Bubendummheiten oder schweres Ärgernis?

18. Juli 2004 in Österreich


Ein Beitrag zur Klärung der Lage in St. Pölten von Dr. Josef Spindelböck


Ein mediales Vorurteil, das in diesen Tagen immer wieder weitergegeben wird und viele Menschen erzürnt, ist die Behauptung, Bischof Kurt Krenn hätte Kinderpornographie oder noch Schlimmeres als "Bubendummheiten" bezeichnet. Wer genauer recherchiert, wird freilich entdecken, dass dem nicht so ist. Dieses Wort hatte der Bischof nämlich nur im Hinblick auf ein aufgetauchtes Kuss-Foto verwendet, das als Ausdruck homoerotischer Zuneigung des zurückgetretenen Subregens des St. Pöltner Priesterseminars zu einem Alumnen interpretiert werden kann. Der Bischof meint freilich, es sei hier eben nicht um homosexuelle Liebe gegangen, sondern um "Bubendummheiten" auf einer Weihnachtsfeier.

Der unglückliche Ausdruck klingt verharmlosend, unabhängig von der Faktizität des auf den Bildern dargestellten Vorgangs und dessen korrekter Interpretation - vor allem im Hinblick auf das, was die Kirche über homosexuelle Akte lehrt, die in jedem Fall als objektiv sündhaft angesehen werden müssen. Auf keinen Fall darf die Kirche derartige Dinge in einem Priesterseminar dulden, und schon gar nicht darf es sein, dass Vorgesetzte in solche Vorkommnisse verstrickt sind. Unabhängig von der Interpretation konkreter, als kompromittierend empfundener Kuss- und Umarmungsfotos bleibt jedoch die Tatsache bestehen, dass Bischof Kurt Krenn nur in diesem Zusammenhang von "Bubendummheiten" gesprochen hat und in keinem anderen!

Keinesfalls hat der Bischof die Kinderpornographie oder die Pädophilie mit diesem Ausdruck oder einem anderen verharmlost, wie ihm das nun manche unterstellen. Auf die Frage Hubert Feichtelbauers wie viele kinderpornographische Bilder für den Bischof von Gewicht seien, damit die Sache als bedrohlich und schlimm eingestuft werden könne, antwortete er: "Ein einziges Bild ist zu viel!" Und an anderer Stelle erklärte er, dass sich die Kirche im Fall des tatsächlichen Fundes kinderpornographischer Bilder auf Computern des Seminars in aller Form werde entschuldigen müssen. Dies wird vermutlich bald der Fall sein. Die Entschuldigung muss erfolgen gegenüber jenen, deren Würde verletzt wurde, aber auch gegenüber den Gläubigen und den übrigen Menschen, denen auf diese Weise schweres Ärgernis gegeben wurde!

Verbrechen, Sünden und Ärgernisse dürfen nicht ignoriert oder verdrängt werden. Alle Vorkommnisse im Priesterseminar St. Pölten, die der christlichen Moral widersprechen und womöglich sogar strafrechtliche Relevanz haben, müssen jedenfalls bereinigt werden. Nur dann ist ein Neuanfang aus dem Glauben möglich! Erste Schritte der Bewältigung der Krise sind vom Bischof bereits gesetzt; weitere werden und müssen folgen.

Dr. theol. Josef Spindelböck
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