7. März 2023 in Kommentar
„Der Heilige Vater warnte klarsichtig vor ‚liberalisierenden Reformen‘ in Deutschland und beklagte, dass eine ‚Elite‘ fernab vom Volk Gottes diesen Prozess beherrsche.“ Gastbeitrag von Thorsten Paprotny
Bonn-Hannover (kath.net) Mit Spannung und Besorgnis werden Außenstehende und Unbeteiligte, nämlich gläubige Katholiken in Deutschland und weit darüber hinaus, die fünfte Synodalversammlung, die vom 9. bis 11. März in Frankfurt tagt, beobachten. Die Statements des DBK-Vorsitzenden Bischof Georg Bätzing hinsichtlich der deutlichen Mahnungen – im päpstlichen Auftrag – des Apostolischen Nuntius in Dresden im Rahmen der Bischofskonferenz spiegeln die traurige gegenwärtige Situation sehr genau wider. Die deutsch-synodale Ideologie herrscht vor. Oder dürfen wir etwa doch auf die von der ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp in der „Welt am Sonntag“ beklagten „Änderungswünsche“ der deutschen Bischöfe hoffen, die „verspätet“ eingereicht wurden?
Der „L’Osservatore Romano“ berichtete vor wenigen Wochen in der Ausgabe 5/2023 über ein Interview, das Papst Franziskus am 24. Januar der „Associated Press“ gegeben hat. Der Heilige Vater warnte klarsichtig vor „liberalisierenden Reformen“ in Deutschland und beklagte, dass eine „Elite“ fernab vom Volk Gottes diesen Prozess beherrsche. Der deutsch-synodale Weg folgt somit einer Ideologie, somit nicht dem Hören auf den Willen Gottes. Papst Franziskus sagte: „Die Gefahr ist, dass etwas sehr, sehr Ideologisches hineinkommt. Wenn die Ideologie in kirchliche Prozesse eingreift, geht der Heilige Geist nach Hause, denn die Ideologie besiegt den Heiligen Geist.“
Zu dieser Ideologie gehört in exponierter Weise die Einrichtung eines sogenannten „Synodalen Rates“, der die Amtsgewalt des Bischofs erheblich beschneidet und damit ein elitäres kirchenpolitisches Funktionärssystem etabliert. In dem zur Abstimmung stehenden „Handlungstext“ heißt es: „Der Synodale Rat der Diözese wird in freien, gleichen und geheimen Wahlen gewählt. Er bildet in seiner Zusammensetzung das Volk Gottes in der Diözese mit seinen verschiedenen ehren- und hauptamtlichen Gruppierungen und Diensten ab und wird möglichst geschlechter- und generationengerecht zusammengesetzt. Der Rat kann mit Mehrheit weitere Mitglieder kooptieren. … Kommt ein rechtswirksamer Beschluss nicht zustande, weil der Bischof ihm nicht zustimmt, findet eine erneute Beratung statt. Wird auch hier keine Einigung erzielt, kann der Rat mit einer Zweidrittelmehrheit dem Votum des Bischofs widersprechen. Kommt keine Einigung zustande, weil der Bischof auch dieser Entscheidung widerspricht, wird ein Schlichtungsverfahren eröffnet, dessen Bedingungen vorab festgelegt worden sind und an die alle Beteiligten sich zu halten verpflichten. An diesem Verfahren können Bischöfe und Synodale aus anderen Diözesen beteiligt werden.“
Das Resultat dessen, was Papst Franziskus als Ideologie bezeichnet, wäre die beständige Umwandlung der römisch-katholischen Kirche hierzulande in eine Karikatur. Beten wir für unsere Bischöfe, dass sie sich vom Heiligen Geist und nicht von einer deutsch-synodalen Ideologie führen lassen mögen.
Ich denke in diesen Tagen an Romano Guardinis Buch „Vom Sinn der Kirche“. Die Vorträge aus dem Jahr 1921 können uns heute inspirieren und Trost schenken. Guardinis Worte sind Wegweisung, Zuspruch und Ermutigung:
„Das ist für uns Heutige die größte Gnade, und die uns am bittersten not tut: daß wir die Kirche lieben können. … Uns hilft nur klare Einsicht in Wesen und Sinn. Uns muß aufgehen: In dem Maße bin ich christliche Persönlichkeit, als ich Glied der Kirche bin, und die Kirche in mir lebendig ist. Spreche ich zu ihr, dann sage ich in einem ganz tiefen Verstande nicht »Du«, sondern »Ich«.
Sind diese Dinge mir aufgegangen, dann ist mir die Kirche nicht mehr geistige Polizei, sondern Blut von meinem Blut, Fülle, aus der ich lebe. Dann ist sie das allumspannende aus Gott kommende Neue Leben, und die christliche Person mit ihrer Innerlichkeit ihr lebendiger Widerhall. Dann ist sie mir Mutter, dann ist sie mir Königin, Christi Braut. Dann kann ich sie lieben. Und dann erst habe ich Frieden.
Wir werden mit der Kirche nicht eher fertig, als bis wir so weit sind, sie lieben zu können. Nicht eher.“
Wenn wir uns von allen Ideologien abwenden, das Evangelium und die Kirche unseres Herrn, Christi Braut, von ganzem Herzen gotteskindlich lieben, werden wir auch wahrhaft evangelisierend wirken – und glaubwürdig Zeugnis geben für den Herrn in der Welt von heute.
Der Autor Dr. Thorsten Paprotny (siehe Link) lehrte von 1998-2010 am Philosophischen Seminar und von 2010 bis 2017 am Institut für Theologie und Religionswissenschaft der Leibniz Universität Hannover. Er publizierte 2018 den Band „Theologisch denken mit Benedikt XVI.“ im Verlag Traugott Bautz und arbeitet an einer Studie zum Verhältnis von Systematischer Theologie und Exegese im Werk von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.
kath.net-Buchtipp
Theologisch denken mit Benedikt XVI.
Von Thorsten Paprotny
Taschenbuch, 112 Seiten
2018 Bautz
ISBN 978-3-95948-336-0
Preis Österreich: 15.50 EUR
Archivfoto: Papst Franziskus lauscht den Anliegen des DBK-Vorsitzenden Bischof Bätzing beim Ad limina-Besuch (c) Deutsche Bischofskonferenz
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