfallen. Der neue Mensch steht von den ersten Zellteilungen an in einem embryo-maternalen Dialog, der seine Entwicklung steuert und die Mutter auf behutsame und biologisch „kluge“ Weise auf ihre Schwangerschaft vorbereitet und weiter begleitet. Das Kind erkundet mit Händen und Füssen seine Umwelt in der Mutter, lernt Schmecken durch die Schwankungen des Fruchtwassers und kann sofort nach der Geburt seine Mutter unter vielen anderen Frauen am Geruch erkennen. Ab dem 5. SW-Monat eröffnet die Entwicklung des Hörvermögens dem Kind den Zugang zu Sprache und Musik, zu verstörenden oder eben beruhigenden Geräuschen, auch zu Schmerz, Leid und Weinen der Mutter.

Das ungeborene Kind ist also Mensch von Anfang an, Bruder oder Schwester eines jeden von uns. Kein Gottesglaube ist dazu unbedingt nötig; es ist eine naturwissenschaftliche Tatsache!

Allerdings kommt für gläubige Christen noch eine Dimension hinzu: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. Und was ihr ihm nicht getan habt, das habt ihr mir nicht getan.“ Wir sind also aufgerufen, für diese ungeborenen Mitmenschen noch viel mehr aktiv zu werden!

Ausreden wie „Das betrifft mich nicht mehr“, oder: „Das sollen die jungen Frauen selber entscheiden“ sind tief enttäuschend. Es geht um Leben und Tod eines Kindes, das in einer ganz bestimmten Weltsekunde entstanden ist, das versehen ist mit einer niemals wiederkehrenden einmaligen genetischen Ausstattung. Gott hat in seiner Liebe dieses Kind in seine Hand eingeschrieben und zu ihm sein Ja gesprochen. Wir aber erlauben uns ein Nein – und töten?

Grundsätzlich ist auch bei einer Vergewaltigung das entstandene Kind der unschuldigste Teil des Dramas und es gilt der Grundsatz: Dauerhaft kann Böses nur durch Gutes geheilt werden.

Das Embryonenschutzgesetz in Deutschland als Beispiel für mehr Engagement

Seit 1990 besitzen wir in Deutschland eines der besten Schutzgesetze für den menschlichen Embryo weltweit. Dennoch haben sich an wenigen Stellen Lücken und Unklarheiten aufgrund der Weiterentwicklung der Fortpflanzungsmedizin ergeben. Das Gesetz enthält z.B.  noch kein ausdrückliches Tötungs-/“Verwerfungs“-Verbot für Embryonen; auch hat die Aufweichung der Dreierregel (sog. deutscher Mittelweg) des Embryonenschutz-Gesetzes (nur max. 3 Eizellen dürfen eigentlich befruchtet werden) dazu geführt, dass jedes Jahr die Zahl der „überzähligen“ Embryonen in die Tausende geht und immer mehr ansteigt.

Seit einigen Jahren liegt nun der Entwurf zu einem „Fortpflanzungsmedizingesetz“ vor, das gleich zu Beginn des Gesetzestextes einen - gerade für die Ökologie des Menschen - grundstürzenden Paradigmenwechsel vornimmt:

Dort heißt es: „Jeder hat das Recht, ein Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung in Anspruch zu nehmen.“ Jeder einzelne also! Warum ist eine solche Formulierung gefährlich? Bisher sind es zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, die für ein Kind verantwortlich sind. Durch die zwingenden biologischen Tatsachen (Ei und Same) hat die Evolution als Biotop die natürliche Familie entwickelt. Auch ergibt sich für jeden Menschen daraus ein natürliches Recht auf Vater und Mutter, deren Kenntnis und Zusammenleben mit ihnen. Wir können mit unserer menschlichen Vernunft auch weitere Eckpunkte einer von der Evolution höchst sinnvoll entwickelten Ökologie des Menschen erkennen. Darüber nachzudenken würde sich lohnen! Jetzt aber soll nach dem neuen Gesetz, welches das Embryonenschutzgesetz ersetzen will, jeder Einzelne (!) sich fortpflanzen können! Dies ist in der Natur überhaupt nicht vorgesehen. Ich halte dies für unverantwortliche Menschenversuche. Auch die Leihmutterschaft will dieser Gesetzesentwurf legalisieren, Forschung an überzähligen Embryonen für „hochrangige“ Forschungsziele soll erlaubt werden.

Aus dem hier nur kurz Angedeuteten ergibt sich eine wichtige Aufgabe für die Kirche und für alle Wachsamen

Gerade die Laiengremien, auch Bioethik-Arbeitskreise in den Dekanaten sind jetzt gefragt, auch Kümmerer für bioethische Fragen in den Pfarrgemeinderäten!

Wollen wir uns wieder überrollen lassen von Gesetzesänderungen, die nicht mehr rückgängig zu machen sind? Erinnern Sie sich an das Entsetzen, als in einer verantwortungslosen Nacht- und Nebel-Aktion die „Ehe für Alle“ durchgepeitscht wurde? Waren wir etwa genug gewappnet, um die öffentliche Werbung für Kindstötungen abzuwehren?

Wollen wir tatsächlich, dass sich ein pädophiler Mann über eine Leihmutter ein Kind besorgen kann, das diesem Vater dann völlig ausgeliefert ist? Er kann sich in perverser Weise das Kind von Anfang an als Sexualpartner konditionieren!

Wollen wir, dass Menschen, die sich in keiner Weise für einen anderen öffnen wollen oder können, die völlig alleine leben, dass diesen ein einklagbares „Recht“ auf „medizinisch unterstützte Fortpflanzung“ gewährt wird?

Solche Fragen müssen eingehend diskutiert werden!

Wollen wir zulassen, dass, wie es bei jeder Leihmutterschaft der Fall ist, menschliche Säuglinge unmittelbar nach der Geburt entmuttert werden – was bei keinem Säugetier lt. Tierschutzgesetz zulässig ist?  Dieser radikale Bindungsabbruch und die Übergabe des Neugeborenen an völlig unbekannte Menschen, etwa an zwei Männer, deren Stimme es nie vorher gehört hat, bedeutet einen Menschenversuch ohne Beispiel.

Wollen wir finanzieren, dass für Kinder der Bauch einer Frau angemietet wird, die für viele Monate strengsten Vorschriften zustimmen muss, einschließlich Abtreibung bei Verdacht auf Behinderung? Die Leihmutterschaft ist als eine Form des Kinderhandels und der Versklavung von Frauen (Ausnutzung von Armen) sowie der vielfachen Schädigung des Kindes zutiefst menschenunwürdig. Der naive Hinweis, die Bibel kenne dies auch, geht völlig fehl: Die bei längerer Unfruchtbarkeit der Ehefrau den Patriarchen zugeführten Mägde wurden auf natürliche Weise schwanger, stillten über Jahre diese Kinder wie es damals unerlässlich und üblich war. Sie verloren weder Mutter noch Vater.

Fazit 1

Nicht nur unsere katholische Kirche in Deutschland scheint an einer Wegscheide zu stehen. Auch eine Errungenschaft der europäischen Zivilisation, die Abschaffung der Todesstrafe, scheint zu erodieren: Sie droht für das ungeborene Kind ungeniert wieder eingeführt zu werden. Der unschuldigste Teil in jedem Schwangerschaftskonflikt droht noch weiter vogelfrei zu werden, wird vorgeburtlich jetzt schon - auch hier in Deutschland - gnadenlos aufgespürt und selektiert. Als „Freiheit der Frau“, als „Recht, selbstbestimmt als Schwangere über ihren Körper zu verfügen“  kommt die Todesstrafe für das Kind. Permanente Agitation der Ampelregierung und der Mainstream-Medien arbeitet in diese Richtung.

Es kann daher gar nicht zu viele Märsche fürs Leben geben. Es wäre dringende Aufgabe der Bischöfe, auf diesen genuin christlichen Widerstand gegen die Tötungslobby immer und immer wieder hinzuweisen.

Die Newsletter der Diözesanräte und Katholikenräte hätten die wichtige Aufgabe, solche Aktionen wie die Märsche für das Leben zu bewerben. Zigtausende könnten allein in Bayern dadurch informiert und für ein stärkeres Engagement gewonnen werden. Der Lebensschutz der Ungeborenen ist eine ureigenste Domäne der Laien und ihrer Lebenserfahrung! Er kann nicht einfach völlig delegiert werden an Lebensrechtsverbände! Man sollte dankbar sein, wenn sich Laieninitiativen wie etwa in München der Verein „Stimme der Stillen e.V.“  oder in Berlin der Bundesverband Lebensrecht e.V. diesen Aufgaben aus christlicher Perspektive verschrieben haben. Man kann sich nicht verweigern mit dem Argument, das seien keine kirchlich-katholischen Initiativen: Ansonsten geht doch Ökumene über alles! Hier gilt das plötzlich nichts. Doch wir bezahlen unsere Kirchensteuer nicht nur für den Erhalt von Akademien und die Durchführung von Dialogprozessen, sondern auch für die – wenn sie nötig ist – Werbe-Unterstützung durch in der Kirche vorhandene Apparate und Medien.

Busfahrten zu solchen Märschen müssten angeboten (die Leute würden ja den Fahrpreis bezahlen), Delegationen aus den Gremien und Verbänden geschickt werden. Was nützen Grußworte alleine? Sie holen keinen einzigen Teilnehmer und Widerstandskämpfer gegen falsche Gesetze hinter dem Ofen hervor. In Amerika finden sich Abertausende von Menschen und Dutzende von Bischöfen und Weihbischöfen bei den Märschen fürs Leben ein!

In jedem Ordinariat bräuchte es wohlwollende Ansprechpartner für die aktiven Lebensschützer.

In der DBK sollte die Sorge für die Randgruppe der Ungeborenen, die Ermutigung und Wertschätzung der Lebensschützer ebenso offensiv angegangen werden wie die Pastoral für andere Randgruppen und Minderheiten.

In jedem Dekanat und bei Interesse auch in jedem Pfarrgemeinderat bräuchte es eine/n Beauftragten für Bioethik/Lebensschutz, nicht nur Umwelt-Beauftragte. Überall finden sich biologisch/medizinisch versierte Christen, die dieser Kümmerer vor Ort gewinnen könnte.

Viel leichter wären solche Beauftragte zu bestellen, wenn sich die Vollversammlungen der Diözesanräte zu einer Empfehlung für solche Bioethik-Aufgabenbereiche durchringen könnten. Jedes Mitglied eines Diözesanrates kann einen ganz kurzen Antrag – rechtzeitig vorbereitet – diesbezüglich einbringen! Nichts wäre verloren oder erzwungen durch so eine Empfehlung; gewonnen aber wären Spezialisten und Interessierte, die sich auf Zeit für ein solches Projekt vor Ort erwärmen können, eingehend anstehende Gesetzesvorhaben diskutieren, sich schlau machen über Problematiken und Chancen.

Für uns alle gilt: Aus Lebensschützern und Menschen, die Abtreibung ablehnen, müssen noch viel mehr  a k t i v e  Lebensschützer werden! Treten wir gleich heute ein in die Lebensrechtsverbände hierzulande, es ist wichtig, wie hoch ihre Mitgliederzahl ist.

Nehmen wir uns den Apostel Münchens, den Widerstandskämpfer gegen die NS-Ideologie von den ersten Anfängen an, den Seligen Pater Rupert Mayer SJ, zum Vorbild: „Ich schweige nicht!“ Mit einem Holzbein kam er aus dem 1. Weltkrieg zurück; sein Cousin war der 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtete Münchner Priester Dr. Hermann Wehrle.

Fazit 2

Aktiver Widerstand ist heute wieder angesagt gegen verhängnisvolle Entwicklungen, in Leserbriefen, Vorträgen, Gesprächen, Rundmails, durch Verteilen von Infomaterial, Arbeit an Lebensschutz-Info-Ständen und durch die engagierte Teilnahme und Werbung für Märsche und Demos für das Leben.

Kommen Sie daher  am Samstag, den 25. März 2023 zum Münchner Marsch fürs Leben, 13 Uhr, Königsplatz!  Ein U-Bahn-Halt vom HBf entfernt. Musik, Stände aller Lebensrechtsverbände, knappe Statements und Reden, ein kurzer Marsch durch das Viertel und wieder zurück zum Königsplatz, ermutigende Stimmung, genialer und professioneller Schutz durch die bayerische Polizei. Das Bayernticket macht’s preisgünstig, Heimfahrt ab 16/17 Uhr schon wieder möglich.

Mariä Verkündigung, welch ein Tag!  Welch eine Chance!

Alle aktuellen Infos:  http://www.marschfuersleben.de

Dr. rer.nat. Christina Agerer-Kirchhoff ist Gründungsmitglied und Sprecherin der ALM sowie stellv. Vorsitzende der ALfA e.V. Regionalverband München          


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