Die einfach gläubigen Katholiken und der deutsch-synodale Weg

21. März 2023 in Kommentar


„In ganz Deutschland gibt es heute zahllose wachsame, gottesfürchtige und treue Katholiken, die zutiefst verstört sind über die systematische Abkehr so vieler Amtsträger von Gott und seiner Kirche.“ Gastbeitrag von Thorsten Paprotny


Bonn (kath.net) Bei vielen einfach gläubigen Katholiken, die im Leben und Sterben in unverbrüchlicher Treue zur Kirche des Herrn stehen, macht sich heute mitunter ein Gefühl der Obdachlosigkeit breit, das dem deutsch-synodalen Weg geschuldet ist. Ich dachte in den letzten Tagen an meinen Urgroßvater Josef, der als gebürtiger Ermländer zum Kriegsende seine Heimat nicht verlassen mochte und erst 1957 in die Bundesrepublik Deutschland übersiedelte. Er war mit Leib und Seele römisch-katholisch. Die neuen Kirchen in der Diaspora erinnerten ihn an Scheunen. Hätte er die skandalöse Zertrümmerung der Hochaltäre in der Nachkonzilszeit noch miterleben müssen, so ahne ich, wie er über diesen modernistisch-katholischen Bildersturm und beispiellosen Akt der Kirchraum-Verwüstung gedacht hätte. Wie Josef Drosdowski heute zu den Ansichten und Meinungen der deutsch-synodalen Freigeister stehen würde, dessen bin ich mir gewiss. Er war eben bloß katholisch und wollte das auch bleiben, im Leben und im Sterben.

In ganz Deutschland gibt es heute zahllose wachsame, gottesfürchtige und treue Katholiken, die zutiefst verstört sind über die systematische Abkehr so vieler Amtsträger von Gott und seiner Kirche. Dazu gehören besonders die einfach gläubigen Katholiken, die in medial vielfach beachteten Gremien keine Stimme haben und auch nicht zu den Funktionären gehören wollen. Die einfach gläubigen Katholiken stehen jenseits des laikalen Establishments und des kirchenbehördlichen Apparats. Sie verehren den Papst und lieben die Kirche. Viele von ihnen hofften und hoffen auch noch immer auf ihre Bischöfe. So viele Katholiken hätten sich gewünscht, dass viele ihrer Oberhirten auf der Frankfurter Synodalversammlung anders abgestimmt, nicht für eine „anders katholische“, sondern für die römisch-katholische Kirche votiert hätten.

Die einfach gläubigen Katholiken sind dem Papst treu verbunden – und waren auch zutiefst empört über die immer wieder inszenierten medialen Angriffe auf Benedikt XVI. aus Deutschland und von deutschen Theologen. Einfach gläubige Katholiken wissen von innen her: Wer den Papst angreift, der greift auch die Kirche an. Wer sich von der verbindlich gültigen Lehre der Kirche abwendet, bezeugt statt des Glaubens an Gott nur noch seine eigene Entfremdung. Warum wird – auch von Bischöfen – heute eine neue Sexual- und Morallehre gefordert? Warum wird die lebens- und menschenfreundliche Sexual- und Morallehre der Kirche nicht weltoffen verkündet? Zuinnerst wissen einfach gläubige Katholiken: Wer sich eine neue Lehre ausdenkt, der macht etwas Wesentliches grundsätzlich falsch. Wer die Kirche verhöhnt, verhöhnt Christus.

Ich denke in diesen Tagen an den Konzilsbericht, den Joseph Ratzinger über die letzte Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils vorlegte, als Frucht vieler Vorträge über seine Eindrücke in Rom (vgl. Joseph Ratzinger: Gesammelte Schriften. Bd. 7/1. Freiburg im Breisgau 2012, 574 f.). Ratzinger sprach sich für eine „Erneuerung“ der Kirche aus und sagte zugleich, dass man nicht vergessen dürfe, „dass die Kirche allzeit Kirche geblieben ist und dass allzeit in ihr der Weg des Evangeliums gefunden worden ist“. Die Kirche könne – so greift Ratzinger damals ein Wort von Friedrich Heiler auf – im Leben und Sterben Geborgenheit, die groß und rein sei, schenken. Er schreibt weiter: „Am Ende lebt die Kirche in trüben und in großen Zeiten zutiefst vom Glauben derer, die einfachen Herzens sind …“ Sie trugen damals und tragen heute die „Fackel der Hoffnung“: „Der Glaube derer, die einfachen Herzens sind, ist der kostbarste Schatz der Kirche; ihm zu dienen und ihn selbst zu leben die höchste Aufgabe kirchlicher Erneuerung.“

Möge Papst Franziskus, mögen die Kardinalpräfekten der vatikanischen Dikasterien die treuen Bischöfe in Deutschland und die einfach gläubigen Katholiken stärken – und uns alle vor deutsch-synodalen Spaltungen bewahren.

Dr. Thorsten Paprotny (siehe Link) lehrte von 1998-2010 am Philosophischen Seminar und von 2010 bis 2017 am Institut für Theologie und Religionswissenschaft der Leibniz Universität Hannover. Er publizierte 2018 den Band „Theologisch denken mit Benedikt XVI.“ im Verlag Traugott Bautz und arbeitet an einer Studie zum Verhältnis von Systematischer Theologie und Exegese im Werk von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.

kath.net-Buchtipp
Theologisch denken mit Benedikt XVI.
Von Thorsten Paprotny
Taschenbuch, 112 Seiten
2018 Bautz
ISBN 978-3-95948-336-0
Preis 15.50 EUR


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