2. Juli 2023 in Aktuelles
Franziskus: Wie steht wes um mein Zeugnis, um meine Prophetie? Jeder von uns muss von den anderen lernen. Von Armin Schwibach
Rom (kath.net/as) Angelus mit Papst Franziskus auf dem Petersplatz am dreizehnten Sonntag im Jahreskreis: „wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert. Wer das Leben findet, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es finden“.
Im Evangelium dieses Sonntags (Mt 10, 37–42) sage Jesus: „Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten“ (Mt 10,41). Er spreche von einem Propheten. „Doch wer ist der Prophet?“, fragte sich der Papst. Manche stellten ihn sich als eine Art Magier vor, der die Zukunft voraussage. Das sei eine abergläubische Vorstellung, und Christen glaubten nicht an Aberglauben wie Magie, Kartenlegen, Horoskope oder Ähnliches. Andere stellten den Propheten nur als eine Gestalt aus der Vergangenheit dar, die vor Christus existiert habe, um sein Kommen anzukündigen. Doch Jesus selbst spreche heute von der Notwendigkeit, Propheten willkommen zu heißen. Es gebe sie also noch, „aber wer sind sie?“.
Prophet sei jeder von uns: „In der Tat haben wir alle mit der Taufe die Gabe und die Sendung der Prophetie empfangen“ (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 1268). Prophet sei derjenige, der kraft der Taufe den anderen helfe, die Gegenwart unter dem Wirken des Heiligen Geistes zu lesen, die Pläne Gottes zu verstehen und ihnen zu entsprechen. Mit anderen Worten, es handle sich um denenigen, der die anderen auf Jesus hinweise, der von ihm Zeugnis ablege, der ihnen helfe, heute zu leben und das Morgen nach seinen Plänen zu gestalten. Deshalb seien wir alle Propheten, Zeugen Jesu, „damit die Kraft des Evangeliums im alltäglichen Familien- und Gesellschaftsleben aufleuchte“ (vgl. Lumen Gentium, 35).
Der Prophet sei ein lebendiges Zeichen, das Gott den anderen zeige, ein Abglanz des Lichts Christi auf dem Weg der Brüder und Schwestern. So könnten wir uns fragen: „Spreche und vor allem lebe ich, der ich in der Taufe zum ‚Propheten erwählt’ worden bin, als Zeuge Jesu? Bringe ich etwas von seinem Licht in das Leben eines Menschen? Prüfe ich mich selbst daraufhin? Frage ich mich: Wie steht wes um mein Zeugnis, um meine Prophetie?“.
Der Herr bitte uns im Evangelium auch, die Propheten aufzunehmen. Deshalb sei es wichtig, einander als solche aufzunehmen, als Träger der Botschaft Gottes, jeder nach seinem Stand und seiner Berufung, und zwar dort, wo wir lebten: in der Familie, in der Pfarrei, in den Ordensgemeinschaften, in den anderen Bereichen der Kirche und der Gesellschaft. Der Geist habe die Gaben der Prophetie im heiligen Volk Gottes verteilt. Deshalb sei es gut, auf alle zu hören. Deshalb sei es gut, alle anzuhören: „Wenn zum Beispiel eine wichtige Entscheidung ansteht, ist es gut, zunächst zu beten, den Geist anzurufen, dann aber zuzuhören und in den Dialog zu treten, im Vertrauen darauf, dass jeder, auch der Kleinste, etwas Wichtiges zu sagen hat, eine prophetische Gabe, die er weitergeben kann“. Auf diese Weise suchten wir nach der Wahrheit und verbreiteten ein Klima des Hörens auf Gott und auf unsere Brüder und Schwestern, in dem sich die Menschen nicht nur willkommen fühlten, „wenn sie sagen, was mir gefällt, sondern sich als Gaben angenommen und geschätzt fühlen, so wie sie sind“.
„Denken wir daran“, so Franziskus abschließend, „wie viele Konflikte auf diese Weise vermieden und gelöst werden könnten, wenn wir dem anderen mit dem aufrichtigen Wunsch zuhören würden, ihn zu verstehen“.
„Fragen wir uns schließlich“, so der Papst: „Verstehe ich es, wie ich die Brüder und Schwestern als prophetische Gaben annehmen kann? Glaube ich, dass ich sie brauche? Höre ich ihnen mit Respekt zu, in dem Wunsch zu lernen? Denn ein jeder von uns braucht es, von den anderen zu lernen“.
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