10. Mai 2023 in Aktuelles
Zwei Kirchenoberhäupter standen der Generalaudienz am Mittwoch im Vatikan vor - Koptischer Stufenplan zur Kircheneinheit
Vatikanstadt (kath.net/KAP) Zwei Kirchenoberhäupter standen der Generalaudienz am Mittwoch im Vatikan vor. Neben Papst Franziskus war auch Koptenpapst Tawadros II. am Altar vor dem Petersdom anwesend. Anlass des Besuchs war der 50. Jahrestag der ersten Begegnung zwischen einem Bischof von Rom und einem koptisch-orthodoxen Patriarchen: Papst Paul VI. (1963-1978) und Kopten-Oberhaupt Schenuda III. (1971-2012). Papst Franziskus hatte Tawadros II. zu dieser Gelegenheit nach Rom eingeladen.
In einer kurzen Ansprache zu Beginn der Audienz dankte Franziskus dem Patriarchen für dessen Engagement für die wachsende Freundschaft zwischen der koptisch-orthodoxen und der katholischen Kirche. Auch Tawadros II. verlas ein kurzes Grußwort auf Arabisch. Am Ende der Audienz spendeten beide nacheinander den Schlusssegen.
Auf die bei der Generalaudienz sonst übliche Auslegung des Evangeliums verzichtete der Papst spontan. Auf dem regnerischen Petersplatz ging er direkt zu den Pilgergrüßen auf verschiedenen Sprachen über. Dabei bat er die Gläubigen, im Marienmonat Mai den Rosenkranz für den Weltfrieden zu beten, insbesondere für die Menschen in der Ukraine.
Privates Treffen am Donnerstag
Am Donnerstag ist ein privates Treffen zwischen dem Koptenpapst und Franziskus im Vatikan geplant. Es ist nicht die erste Begegnung der beiden. Schon zum 40. Jahrestag 2013 besuchte Tawadros II. Papst Franziskus im Vatikan. Franziskus traf den Patriarchen 2017 in Kairo.
Orthodoxe Kopten stellen die Mehrheit der ägyptischen Christen. Angaben über Mitgliederzahlen der altorientalischen Kirche schwanken zwischen acht und zwölf Millionen. Schätzungen zufolge sind insgesamt zwischen zehn und vierzehn Prozent der rund 104 Millionen Einwohner Ägyptens Kopten. Etwa 100.000 leben zudem in Italien. Mit einigen Gläubigen seiner Gemeinschaft wird Tawadros II. am kommenden Sonntag in der Päpstlichen Lateranbasilika einen Gottesdienst feiern.
Stufenplan zur Kircheneinheit
Im Vorfeld seines Rom-Besuchs nannte Patriarch Tawadros II. vier wesentliche Schritte auf dem Weg zur christlichen Einheit. Er äußerte sich laut dem "Pro Oriente"-Informationsdienst in einem kurzen Video, das über die offiziellen Kanäle des koptisch-orthodoxen Patriarchats veröffentlicht und vom vatikanischen Pressedienst "Fides" aufgegriffen wurde.
Der erste Schritt besteht laut Tawadros II. in der Erkenntnis, dass die Einheit zwischen Christen verschiedener Konfessionen "nur in der gemeinsamen Liebe in Christus" gedeihen kann. Der Patriarch, der auch den Titel "Papst" führt, definiert die Einheit der Christen deshalb auch als "Einheit in Liebe", die nur erfahren werden könne, wenn man den Lehren und Schritten Jesu folge. Dabei betont Tawadros II. auch, dass es nach Jahrhunderten der Spaltung Zeit brauche, um den Weg zur vollen Einheit zu finden. Es brauche gegenseitiges Vertrauen und den aufrichtigen Wunsch zur Einheit.
Der zweite Schritt sei das gegenseitige Studium der jeweiligen Lehre und Geschichten bzw. Traditionen der verschiedenen Kirchen. Im dritten Schritt - dem Dialog - sollten die zuvor deutlich gewordenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede erörtert werden. So könne man erkennen, dass die Kirchen zwar den gleichen Glauben teilten, diesen aber sprachlich teils unterschiedlich ausdrückten. Dieses Problem bestehe seit dem "unglückseligen Konzil von Chalcedon" im Jahr 451. (Anm.: In Folge des Konzils von Chalcedon war es im Streit um das Verhältnis zwischen wahrem Gott-Sein und wahrem Mensch-Sein Jesu Christi zu einer von im Laufe der Kirchengeschichte mehreren Kirchenspaltungen gekommen.)
Der vierte wesentliche ökumenische Schritt besteht für den koptischen Papst schließlich im Gebet. "Wenn wir diese vier Schritte tun", so Patriarch Tawadros, "gelangen wir zum Herzen Christi und gehen Hand in Hand. Dies sind die Kriterien, die uns in unseren Beziehungen zu allen Kirchen der Welt leiten".
(forts. mgl.) gut/rme/
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