Unfehlbar: „Ordinatio sacerdotalis“

6. April 2023 in Kommentar


„Eine Reihe von Visionen … und Beschlüssen des deutsch-synodalen Weges steht im fundamentalen Gegensatz zum Evangelium Christi, zur verbindlich gültigen Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte und zum II. Vatikanum.“ Gastbeitrag von Thorsten Paprotny


Hannover (kath.net) Eine Reihe von Visionen, Fantasien und Beschlüssen des deutsch-synodalen Weges steht im fundamentalen Gegensatz zum Evangelium Jesu Christi, zur verbindlich gültigen Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte und zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Diese Reformabsichten sind Wegmarken ins Schisma. Dazu gehört etwa die vielfach begrüßte und beabsichtigte Öffnung des Weiheamtes für alle. Die Diskussionen sind nicht neu, aber die Indifferenz etlicher Bischöfe gegenüber dem Lehramt der Kirche bleibt unverständlich und verstörend, ein deutsches Ärgernis.

Kardinal Joseph Ratzinger hat am 28. Oktober 1995 als Präfekt der Glaubenskongregation mit Zustimmung von Papst Johannes Paul II. deutlich erklärt (siehe Link):

„Zweifel: Ob die Lehre, die im Apostolischen Schreiben Ordinatio sacerdotalis als endgültig zu haltende vorgelegt worden ist, nach der die Kirche nicht die Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, als zum Glaubensgut gehörend zu betrachten ist.
Antwort: Ja.
Diese Lehre fordert eine endgültige Zustimmung, weil sie, auf dem geschriebenen Wort Gottes gegründet und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt, vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar vorgetragen worden ist (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium 25,2). Aus diesem Grund hat der Papst angesichts der gegenwärtigen Lage in Ausübung seines eigentlichen Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), die gleiche Lehre mit einer förmlichen Erklärung vorgelegt in ausdrücklicher Darlegung dessen, was immer, überall und von allen Gläubigen festzuhalten ist, insofern es zum Glaubensgut gehört.“

Die Glaubenskongregation hat darüber hinaus in einer Erklärung (siehe Link) Erläuterungen dazu publiziert, die anscheinend in der Kirchenprovinz Deutschland vollständig in Vergessenheit geraten sind oder absichtlich ausgeblendet werden.

Das Schreiben des Heiligen Vaters habe vielen Zweifelnden, so Kardinal Ratzinger damals, die „innere Ruhe“ neu geschenkt, aber „einige Gläubige“ – und wir dürfen hinzufügen: heute gehören ersichtlich Theologieprofessoren und Bischöfe dazu – vertreten nach wie vor die Meinung „daß der Ausschluß vom Amtspriestertum eine Ungerechtigkeit oder eine Diskriminierung den Frauen gegenüber darstelle“: „Manche wenden ein, aus der Offenbarung gehe nicht hervor, daß ein derartiger Ausschluß Wille Christi für seine Kirche gewesen sei; und andere fragen sich, welche Zustimmung der Lehre des Schreibens geschuldet ist.“

Kardinal Ratzinger erinnert daran, dass die „absolut fundamentale Wahrheit christlicher Anthropologie“ lehre, dass Mann und Frau die „gleiche personale Würde“ besäßen und dass jegliche Diskriminierungen zu überwinden seien: „Im Licht dieser Wahrheit kann man versuchen, die Lehre besser zu verstehen, gemäß der die Frau die Priesterweihe nicht empfangen kann. Eine korrekte Theologie kann weder von der einen noch von der anderen Lehre absehen, sondern muß beide zusammensehen; nur dann wird sie die Pläne Gottes über die Frau und über das Priestertum - und dann auch über die Sendung der Frau in der Kirche - vertiefen können. Wenn jedoch jemand, der sich vielleicht zu sehr von der Mode oder vom Zeitgeist bestimmen läßt, die Behauptung aufstellte, die beiden Wahrheiten widersprächen einander, wäre der Weg eines Fortschrittes in der Erkenntnis des Glaubens verloren.“

Bekräftigt wird die Verschiedenheit der Sendung, die mitnichten die Gleichheit der Würde beeinträchtige: „Um zu verstehen, daß es sich hier nicht um eine Ungerechtigkeit oder Diskriminierung den Frauen gegenüber handelt, muß man zudem auch die Natur des priesterlichen Amtes betrachten, das ein Dienst ist und nicht eine Position menschlicher Macht oder eines Vorranges über andere. Wer, ob Mann oder Frau, das Priestertum als persönliche Bestätigung, als Ziel oder gar als Ausgangspunkt einer menschlichen Erfolgskarriere versteht, unterliegt einem grundlegenden Irrtum, denn die wahre Bedeutung des christlichen Priestertums - sowohl des gemeinsamen Priestertums der Gläubigen als auch in ganz besonderer Weise des Amtspriestertums - kann man nur in der Hingabe der eigenen Existenz in Vereinigung mit Christus zum Dienst am Nächsten finden. Das priesterliche Amt kann nicht das allgemeine Ideal und noch weniger das Ziel des christlichen Lebens sein.“ Nur die Liebe sei als höheres Charisma sehnlichst zu erstreben.

Der Herr habe gemäß dem Zeugnis des Neuen Testamentes nur Männer zum Weiheamt berufen, ebenso die Apostel: „Im spezifischen Fall der Priesterweihen haben die Nachfolger der Apostel stets die Norm befolgt, die Priesterweihe nur Männern zu spenden; und mit dem Beistand des Heiligen Geistes lehrt uns das Lehramt, daß dies nicht aus Zufall, nicht aus gewohnheitsmäßiger Wiederholung, nicht aus Abhängigkeit von den sozialen Bedingtheiten, und noch weniger aus einer angeblichen Unterlegenheit der Frau kommt, sondern weil “die Kirche stets als feststehende Norm die Vorgehensweise ihres Herrn bei der Erwählung der zwölf Männer anerkannt hat, die er als Grundsteine seiner Kirche gelegt hatte” (Apost. Schreiben Ordinatio sacerdotalis, Nr. 2).“ Kardinal Ratzinger erklärt: „Angesichts des klaren Lehraktes des Papstes, der ausdrücklich an die ganze katholische Kirche gerichtet ist, haben alle Gläubigen ihre Zustimmung zur darin enthaltenen Lehre zu geben. … Es handelt sich um eine volle definitive, d.h. unwiderrufliche Zustimmung zu einer von der Kirche unfehlbar vorgelegten Lehre. Wie nämlich die Antwort erklärt, leitet sich dieser endgültige Charakter von der Wahrheit der Lehre selber ab, denn - im geschriebenen Wort Gottes gegründet und von der Tradition der Kirche beständig bewahrt und angewandt - ist sie unfehlbar vom ordentlichen universalen Lehramt vorgetragen worden (vgl. Konst. Lumen gentium, Nr. 25).“

Die Lehre gehöre zum „Glaubensgut“ der Kirche. Der „endgültige und unfehlbare Charakter dieser Lehre“ entspringe nicht dem Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“, sondern es wird förmlich bekräftigt, was zum Glaubensgut gehört: „In diesem Fall bekundet ein Akt des ordentlichen päpstlichen Lehramtes, der in sich selbst nicht unfehlbar ist, den unfehlbaren Charakter der Darlegung einer Lehre, die die Kirche schon besitzt.“

Heute verkünden manche Bischöfe ihre Gefolgschaft gegenüber den von Michel Foucault inspirierten Humanwissenschaften oder vermeintlich absolut gültigen Mehrheitsmeinungen. Nicht aber dem launischen Zeitgeist noch irgendwelchen säkularen wissenschaftlichen oder politischen Trends ist die Kirche zur Treue verpflichtet. Sie sei „Trägerin einer höheren Treue“: „Es handelt sich um die radikale Treue zum Wort Gottes, das sie von derselben Kirche empfangen hat, die Jesus Christus bis zum Ende der Zeiten gegründet hat. Indem dieses Wort Gottes den wesentlichen Wert und die ewige Bestimmung jeder Person verkündet, offenbart es das letzte Fundament der Würde jedes Menschen, jeder Frau und jedes Mannes.“

Dr. Thorsten Paprotny (siehe Link) lehrte von 1998-2010 am Philosophischen Seminar und von 2010 bis 2017 am Institut für Theologie und Religionswissenschaft der Leibniz Universität Hannover. Er publizierte 2018 den Band „Theologisch denken mit Benedikt XVI.“ im Verlag Traugott Bautz und arbeitet an einer Studie zum Verhältnis von Systematischer Theologie und Exegese im Werk von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.

kath.net-Buchtipp
Theologisch denken mit Benedikt XVI.
Von Thorsten Paprotny
Taschenbuch, 112 Seiten
2018 Bautz
ISBN 978-3-95948-336-0
Preis 15.50 EUR


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