Indischer Bischof besorgt über Einfluss von Hindunationalisten

13. Mai 2023 in Aktuelles


"Prinzip der BJP ist es, zu spalten und zu herrschen" - Emeritierter Bischof Lobo besorgt über wachsende Radikalisierung und antichristliche Spannung in vielen Teilen des Landes.


Wien/Neu-Delhi (kath.net/ KAP)
Seine Sorge über eine wachsende antichristliche Radikalisierung in vielen Regionen Indiens und die Rolle der seit knapp einem Jahrzehnt regierenden hindunationalistischen BJP-Partei dabei, hat der katholische Bischof Salvadore Lobo (78) zum Ausdruck gebracht. "Das Prinzip der BJP ist es, zu spalten und zu herrschen", sagte der emeritierte Bischof von Baruipur dem internationalen Hilfswerk "Kirche in Not". Obwohl das Christentum seit fast 2.000 Jahren in Indien präsent sei, würden die Christen von radikalen Hindus oft als nicht-indisch dargestellt. Das Narrativ werde genutzt, um Wahlen zu gewinnen, Ergebnis sei aber eine anhaltende antichristliche Spannung in vielen, wenn auch nicht in allen Teilen des Landes, teilte "Kirche in Not" (Freitag) in Wien mit.

"Hindus und Muslime gehen nicht regelmäßig in ihre Tempel oder Moscheen. Sie beten im Allgemeinen in ihren Familien. Da unsere Kirchen aber wöchentlich und manchmal sogar täglich voll sind, entsteht der Eindruck, dass wir zahlreicher sind, als wir in Wirklichkeit sind. Das macht uns zur Zielscheibe für diese Art von Diskriminierung", erklärte Bischof Lobo, der ein langjähriger Projektpartner von "Kirche in Not" ist.

Anti-Konversionsgesetze
Ein großes Problem sind laut Lobo die in einigen indischen Bundesstaaten geltenden Anti-Konversionsgesetze. Sie würden als Deckmantel für die Diskriminierung von Christen missbraucht. "Bestimmte Parteien beschuldigen zwar die Kirche der Abwerbung von Gläubigen, aber in den letzten 30 Jahren hat die Kirche in Indien prozentual nicht zugenommen. Es gibt keine Abwerbung", erklärte der Bischof. Die Gesetze besagten klar, dass Zwangsbekehrungen verboten sind. "Die Kirche tut das nicht."

Radikale Hindus würden den Missionaren dennoch vorwerfen, dass diese Menschen im Tausch gegen Lebensmittel oder Geld bekehren, schilderte Lobo. Gleichzeitig hätten sie aber kein Problem mit den riesigen Sozialprojekten der Kirche, darunter Krankenhäuser, Schulen und Hilfsorganisationen, die sich um Tausende von Menschen kümmern. Lobo: "Kürzlich besuchte ich ein katholisches Krankenhaus in Bangalore, in dem täglich etwa 3.000 Patienten ambulant behandelt werden. Die meisten von ihnen sind keine Christen, aber sie nehmen weite Wege auf sich, um dort behandelt zu werden. Unsere Krankenhäuser werden sehr geschätzt, weil die Patienten wie Menschen behandelt werden. Dennoch wird uns immer wieder vorgeworfen, dass wir deswegen Menschen abwerben."

Die Anti-Konversionsgesetze könnten zudem für persönliche Rachefeldzüge genutzt werden, wies der Bischof hin. "Wenn ich beschuldigt werde, muss ich beweisen, dass das nicht stimmt, und das kostet viel Zeit, Energie und Geld, denn Anwälte sind teuer", sagte Lobo.

Obwohl laut dem Bischof die Lage für Christen in einigen Teilen des Landes sehr schwierig ist, stünden die Dinge etwa in Bengalen, wo sich seine ehemalige Diözese befindet, viel besser, und es herrsche dort derzeit interreligiöse Harmonie.

Trotz seiner Besorgnis über antichristliche Äußerungen aus den Reihen der BJP, die bei den nächsten Wahlen im Jahr 2024 wieder auftauchen könnten, räumte Lobo zudem ein, dass die indische Regierung in anderen Bereichen, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht, gute Arbeit leiste. Verbunden mit der mangelnden Organisation der Oppositionsparteien könne dies zu einem weiteren Sieg der Hindunationalisten führen.

In Indien gibt es immer wieder interreligiöse Spannungen, die nicht selten auch zu tödlicher Gewalt führen. Im Land gibt es eine deutliche Hindu-Mehrheit, Muslime machen etwa 14 Prozent der Bevölkerung aus. Der christliche Bevölkerungsanteil liegt laut "Kirche in Not" bei knapp über 2 Prozent. Trotz ihrer geringen Zahl sind Christen häufig Ziel von Angriffen. Erst vor wenigen Tagen führte ein Konflikt zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen im indischen Bundesstaat Manipur zu Gewalt zwischen Hindus der Mehrheitsgruppe der Meitei und überwiegend christlichen Stammesgemeinschaften. Bei den Zusammenstößen wurden Dutzende Menschen getötet und mehrere Kirchen niedergebrannt.

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