15. Juni 2023 in Spirituelles
Kardinal in Fronleichnamspredigt: „Das Fest des Leibes und Blutes Christi will uns lehren, anzubeten, zu verehren und in wortloser Ehrfurcht vor dem großen und unvorstellbaren Geheimnis niederzufallen.“
Stockholm (kath.net/pl) kath.net dokumentiert die Predigt von Kardinal Anders Arborelius/Stockholm zum Hochfest des Leibes und Blutes Christi 2023 in voller Länge in eigener Übersetzung – Arbeitsübersetzung © kath.net
Jesus möchte uns um jeden Preis so nahe wie möglich kommen. Er möchte für immer in uns bleiben. Er möchte uns helfen, in jedem Moment unseres Lebens in Ihm zu bleiben. Er möchte uns im Voraus das ewige Leben zukommen lassen. Jesus und wir sind unzertrennlich. Deshalb hat er sich uns in der Eucharistie hingegeben. „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“ (Joh 6,51). Jesus kommt immer wieder darauf zurück: „Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.“ (Joh 6,58). Wir können die Tiefe der Liebe Jesu zu uns nicht verstehen, wenn wir uns nicht von der Eucharistie nähren und verwandeln lassen. Jesus möchte uns an seiner eigenen Liebe teilhaben lassen, damit sie unsere eigene wird, von ihr lebt und sie an jeden Menschen weitergeben kann, den er uns schickt. Es ist diese eucharistische Liebe, die das gesamte Leben der Kirche sowie unser persönliches Leben als Christen prägen sollte.
Wir sprechen sowohl von der Kirche als auch von der Eucharistie als dem Leib Christi. Zwischen der Kirche und der Eucharistie besteht eine tiefe und unauflösliche Verbindung. Die Eucharistie ist das Sakrament der Kirche, und die Kirche wird durch die Eucharistie geboren und unaufhaltsam genährt. „Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi?“, fragt Paulus rhetorisch, und er selbst antwortet: „Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot.“ (1 Kor 10,16-17). Durch die Eucharistie werden wir sowohl eins miteinander in der Kirche als auch eins mit Jesus in der Kirche. In der Eucharistie nimmt das ewige Leben in der Herrlichkeit Gottes bereits Gestalt an. Wir wissen bereits jetzt, woran wir am ewigen Leben teilhaben sollen. Es ist unsere große Aufgabe, diese Einheit der Liebe in unseren Gemeinden konkret und sichtbar darzustellen. Deshalb wird manchmal scherzhaft gesagt, der Kirchenkaffee solle wie ein „achtes Sakrament“ sein. Die eucharistische Liebe muss uns verbinden und in unserer gegenseitigen Gemeinschaft, aber auch in unserem Engagement für die Außenstehenden sichtbar werden. Sie müssen wirklich die Liebe Christi durch uns, die wir zum mystischen Leib Christi, der Kirche, gehören, erfahren und Kraft und Inspiration von seinem eucharistischen Leib empfangen. Nur so können wir glaubwürdige Zeugen des Leibes Christi werden.
Gleichzeitig mit der bevorstehenden Ewigkeit durch die Eucharistie werden wir in die Geschichte zurückgeworfen, in das Leiden und Sterben Jesu am Kreuz. „In diesem wunderbaren Sakrament hast du uns eine Erinnerung an dein Leiden hinterlassen“, beteten wir im heutigen gemeinsamen Gebet. Der Begriff der Erinnerung (hebr. zikkaron. griech. anamnesis, lat. memoriale) ist in der biblischen Denkweise von großer Bedeutung. Für die Menschen der Bibel sind Gottes große Taten in der Heilsgeschichte auf sakramentale Weise gegenwärtig, um uns hier und jetzt an Gottes Heil teilhaben zu lassen. Die frommen Juden glauben, dass die Befreiung des Volkes aus der Sklaverei in Ägypten zu Ostern sakramental gegenwärtig wird. Die gläubigen Christen glauben, dass das erlösende Leiden Jesu bei jeder Feier der Eucharistie sakramental gegenwärtig wird. Deshalb beten wir auch im gemeinsamen Gebet: „Lasst uns in Ehrfurcht das Geheimnis deines Leibes und deines Blutes feiern, damit wir in unserem Leben immer wieder die Früchte deiner Erlösung erfahren.“ Durch die Güte Gottes können wir diese Früchte erleben und schmecken, wenn wir die Eucharistie empfangen, und in eine immer tiefere Verbindung mit Jesus hineinwachsen, der mit all seiner rettenden Gnade und heiligenden Liebe in der Eucharistie zu uns kommt.
In der Eucharistie sehen wir, dass der große rettende Transformationsprozess in vollem Gange ist, der eines Tages dazu führen wird, dass Gott alles in allem wird. In der Eucharistie werden materielle Dinge, Brot und Wein, in den verherrlichten Leib und das Blut Christi verwandelt. Deshalb bekommen wir dort einen Vorgeschmack auf die himmlische Realität, das Hochzeitsmahl, bei dem der Bräutigam Christus völlig mit der Braut, der Kirche, vereint ist. All dies übersteigt natürlich alles, was wir begreifen und verstehen können. Daher können wir die Begegnung mit Christus in der Eucharistie nie vollständig erfassen. Sie überragt und übertrifft alles, was wir erleben, fühlen und erleben können. Genau dies müssen wir lernen zu akzeptieren. Heutzutage sind die Menschen oft so erpicht darauf, die Realität zu erleben, die sich auf das reduziert, was ich aus ihr herausholen kann, auf das, was ich fühlen kann, auf meine Erfahrung. Deshalb ist es so wichtig, dass wir lernen anzubeten, uns in großer Ehrfurcht vor dem niederzubeugen, was unendlich größer ist als alles, was wir begreifen können: Gottes eigenes Geheimnis, das uns in der Eucharistie so nahe kommt. Diese Dimension, die Anbetung, ist für Menschen, die von einem eher individualistischen und konsumorientierten Zeitgeist geprägt sind, nicht so einfach zu erfassen. Gleichzeitig gibt es tief im Menschen eine Sehnsucht, einen Durst nach dem Gott, der größer und wunderbarer ist und alles andere übersteigt.
Das Fest des Leibes und Blutes Christi will uns gerade lehren, anzubeten, zu verehren und in wortloser Ehrfurcht vor dem großen und unvorstellbaren Geheimnis niederzufallen, dass der unendlich hohe Gott in Jesus Christus, der in den Gestalten von Brot und Wein zu uns kommt, Fleisch werden wollte. „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.“ (Joh 6,51). Die Eucharistie möchte eine lebensspendende Kraft für die ganze Welt werden. Diese missionarische und evangelisierende Kraft der Eucharistie wird in der sakramentalen Prozession besonders deutlich. Der eucharistische Christus möchte alles und jeden segnen. Er möchte alles und jeden verändern. Er möchte die Welt mit seiner Liebe durchdringen. Er möchte das gesamte Universum mit seinem Licht und seiner Wahrheit erleuchten. Er möchte mit seiner Erlösung alles erreichen, was existiert. Wenn wir Jesus bei der Prozession begleiten, gehen wir mit ihm auf dem Weg zur vollen und ewigen Herrlichkeit.
Gleichzeitig wollen wir Jesus und seine Botschaft in unsere gesamte Gesellschaft bringen. Niemand darf von Jesus ferngehalten und daran gehindert werden, Jesus zu treffen. Wenn wir vor Jesus im Allerheiligsten Sakrament des Altars auf dem Medborgarplatsen niederfallen, möchten wir die gesamte Bevölkerung Stockholms in diesen Gottesdienst einbeziehen. Auf stellvertretende Weise können wir Jesus die Anbetung und Liebe erweisen, die ihm immer gebührt. Ebenso müssen wir vor allen niederknien, die seine Sehnsucht nach denen, die er mit seiner Gnade und Liebe überschütten will, noch nicht genau verstanden haben.
Kardinal Arborelius und Papst Franziskus: Archivbild
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