6. April 2023 in Weltkirche
Der Jebal al-Makla (Arabisch: „Verbrannter Berg“) ist mit 2326 Metern einer der höchsten Berge Saudi Arabiens und ganz sicher der geheimnisvollste. Hier sprach Gott mit Moses - Das meint Michael Hesemann - Von Monika P. Wentzel-Baronetti
Köln (kath.net)
Er ist geformt wie eine Pyramide. Seine Spitze ist geschwärzt, so, als sei auf ihm eine Wolke aus Feuer niedergegangen. Der Jebal al-Makla (Arabisch: „Verbrannter Berg“) ist mit 2326 Metern einer der höchsten Berge Saudi Arabiens und ganz sicher der geheimnisvollste. Hier sprach Gott mit Moses, hier empfing der biblische Prophet die Zehn Gebote - davon ist zumindest der deutsche Historiker Michael Hesemann (59) überzeugt, der hier als erster Europäer seit hundert Jahren forschte. In seinem Buch „Die Bibel hat recht“ legt er Beweise vor.
„Seit der Spätantike galt der Jebal al-Musa auf der Halbinsel Sinai als der ‚echte‘ Berg der Zehn Gebote“, weiß Hesemann. „Dort wurde im 6. Jahrhundert das Katharinenkloster gebaut, um die vielen Pilger zu beherbergen. Doch Spuren des Exodus, Spuren der zehntausenden Israeliten, die laut der Bibel ein Jahr lang vor dem Gottesberg Horeb lagerten, sucht man dort vergebens. Als die Israelis 1967 den Sinai besetzten, schickten sie ihre besten Archäologen dorthin. Sie wollten unbedingt Hinterlassenschaften ihrer Vorfahren aus der späten Bronzezeit finden, schon um ihren Anspruch auf den Sinai zu legitimieren. Doch vergebens. Man fand nichts, was auf eine bronzezeitliche Präsenz eines ganzen Volkes im Schatten des sogenannten Mosesberges hindeuten könnte. Keine Gräber, keine Inschriften, keine Tonscherben – nichts! Offensichtlich war man anderthalb Jahrtausende lang zu dem falschen Berg gepilgert.“
Der Österreicher Alois Musil, katholischer Priester und renommierter Arabienforscher, war der Erste, der zu Anfang des 20. Jahrhunderts auf die falsche Zuschreibung hinwies. Denn laut der Bibel stieß Moses auf den Berg, als er die Schafherde seines Schwiegervaters Jitro hütete. Jitro war der Hohepriester von Midian. Nach Midian war Moses vor den Ägyptern geflohen, als er einen der Aufseher des Pharao erschlagen hatte. Wo Midian lag, darin sind sich alle historischen Quellen einig: Am Ostufer des Golfes von Akaba, im Nordwesten des heutigen Saudi Arabien, dort, wo sich heute die Stadt al-Bad’a befindet. Tatsächlich zeigen die Einheimischen dort noch heute den „Brunnen des Moses“ und die „Höhle des Jitro“. Und auch jüdische Bibel-Kommentatoren waren sich einig, dass der Moses-Berg in Midian lag. Erst die Christen kamen im 4. Jahrhundert darauf, ihn auf der Halbinsel Sinai zu lokalisieren, in den Grenzen des Römischen Reiches, was aus ihm zumindest ein sicheres Pilgerziel machte, während der Jebal al-Makla im Gebiet kriegerischer Beduinenstämme lag.
Hesemann: „Natürlich ist es idiotisch, anzunehmen, Moses habe die Herde seines Schwiegervaters aus Midian über 350 Kilometer weit auf den Sinai getrieben, über steinige und knochentrockene Wüsten, in die Sandwüste vor dem Jebal al-Musa, wo rein gar nichts wächst, wo es kein Wasser gibt, die Schafe also verdurstet wären, wo ganz in der Nähe ägyptische Türkisminen lagen, von den Soldaten des Pharao bewacht, nur um es spätantiken Pilgern bequemer zu machen. Nein, Moses wird getan haben, was die Beduinen von Midian noch heute machen: Im Winter ließ er die Herden im Küstengebiet grasen, im Sommer führte er sie auf die fruchtbare Hochebene auf der Ostseite des Madyan-Gebirges, zu dem auch der Jebal al-Makla gehört. Dort und nur dort müssen wir nach dem Gottesberg Horeb suchen!“
Seit Alois Musil waren es vor allem amerikanische Forscher, die über den benachbarten Jebal al-Lawz als historischen Moses-Berg spekulierten. Hesemann aber ist überzeugt, dass nur der Jebal al-Makla den biblischen Beschreibungen entspricht. „Er erhebt sich so majestätisch über dem Bergmassiv, dass er sofort jeden Besucher in seinen Bann zieht“, beschreibt ihn der deutsche Historiker. Anders als die israelischen Archäologen auf dem Sinai, wurde er hier fündig: „Der ganze Berg ist von archäologischen Stätten umgeben, die von arabischen Archäologen zumindest zu einem großen Teil in die Bronzezeit datiert werden. Dazu gehört ein großes Gräberfeld, ein Brandopferaltar zu Füßen des Berges, hunderte Steinmörser, mit denen das Korn für die Brotherstellung gemahlen wurde und Schmelzöfen für die Metallproduktion. Eine Felsenplattform ist mit Zeichnungen von Rindern oder Kälbern bedeckt, man erinnert sich sofort an den Vorfall vom Goldenen Kalb. Überall finde sich Inschriften, viele davon in einer Vorläuferschrift des Hebräischen. Das alles deutet auf eine längerfristige Präsenz einer größeren Menschenmenge an dieser Stelle hin“, erklärt Hesemann.
Felsbilder vom goldenen Kalb, frühhebräische Schrift, ein siebenarmiger Leuchter
„Noch heute treiben die Beduinen ihre Schafe auf die ausgedehnte Hochebene auf der Ostseite des Jebal al-Makla. Früher strömte Wasser aus einer Quelle am Hang des Berges und ergoss sich in einen kleinen See. Noch heute ist die Ebene wasserreich und fruchtbar, überall wachsen Sträucher und Gräser. Kein Wunder, dass Moses hierher die Herde seines Schwiegervaters trieb.“
Der Fluss, der vom Berg auf die Ebene strömte, wird auch im Buch Exodus erwähnt. Doch es gibt noch weitere Übereinstimmungen. So erwähnt die Bibel einen Felsspalt, in dem Moses Schutz suchen sollte, als Gott in Seiner Herrlichkeit über ihn hinweg zog. Einen solchen Spalt zwischen zwei Felsen gibt es auf dem Gipfel eines Vorberges, oberhalb einer Höhle wie jener, in der später der Prophet Elias gelebt haben soll, als er seine Gotteserfahrung am Horeb hatte.
Doch das eindrucksvollste Indiz für seine These fand Hesemann auf der Westseite des Berges, die, anders als das Hochplateau im Osten, eine trockene Wüste ist. „Das Buch Exodus sagt, dass die Israeliten auf dem Weg zum Gottesberg in Refidim lagerten, wo es so trocken war, dass sie Moses beschuldigten, sie in den sicheren Tod zu führen. Das muss auf der anderen Seite des Horeb gewesen sein, denn anschließend heißt es, auf Geheiß Gottes ging Moses zu „dem Felsen am Horeb“, schlug mit seinem Stab auf ihn und, siehe da, Wasser quoll aus dem Stein. Tatsächlich befindet sich auf der Westseite des Jebal al-Makla eine große, trockene Ebene, wo die Israeliten gelagert haben könnten“, verrät Hesemann. „Südlich davon wird die jetzt felsige Landschaft von einem gigantischen, 20 Meter hohen, mühlsteinförmigen Felsen überragt, der in der Mitte gespalten ist. Von diesem Felsen ging ein Wasserstrom aus, von dem noch Auswaschungen im Gestein zeugen. Noch heute existiert hier ein Rinnsal, in dem Pflanzen wachsen. Auf dem Sinai gibt es keinen Felsen, der den biblischen Beschreibungen entsprechen würde, nur hier in Saudi Arabien. Darum bin ich mir sicher, dass es in Midian war, wo Moses Gott begegnete und das Gesetz für das Volk Israel empfing.“
Die Einheimischen wird es freuen: Seit 2020 ist der Nordwesten Saudi Arabiens für Touristen geöffnet. Der „Felsen am Horeb“, aus dem Moses Wasser strömen ließ? Der Historiker Michael Hesemann ist überzeugt, den biblischen Gottesberg lokalisiert zu haben.
BUCHTIPP: Michael Hesemann: Die Bibel hat recht, Verlag Langen Müller 2022
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