16. Juli 2004 in Österreich
Römischer Kirchenrechtler Graulich gegenüber "Radio Vatikan": Krenn hat Aufsichtspflicht verletzt - Österreichischen Cartellverbandes: "So kann das im Sinne der katholischen Kirche sicher nicht weitergehen
St. Pölten (kath.net/RV/red)
"Er hat die Aufsichtspflicht verletzt.". Dies meint Markus Graulich,Kirchenrechtler und Salesianer an der päpstlichen Universität seines Ordensin Rom, meint im Gespräch mit Radio Vatikan über Bischof Kurt Krenn. "Er istnatürlich dafür zuständig, dass in seinem Seminar nicht nur denPriesteramtskandidaten nicht geschadet wird, sondern dass da natürlich auchdie Moralordnung der Kirche gelebt wird. Wenn die Mißstände so sind, wie siegeschildert werden und durch Fotos dokumentiert werden, ist das eine grobeVerletzung seiner Aufsichtspflicht und damit seiner Hirtensorge, die ernicht nur im Hinblick auf die Seminaristen hat, sondern auch im Hinblick aufdie Gläubigen, zu denen die Seminaristen nachher als Priester gesandtwerden."
Aus der Sicht des Kirchenrechtlers Graulich ist jetzt gar nicht dieösterreichische Kirche am Zug, sondern gleich der Vatikan. "Der Metropolitist dann zuständig, wenn sich Bischof Krenn eine Kirchenstrafe zugezogenhätte, was bisher nicht der Fall ist. Und sonst wird gleich Rom eingreifen.Natürlich kann Rom auch tätig werden auf Grund der Intervention von KardinalSchönborn. Wir erinnern uns da auch an den Fall von Kardinal Groer - dawar`s ja auch die Initiative von Schönborn, damals noch Koadjutor derDiözese, die letztlich zum Eingreifen geführt hat."
Konkret stellt sich der Kirchenrechtler Graulich das weitere Prozedere imFall Krenn jetzt so vor: "Dass der Präfekt der Bischofskongregation,Kardinal Re, ihn eventuell mit einem Mitarbeiter des Staatssekretariats zuGesprächen bittet, um seine Position zu klären. Und je nachdem, wie schneller einlenkt oder auch nicht, kann das Verfahren länger oder kürzer dauern."
Auch der Vorstand des Österreichischen Cartellverbandes (ÖCV) gab amDonnerstag ein Stellungnahme und meinte: "So kann das im Sinne derkatholischen Kirche sicher nicht weitergehen. Hier sind klare Missstände zuTage getreten, die sofort entsprechendes Handeln erfordern. Mit ihremtatenlosen Zusehen lassen die Verantwortlichen es zu, dass hier Vorfälleunterschiedlicher Schärfe öffentlich vermengt werden." Alles was bisherseitens der Verantwortlichen erfolgte reiht der Cartellverband jedenfallsunter die Kategorie "katastrophales Krisenmanagement" ein, das letztendlichzum Schaden der Kirche und tausender Gläubiger geht.
Als eine der größten katholischen Laienorganisationen betont der ÖCV, dasser derartige Vorfälle, wie sie sich im Priesterseminar der Diözese St.Pölten ereigneten, aufs schärfste verurteilt, vor allem auch deshalb, weilderartige Vorfälle ein völlig falsches Bild der katholischen Kirche inÖsterreich zeichnen. "Im Cartellverband gibt es eine Reihe von Geistlichen,die ihr gesamtes Leben wertvollste Arbeit für die Gesellschaft und dieKirche leisten, die diese Situation zu tiefst bedrückt und belastet."
Schließlich meint auch das sogenannte "Kirchenvolksbegehren" in einerAussendung, dass Krenn zurücktritten solle. Unter Berufung auf denbiblischen Spruch "An ihren Früchten werdet ihr sie (die falschen Propheten)erkennen (Mt 7,16)" fordert die Gruppierung: "Es reicht: Bischof Krenn musszurücktreten!" In dem Schreiben wird behauptet, dass die Diözese St. Pöltenheute praktisch führungslos und gespalten ist und dass wegen KrennMenschen "in großer Zahl" aus der Kirche austreten.
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