28. Februar 2023 in Kommentar
Otti's Optik: Die vier Mutigen stehen für die Mehrheit. Ein Kommentar von Franz Norbert Otterbeck
Köln (kath.net)
Am Aschermittwoch brachte die "Welt" es an den Tag: vier Laien und Frauen verlassen den Synodalen Pfad von DBK/ZdK. Ich kenne sie nur teilweise persönlich, aber alles, was ich weiß ist: Das sind vorzügliche Kräfte der Kirche von heute und morgen. Nichts an ihrem starken Engagement ist "reaktionär" oder rückwärtsgewandt. Der unsägliche BDKJ-Vorsitzende giftete hinter den drei Professorinnen und der kath.net Kolumnistin Dorothea Schmidt hinterher. Aber das bestärkt nur die objektive Wahrnehmung: Hier haben nicht Mitläufer aus Frust "gekündigt", sondern mutige Vier ein Signal gesetzt, das für die stille Mehrheit spricht.
Wie berechnen DBK/ZdK denn Mehrheit oder Minderheit der Kirche in Deutschland? Gewiss nicht am Kriterium des so gen. "Weltkatechismus" von 1992, der dennoch eine verbindliche Richtschnur darstellt. Auch nicht anhand des "Credo des Gottesvolkes" vom 30. Juni 1968. Es verscholl ungehört, wiewohl der hl. Papst Paul VI. es mit Rechtskraft ausgestattet in die Acta des Apostolischen Stuhl einfügte. Denn knapp einen Monat später brach der Bürgerkrieg in der Kirche des Westens aus (wegen "Humanae vitae"), den Rom bis heute - trotz 35-jähriger Anstrengung, speziell der Päpste seit 1978, dem Tode des als "Pillen-Paule" verunglimpften Konzilspapstes - im ehemaligen Abendland noch nicht für sich entscheiden konnte. Mit deutlich konservativeren Positionen als in der frühen nachkonziliaren Wirrnis üblich, könnte der "heilige Sieg" vielleicht noch glücken. Auf der Basis echter Freiwilligkeit der Nachfolge Christi. Denn anhand redlicher Kriterien wäre auch in unseren Gegenden schon heute zu sagen: Die Mehrheit der katholischen Gläubigen nimmt längst Positionen ein, die von dem vierblättrigen Glückskleeblatt überzeugend vertreten werden. Wie komme ich darauf?
Herauszurechnen aus der Statistik sind zunächst fast alle Beschäftigten der Kirche und ihres Umfeldes (Caritas, Fakultäten, Verbände usw.), die zwar von der Kirche leben, aber kaum in ihr und gar nicht für sie. Auch ein guter Teil pastoraler Mitarbeiter steht nicht auf dem Boden der kirchlichen Verfassung. Die deutschen Diözesen leisten sich allerdings einen "Verfassungsschutz", der bei Beanstandungen allenfalls trompetet, man dürfe sich gegenseitig das Katholischsein nicht absprechen. Richtig daran ist, dass es einem hergelaufenen Laien, ob links oder rechts sozialisiert (oder "konvertiert"), im strikt kirchlichen Sinn, nicht zusteht, über irgendeinen Bruder im Glauben, und sei es ein Theologe dürftigen Profils, schon gar nicht über eine Glaubensschwester oder Ordensschwester "den Stab zu brechen". Nachvollziehbare Kriterien existieren dennoch, sogar in der Göttlichen Offenbarung irreversibel enthalten. Ich nenne die Trinität, die Menschwerdung des Ewigen Wortes des Vaters, aus der immerwährenden Jungfrau und Gottesmutter Maria, die auch-physische Auferstehung Christi, die originäre, unüberbietbare Grundlegung Seiner Kirche im Kreis der Apostel unter und mit Petrus, aber auch die Gliederung der Kirche in Stände, das sakramentale, berufenen Männern vorbehaltene Priestertum, die Transsubstanziation der eucharistischen Gaben im heiligen Messopfer, die Vergebung der Sünden in der Taufe und auch dem Sakrament der Versöhnung mit der Taufgnade inmitten der Kirche, die Auferstehung des Fleisches und das Leben in der kommenden Welt, nach Gericht, Reinigung der Seele und Vollendung in Herrlichkeit bei Gott und allen Heiligen.
Diese Eckpfeiler - und einige mehr - sind so gesetzt, dass sie niemand verrücken kann. Die Kirche ist nur Kirche dort, wo sie bekennt: Hiervon können wir nichts ändern, auch nicht der Papst oder ein Konzil. Wer das nicht anerkennt, der serviert sein Katholischsein selber ab, ohne dass irgendwer dazu ein Urteil zu fällen braucht. Es könnte allerdings sein, dass es von zuständiger Stelle noch kommt, von Papst und auch Bischöfen. Dieses Urteil könnte lauten: Die vier tapferen Streiterinnen für den Herrn Jesus stehen für die Mehrheit des gläubigen Volkes Gottes. Es schmeckt uns nicht immer, dass Papst Franziskus seinen liebsten Worten oft einen schweifenden Begriffshof lässt. Manche hätten es gern knackiger, präziser, wenn er urteilt. Er wird es wohl noch tun müssen. Und für diesen Fall gilt die demütige Prognose, dass sein Begriff vom Volk Gottes eben doch nicht "volksdemokratisch" strukturiert ist, sondern augustinisch-benedektinisch und keinesfalls cholerisch daherkommt. Das fromme Volk ist dort unterwegs, wo es seinen Glaubenssinn auf Gott, Christus und Seine Kirche ausrichtet. Es achtet dabei auf die 'Zeichen der Zeit'. Da diese aber einer klugen Interpretation im Lichte des Evangeliums bedürfen, unterwirft es sich ihnen nie, nicht in der dunklen Vergangenheit, auch nicht in der vermeintlich "lichten Zukunft", die heute schon zu kennen nur eine falsche Elite vorschützen kann. Das fromme Volk Gottes lehnt jeden elitären Sonderweg ab. Denn es will hinauf zu Gott, nicht heimwärts zu den Fleischtöpfen "Ägyptens". Exodus rückwärts befreit nicht.
Herauszurechnen aus der Statistik sind auch die "Betroffenen" aller Couleur, die kirchliche Verkündigung nur noch durch die Brille ihrer - echten oder vorgespiegelten - "Betroffenheit" wahrnehmen. Darunter auch (Weih-) Bischöfe im deutschen 'Sprachraum'. (Und das ist nicht die Übersetzerkabine bei der 'Berlinale', eher schon: ein Raum der Stille?) Von ekklesiogenem Leid sind viele betroffen. Das ist keine Außenseitermeinung mehr, sondern vielfach belegt. Der Synodale Weg hat jetzt sehr sehr viel Leid hinzugefügt, indem man dort immer und immer wieder "nach rechts" austeilt, ohne je den vermeintlich unanständigen Standpunkt derer "von Gestern" plausibel einzugrenzen. (Soviel Aristokratie war doch in Frankfurt gar nicht vertreten. Insofern spricht vielleicht auch Mathias von Gerstorff für die integre Mehrheit?) Das aus den Zeiten der Französischen Revolution überlieferte Rechts-Links-Schema gilt im kirchlichen Raum nur im übertragenen, ungefähren Sinn. Es erlaubt schon eine grobe Zuordnung. Über 90% der Synodalisten darf man wohl als "Linkskatholiken" markieren, auch wenn es darunter noch Unionswähler und ein paar Liberale gibt und nicht jeder Sozi oder Grüne von heute noch markant "links" steht. Aber wer sich um die Nachfolge Christi müht, vom Falle Adams aufzustehen, genährt und gefestigt aus den Sakramenten, der steht nicht "rechts" im tagespolitischen Sinn. Der strebt himmelwärts, ohne das Seufzen der Erde, die noch in Geburtswehen liegt, jemals zu verharmlosen oder zu verniedlichen. Im Gegenteil: Die Sphären des Himmels sind es, die unser Engagement erst mit Wert aufladen.
Die vier Heldinnen in der Wirklichkeit stehen also für die Mitte der Kirche, nicht für die Schmuddelkinder vom "rechten Rand". Ich fordere Gregor Podszun auf, einmal ein kurzes, persönliches Credo zu verfassen und an die hiesige Redaktion einzusenden. Ich werde es dann 'sine ira et studio' kommentieren, ohne Zorn und Übereifer. Bolschewiki? Menschewiki? Das sind so Ansichtssachen. Als die "alte Messe" noch die Liturgie der ganzen Kirche war, da bildeten die Sondermeinungen eifriger Liturgiewissenschaftler, wenn auch heute in vielen Punkten widerlegt (ohne spürbare Wirkung auf die liturgische Gesetzgebung), ein Minderheitsphänomen, das aber in die Mitte der Kirche vordrang. Mit sehr parteiischem Rückenwind des eingangs genannten, im Übrigen durchaus verdienstreichen Papstes Paulus gings voran. Der Interpret des Konzils wollte bewusst nicht nur am Völkerapostel anknüpfen wollte, sondern auch im Namen daran erinnern, dass allein Christus groß ist und der Papst der kleine Sachwalter desselben. Liturgiegeschichte wurde gemacht. Heute stehen die Verfechter der älteren Liturgie, wiewohl sie nichts durchfechten wollen (sondern tun, was die Kirche tat, anbeten), im Ruf, die gefährliche Opposition zu sein. In bestimmten Altersgruppen einiger Regionen der Kirche werden diese Beter allerdings eher bald als später die Mehrheit der Beter sein. Und daran wird die Unruhe, die der seltsam hektische Papst seit 2021 hierzu vorantreibt, kaum mehr was ändern. Denn er ist doch nur ein Papst unter vielen. Die Kirche Christi atmet in geduldigen Zyklen. Ich hätte das Aufblühen der Saat des Konzils allerdings gern mit mehr Optimismus miterlebt. Die "alte Messe" zähle ich inzwischen dazu. Auch sie wurde "erneut" ausgesät: Denn wenn es real nicht mehr durchsetzbar war, die lateinische Liturgie für die ganze Breite der Weltkirche zu bewahren, mit mehr als 1,3 Mrd. Katholiken, so hat ihr älterer Gebrauch gerade deshalb sein Recht zurückerlangt, weil auch das jüngste Konzil den Römischen Ritus nie preisgeben wollte. Die exzessive Interpretation der Liturgiekonstitution war der Sieg einer Minderheit, wurde aber damals noch willig befolgt. Die "Reform der Reform" war vielleicht Wunschdenken. So wird die breiter gefeierte Liturgie heute wohl im Konflikt mit der älteren Form neu lernen müssen, was Liturgie an sich ist und wieder sein muss. Womit ich nicht behaupte, dass die heutige Ausnahme wieder die Regel überall werden wird. Aber die "ordentlichen" Liturgiker werden von den "unordentlich" überaus präzisen Minderheitlern lernen müsse. Denn auch dort leuchten "Zeichen der Zeit" auf, auf Ewigkeit hin.
Das ist nur ein prominentes Beispiel für die schwankenden Zustände zwischen Mehrheit und Minderheit, auch im Kirchenleben. Aktuell haben die vier Damen vom Grill, die den Feuerofen der Synodenaula überlebt haben, für die katholische Religion in Deutschland ein Zeichen gesetzt, für das gewiss die Mehrheit der 'in ecclesia Christi' versammelten Beter und Büßer von Herzen danken. Die verlautbarte, marktschreierische Mehrheit der Deutschen Kirche wird den Crash, den sie provoziert hat, in Kürze selber zur Kenntnis nehmen müssen. Merke: Hier haben 'wir' nunmal Recht behalten mit unseren Prognosen, auf dieser 'Plattform der katholischen Mehrheit'.
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