8. April 2023 in Buchtipp
Zweifellos nicht. Er selbst räumte seine Fehler unumwunden ein. Vermutlich war noch kein Papst so selbstkritisch und hat dies auch nach außen so deutlich kommuniziert wie Benedikt XVI. Auszug 2 aus dem neuen Benedikt-Bestseller-Buch von Peter Seew
Rom (kath.net)
Beispiele?
Es kommt immer darauf an, von welcher Warte aus man diese Dinge betrachtet. Für seine Anhänger war der Mann aus Bayern ein Leuchtturm der Catholica, ein Erneuerer des Glaubens und eine Ikone für Rechtgläubigkeit. Für seine Gegner blieb er die Reizfigur. Die Kritiker von rechts warfen ihm vor, dass er die Kirche viel zu weit öffnete, seine Kritiker von links, dass er sie verschloss. Die einen monierten, er habe zwar eine schöne Sprache, aber es fehlten die klaren Aussagen. Für die anderen blieb er einfach der Reaktionär, der sich jedweder Neuerung verschloss.
Was ist mit dem Erlass zur leichteren Zugänglichkeit des tridentinischen Ritus Summorum pontificum? Kritiker sprachen von einem restaurativen Eingriff, der die Errungenschaften des Konzils zunichtemache.
Der Papst war von der Notwendigkeit dieser Korrektur überzeugt, und er hat damit, gegen alle Widerstände, etwas Bleibendes geschaffen. Kardinal Kurt Koch hält diese Reform sogar für die bedeutendste Entscheidung des Pontifikats überhaupt.
Die Änderung war ein großes Anliegen Ratzingers. Schon als Theologieprofessor in Regensburg zeigte er sich bestürzt über das Verbot des alten Missale. Etwas Derartiges, kritisierte er, habe es in der ganzen Liturgiegeschichte nicht gegeben. Johannes Paul II. erlaubte zwar 1984 wieder Messen nach dem klassischen Ritus, man musste dafür jedoch die Erlaubnis des Ortsbischofs einholen.
Mit Benedikts Motu proprio vom 7. Juli 2007 darf das Missale Romanum in seiner letzten, 1962 von Johannes XXIII. durchgesehenen Form, wieder zelebriert werden, ohne zuvor in Rom oder beim Ortsbischof um Genehmigung betteln zu müssen. Benedikt machte klar, dass das Messbuch aus der nachkonziliaren Liturgiereform „die normale Form … ist und bleibt“.
Der Papst betonte, dass nach dem Konzil „nicht etwa ein neuer Ritus an die Stelle eines alten getreten“ sei, sondern dass es sich bei der „alten Messe“ und bei der gegenwärtigen um „zwei Formen des einen lateinischen Ritus“ handle. Beide seien gültig.
Mit der klaren rechtlichen Regelung wollte der Papst zudem die Bischöfe davon entlasten, „immer wieder neu abwägen zu müssen, wie auf die verschiedenen Situationen zu antworten sei“. „Für mich war wichtig, dass die Kirche mit ihrer eigenen Vergangenheit eins ist“, erläuterte er. Es könne nicht sein, „dass das, was vorher das Heiligste war, plötzlich etwas ganz Verbotenes ist“. Letztlich ist die Wiederentdeckung der erhabenen Formen der Catholica kein Beitrag für die Vergangenheit,
sondern für die Zukunft.
Ein ebenfalls lange gehegtes Vorhaben Ratzingers war seine Christologie, zu der er, wie er schrieb, „lange innerlich unterwegs gewesen“ war. Eigentlich wollte er dieses Projekt bereits in Regensburg realisieren. Er fand es angesichts der verwirrenden Diskussionen um die Erscheinung Jesu so wichtig, dass er sich dieses Mammutwerk in einem Alter und einem Amt auf die Schultern legte, das ohnehin als eines der schwersten der Welt gilt. Fremde Hilfe nahm er dafür nicht in Anspruch, noch nicht einmal, um die umfänglichen Zitate einzuarbeiten.
Weil er damit seine Regierungsarbeit nicht belasten wollte. Er schrieb das Buch, das er bereits im Sommer 2003 begonnen hatte, ausschließlich an seinen audienzfreien Tagen und in seinen Ferien in Castel Gandolfo. „Man spürte, es war ein schwerer gedanklicher Weg“, berichtete eine enge Mitarbeiterin, „und wir waren immer froh, wenn er wieder ein Kapitel fertig hatte. Nicht, dass er schlechte Laune hatte, aber er war gedanklich abwesend. Als er damit fertig war, wirkte er wie erholt.“
kath.net Buchtipp
Benedikts Vermächtnis. Das Erbe des deutschen Papstes für die Kirche und die Welt
Von Peter Seewald
ISBN: 9783455012583
Hoffmann und Campe Verlag 2023
Hardcover, 400 Seiten
Preis: Euro 25,70
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