23. Februar 2023 in Kommentar
Häresie, Apostasie, Schisma, „vermutlich sind uns allen diese drei Formen der Abwendung von Gott und der Kirche des Herrn bekannt – aus eigenem Erleben…“ Gastbeitrag von Thorsten Paprotny
Bonn-Vatikan (kath.net) Einfach gläubige Katholiken in ganz Deutschland, aber auch lehramtstreue Kleriker, Gelehrte und Laien überall der auf der Welt wissen und kennen, was in dem in jeder Kirchenprovinz, in jeder Diözese, in jeder Pfarrgemeinde und für jeden Katholiken verbindlich gültigen Codex Iuris Canonici in Can. 751 dargelegt ist: „Häresie nennt man die nach Empfang der Taufe erfolgte beharrliche Leugnung einer kraft göttlichen und katholischen Glaubens zu glaubenden Wahrheit oder einen beharrlichen Zweifel an einer solchen Glaubenswahrheit; Apostasie nennt man die Ablehnung des christlichen Glaubens im ganzen; Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche.“
Vermutlich sind uns allen diese drei Formen der Abwendung von Gott und der Kirche des Herrn bekannt – aus eigenem Erleben. Im Religionsunterricht, in Predigten, in den Medien, an vielen Orten der Gesellschaft, in der Erwachsenenbildung, in Seminaren und Vorlesungen, in Äußerungen von Klerikern und selbstverständlich auf dem deutschen Synodalen Weg finden wir Beispiele dafür. Diese Welt kann sich in Institutionen und im Alltag als eine Schule der Gottlosigkeit erweisen. Viele von uns werden auch aus der eigenen Glaubensgeschichte die Erfahrung der tiefen Nacht des Zweifels oder die Wüste des Unglaubens kennengelernt und erlitten haben – und für viele von uns ist, jedes Jahr aufs Neue, der Ruf Jesu, der an uns zu Beginn der Österlichen Bußzeit ergeht, eine wichtige Mahnung und zugleich eine Befreiung, ja eine Frohe Botschaft: „Bekehrt euch, und glaubt an das Evangelium!“
Diese eindringliche Bitte um wahrhaftige Umkehr erfüllt die Gläubigen, mit Blick auf ihr eigenes Leben – und sie schauen dabei hierzulande mit großer Sorge auf den deutschen Synodalen Weg. Das Credo der Kirche aller Zeiten und Orte scheint durch eine postmoderne Wissenschaftsgläubigkeit ersetzt worden zu sein. Bindend ist nicht mehr die Treue zur Stiftung Jesu Christi und zur lebensfreundlichen Morallehre der Kirche. Amtsträger der Kirche und viele andere huldigen den Weisheitslehren aus dem Fundus der sogenannten „Humanwissenschaften“, inspiriert von Michel Foucault.
Das deutschkatholische Sendungsbewusstsein wird deutlich, wenn in der Präambel der Fünften Vollversammlung des Synodalen Weges, die vom 9. bis 11. März stattfinden wird, geringschätzig und hochgemut über „lebensfeindliche Verengungen der kirchlichen Sexualmoral“ räsoniert wird. Gefordert werden „klare Voten, damit die Weltkirche unsere Stimme, die Stimme der katholischen Kirche aus Deutschland, hören kann“. Erkennbar wird zugleich, dass sich der deutsche Synodale Weg konzilswidrige Ziele setzt: „In einer synodalen Kirche nehmen alle ihre Sendung wahr und bestimmen mit, wenn es um Weichenstellungen für die Zukunft geht: In einer synodalen Kirche verstehen sich alle Gläubigen gemeinsam als Menschen, die auf Gott, auf sein Wort und auf die anderen Menschen hören. In einer synodalen Kirche werden die Zeichen der Zeit gemeinsam gedeutet.“
Vom Lehramt der Kirche, des Papstes und der Bischöfe wird nicht gesprochen. Einer diffusen Gemeinschaft obliegt also die Deutungshoheit. Deutsche Synodalisten wollen das Lehramt korrigieren – und wer mehr darüber wissen möchte, höre sich diese Predigt (siehe Link) von Pater Engelbert Recktenwald an. Die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils interessiert nicht mehr. In „Gaudium et spes“ lesen wir nämlich in Abschnitt 4: „Zur Erfüllung dieses ihres Auftrags obliegt der Kirche allzeit die Pflicht, nach den Zeichen der Zeit zu forschen und sie im Licht des Evangeliums zu deuten.“ Vom „Licht des Evangeliums“ ist also auf dem deutschen Synodalen Weg nicht die Rede.
Bedenkenswert in diesem Zusammenhang ist auch Abschnitt 43 der Pastoralkonstitution: „Die Laien aber, die am ganzen Leben der Kirche ihren tätigen Anteil haben, sind nicht nur gehalten, die Welt mit christlichem Geist zu durchdringen, sondern sie sind auch dazu berufen, überall, und zwar inmitten der menschlichen Schicksalsgemeinschaft, Christi Zeugen zu sein. Die Bischöfe aber, denen das Amt, die Kirche Gottes zu leiten, anvertraut ist, sollen mit ihren Priestern die Botschaft Christi so verkündigen, daß alle irdischen Tätigkeiten der Gläubigen von dem Licht des Evangeliums erhellt werden.“ Das Konzil betont also das „Licht des Evangeliums“, nicht die Inspiration durch die säkularen Irrlichter dieser Zeit – es steht gegen die „Diktatur des Relativismus“ (Joseph Ratzinger – Benedikt XVI.).
In dem „Handlungstext: Frauen in sakramentalen Ämtern“ des Forums IV lesen wir in dem Abschnitt „Zugang von Frauen zum gesamten sakramentalen Amt“: „Der auf dem Synodalen Weg in Deutschland gewagte neuerliche Beginn einer Zeit der theologischen Argumentation im Blick auf die Teilhabe von Frauen am sakramentalen Amt hat zur Voraussetzung, dass die bisher vorliegenden Lehrtexte nicht den Grad letztgültiger Verbindlichkeit erreicht haben.“ Diese „Voraussetzung“ aber liegt nicht vor.
Am 22. Mai 1994 erklärte der heilige Johannes Paul II. mit letztgültiger Verbindlichkeit in „Ordinatio sacerdotalis“: „Obwohl die Lehre über die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe sowohl von der beständigen und umfassenden Überlieferung der Kirche bewahrt als auch vom Lehramt in den Dokumenten der jüngeren Vergangenheit mit Beständigkeit gelehrt worden ist, hält man sie in unserer Zeit dennoch verschiedenenorts für diskutierbar, oder man schreibt der Entscheidung der Kirche, Frauen nicht zu dieser Weihe zuzulassen, lediglich eine disziplinäre Bedeutung zu. Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“ Niemand ist verpflichtet, diese endgültige Entscheidung persönlich gut zu finden. Aber jeder Katholik ist verpflichtet, diese endgültige Entscheidung in Treue zum Papst und Kirche des Herrn anzunehmen. Erinnern wir uns also an Can. 751: „Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche.“ Wie der heilige Ambrosius lehrte: Wo der Papst ist, ist die Kirche. Das galt gestern, das gilt heute – und das gilt morgen.
Der Autor Dr. Thorsten Paprotny (siehe Link) lehrte von 1998-2010 am Philosophischen Seminar und von 2010 bis 2017 am Institut für Theologie und Religionswissenschaft der Leibniz Universität Hannover. Er publizierte 2018 den Band „Theologisch denken mit Benedikt XVI.“ im Verlag Traugott Bautz und arbeitet an einer Studie zum Verhältnis von Systematischer Theologie und Exegese im Werk von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.
kath.net-Buchtipp
Theologisch denken mit Benedikt XVI.
Von Thorsten Paprotny
Taschenbuch, 112 Seiten
2018 Bautz
ISBN 978-3-95948-336-0
Preis Österreich: 15.50 EUR
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