18. April 2023 in Interview
Bernhard Meuser im kath.net-Interview über den Katechetenkurs YOUNG MISSIO: „Wenn nicht jeder das einbringt, was er einbringen kann, hinterlassen wir unseren Kindern ein doktrinäres, ethisches und pastorales Trümmerfeld.“ Von Petra Lorleberg
Hochaltingen (kath.net/pl) „Wir werden uns in österlicher Freude mit voller Kraft für eine breite Allianz für Katechese und der Neuevangelisierung einsetzen, werden die Menschen sammeln, die da mitgehen und sind voller Zuversicht.“ Das erläutert der bekannte Theologe Bernhard Meuser im kath.net-Interview über das Projekt YOUNG MISSIO, einem Katecheten-Kurs für junge Katholiken zwischen 18 und 30 Jahren. Meuser, federführend sowohl beim internationalen YOUCAT-Projekt wie auch beim „Neuen Anfang“, engagiert sich für den Kurs in St. Ulrich/Hochaltingen (im Bistum Augsburg). Der Kurs, der dieses Jahr zum zweiten Mal startet, läuft über mehrere Wochenendtreffen und eröffnet spirituelle Vertiefung, Zugang zur kirchlichen Lehre und, wie es in der Selbstbeschreibung heißt: „Du bist mit Leuten zusammen, die wie Du missionarische Jünger sind und für das Evangelium brennen. Du entdeckst Deine Möglichkeiten und Fähigkeiten und bekommst die Tools, die Du für die Weitergabe des Glaubens einsetzen kannst.“
kath.net: Herr Meuser, Sie steigen gleich mit ZWEI Projekten, die zutiefst mit Ihrem eigenen Namen verknüpft sind, bei der YOUNG MISSIO ein: mit dem YOUCAT und mit der Initiative Neuer Anfang. Warum ist Ihnen persönlich die YOUNG MISSIO derart wichtig? Wer ist außerdem noch mit im Boot?
Meuser: Wir sind in einem neuen – man könnte sagen kirchengeschichtlichen – Stadium angekommen. Die Kirche ist von außen und (was noch schlimmer ist) von innen angegriffen wie seit der Reformation nicht mehr.
Wenn nicht jeder das einbringt, was er einbringen kann, hinterlassen wir unseren Kindern ein doktrinäres, ethisches und pastorales Trümmerfeld, das keinen jungen Menschen mehr anzieht.
Mit YOUNG MISSIO haben sich vier Institutionen zusammengeschlossen, um Katechese für junge Menschen anzubieten, die vom Evangelium her leuchtet und eine integrale Gestalt der Kirche vor Augen führt. Es geht um YOUCAT, Hochaltingen (Pater Buob), Jugend 2000 und „Neuer Anfang“.
kath.net: Nur wer selbst für Jesus brennt, kann das Feuer des Glaubens weitergeben, sagt man manchmal. Hat dieser Satz für Sie mit der YOUNG MISSIO zu tun?
Meuser: Die Missbrauchskrise in der Kirche in Deutschland ist letztlich Ausdruck einer tiefer liegenden Glaubenskrise. Robert Spaemann sagte gerne: „Die glauben nicht mehr, was sie glauben.“ Und dass wir in der Breite nicht mehr kämpfen für die Schönheit und Wahrheit des Glaubens, hat damit zu tun, dass „wir“ nicht mehr wissen, was das ist.
Und das wiederum hat mit dem skandalösen Ausfall echter Katechese zu tun.
Katechese ist dann gut, wenn diejenigen, die sie empfingen, für den Schatz des Glaubens - und das ist eine Person: Jesus - durchs Feuer gehen. Das Ziel guter Katechese ist der „missionarische Jünger“, wie in Papst Franziskus in „Evangelii Gaudium“ beschrieben hat. Wir brauchen ganz viele Leute, die nicht am Rande ein bisschen missionarisch ticken. Wir brauchen Menschen, die sagen: „Ich bin eine Mission auf dieser Erde, und ihretwegen bin ich auf dieser Welt.“ (EG 273)
kath.net: Manche nennen ja als Top-Themen unserer Kirche den Klimaschutz oder der Feminismus, oder Gender. Wie ordnen Sie diese Themen in ihrer Wertigkeit ein und was sehen Sie selbst als die absolut wichtigsten Themen für unsere Kirche an?
Meuser: Die Evangelischen Landeskirchen haben uns vielerorts die Transformation einer Kirche in eine humanistische NGO vorgespielt. Das müssen wir nicht nachspielen, zumal uns die einst machtvolle Institution gezeigt hat, wie man damit Kirchen strategisch leert. Natürlich ist Klimaschutz ein wahnsinnig wichtiges Thema, bei dem sich Christen nach Kräften engagieren sollten. Aber das ist nicht unser unique selling point. Da dilettieren wir nur. Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt (und vielleicht noch das Klima rettet), darüber aber seine Seele verliert.
kath.net: Sie nennen ausdrücklich die „Neuevangelisierung“? Haben Sie dazu Rückenwind von Papst Franziskus?
Meuser: Es gibt die verschiedensten konkreten Berührungspunkte mit Papst Franziskus. Erst im Januar haben wir ihn mit „neuer Anfang“ gesprochen, und der Heilige Vater hat gesagt, was er immer sagt: „Macht Neuevangelisierung ... der Rest wird euch dazugegeben.“ Demnächst wird bei YOUCAT ein Buch erscheinen zur Ehevorbereitung. Der Papst kennt das Projekt; er weiß, wie wir drauf sind, und er hat uns mit Freuden ein Vorwort zugesagt.
kath.net: Was sind das denn für junge Menschen, die sich auf diesen Kurs einlassen?
Meuser: Ich lasse mich überraschen. Das letzte Mal - YOUNG MISSIO wird ja zum zweiten Mal durchgeführt - hatten wir 30 junge Leute zwischen 18 und 30, wobei der junge Handwerker genauso dabei war wie die Psychologiestudentin oder die Betriebswirtin. Also ganz gewöhnliche Leute mit Sinn für das Außergewöhnliche. Der gemeinsame Nenner war die Sehnsucht, tiefer einzusteigen.
Übrigens haben vier junge Leute aus dem Kurs einen geistlichen Beruf ergriffen (was nicht Verdienst des Kurses sein muss). Eine junge Frau ging zu den Auerbacher Schulschwestern, eine andere wurde Dominikanerin, zwei junge Männer sind im Priesterseminar.
kath.net: Wären auch junge Frauen und Männer willkommen, die mitten in ihrem theologischen Studium stecken und einen kirchlichen Beruf anstreben? Wo berühren sich und wo unterscheidet sich die YOUNG MISSIO eigentlich von der offiziellen missio canonica?
Meuser: Durchaus. Ich würde sagen, dass das Vier-Schulen-Konzept alle in die Tiefe führt, die mitmachen – die Teilnehmer nicht weniger als ihre „Lehrer“. Es geht 1. um die Schule des Gebets (Pater Buob ist der beste Lehrer, den man sich vorstellen kann); 2. um die Schule des Glaubens (Heilige Schrift und Katechismus); 3. um die Schule des Lebens (jeder der Teilnehmer bekommt ein persönliches Mentoring/Coaching angeboten, das hilft die Charismen zu entdecken und sich zum optimalen Dienst zu befreien); 4. Um die Schule der Mission (wie kann ich meinen Glauben konkret weitergeben).
Wir sind keine Konkurrenz zur offiziellen „missio canonica“ – ein Instrument, das vielfach untauglich geworden ist durch das neue kirchliche Arbeitsrecht, wonach wir es plötzlich mit Profis zu tun haben, die alles zu wissen glauben, sich aber die Erlaubnis einholten, sich vom Sechsten Gebot zu dispensieren. Als Zeugen des Glaubens fallen sie aus, so viele Diplome sie auch in der Tasche haben.
kath.net: Seitens der Initiative „Neuer Anfang“, die wir bei kath.net ja mit Interesse und Zustimmung begleiten, nimmt die Kritik an der deutsch-synodal-schismatischen Kirche einen wichtigen Platz ein – darf ich diesen Ausdruck gebrauchen? Warum engagiert sich „Neuer Anfang“ nun bei einem solchen Projekt, das über die pure Kritik an den aktuellen Zuständen hinausgeht?
Meuser: Von Erich Kästner gibt es ein Gedicht, indem es heißt: „Herr Kästner, wo bleibt das Positive? Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt ...“ Nun, der neue Anfang wurde begründet als Projekt aus kirchlicher Zivilcourage; wir waren so eine Art basisdemokratische Initiative, die versucht hat der Selbst-Traumatisierung der Kirche durch Kritik und konstruktives Mitdenken zu begegnen.
Obwohl wir internationale Resonanz fanden und sich Tausende von Laien und Klerikern - sogar Kardinäle wie Koch und Kasper – unserer Sichtweise der Dinge anschlossen oder ähnlich urteilten, wurde unser Diskursangebot nicht angenommen.
Die offiziellen kirchlichen Medien hatten offenkundig Stallorder, uns nach Kräften zu ignorieren. Wir kamen nicht vor. Uns gab es nicht.
Nun ist der Scherbenhaufen perfekt. Wie sagte doch Bert Brecht: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Deshalb werden wir unsere Kritik keinen Meter zurückfahren. Wir werden der Kirche des kollektiven Ungehorsams, wie sie sich gerade im „Synodalen Ausschuss“ etabliert, weiterhin genau zusehen und uns nicht davon abhalten lassen, weltweit zu kommunizieren, was da abgeht.
Aber Kritik kann nicht das Ende sein; und der Schmollwinkel ist nicht unsere Ecke. Wir werden uns in österlicher Freude mit voller Kraft für eine breite Allianz für Katechese und der Neuevangelisierung einsetzen, werden die Menschen sammeln, die da mitgehen und sind voller Zuversicht. Der Rat des Gamaliel wird sich an der ganzen Kirche bewähren: „-... wenn dieses Werk von Menschen stammt, wird es zerstört werden; stammt es aber von Gott so könnt ihr sie nicht vernichten.“ (Apg 5,39)
kath.net: Für ein so wichtiges Projekt wie dem Aufbau junger Menschen als Jesus-Zeugen und Glaubensboten, als Katecheten erhalten Sie doch hoffentlich satte Kirchensteuergeld-Unterstützung? Oder, hm, sollte ich aus der Kenntnis der „real existierenden Kirche in Deutschland“ besser davon ausgehen, dass Kirchensteuergelder für vieles zur Verfügung stehen, aber genau DAFÜR nicht?
Meuser: Da täuschen Sie sich. Die Kirchensteuer ist verplant. Wir müssen uns selbst finanzieren, wobei das Meiste ehrenamtlich beigetragen wird. Und auch die jungen Leute, die kommen, müssen in die Tasche greifen. Manchmal denke ich: das ist providentiell so. Schauen sie sich doch um: Vieles, fdas heute Ausstrahlung hat, verdankt sich Initiativen aus freier Loyalität zu Jesus und seiner Kirche. Und viele satt finanzierten Projekte sind unfruchtbar oder fahren mit Krachen an die Wand.
kath.net: Doch zurück zur Ebene des Glaubens: Inwieweit erwächst die YOUNG MISSIO aus dem Gebet „gestandener“ Christen – und inwieweit bietet sie den Teilnehmern selbst die Erfahrung zur Vertiefung der je persönlichen Gebetspraxis an?
Meuser: Das ist ein essentieller Punkt. Das Gebet für ein Projekt ist keine Nebensache, sondern der Anfang aller Dinge. Alles Gute, was in der Kirche geschieht, ist Frucht des Gebetes – ist etwas Geschenktes, und oft ist es ein ganz unverhofftes Geschenk, das eine Schwäche in eine Stärke verwandelt.
Christen sind Leute, die sich sagen: Du hast keine Chance, aber die Aussicht auf Wunder.
Ich denke immer an Mutter Teresa: „1973 entschieden wir, täglich eine Stunde Anbetung zu halten. Seitdem wir damit begonnen haben, ... ist unsere Liebe zu Jesus inniger geworden, unsere gegenseitige Liebe verständnisvoller, unsere Liebe zu den Armen mitleidiger, und wir haben die Zahl der Berufungen verdoppelt. Gott hat uns gesegnet ...“
kath.net: Es geht also konkret darum, die teilnehmenden jungen Menschen zur direkten Beziehung zu Jesus Christus zu ermöglichen, gemäß der Lehre der Kirche, erlebbar z.B. in den Sakramenten? Und dazu, ihnen zur Sprachfähigkeit darüber zu helfen?
Meuser: So ist es.
Link zur Einladung zum Kurs YOUNG MISSIO auf der Website von „Neuer Anfang“
Archivofotos: Links die Teilnehmer des letztjährigen YOUNG MISSIO-Kurses (c) Alexander von Lengerke - Rechts: Bernhard Meuser (c) privat
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