7. Juli 2023 in Kommentar
Was wundern uns eigentlich noch die vielen Kirchenaustritte? Die katholische Kirche selbst arbeitet seit Jahren (in Deutschland und anderswo) genau daran - BeneDicta am Freitag von Dorothea Schmidt
Regensburg (kath.net)
Was wundern uns eigentlich noch die vielen Kirchenaustritte? Die katholische Kirche selbst arbeitet seit Jahren genau daran. Erst hat sie verpasst, gute Glaubensbildung zu betreiben, die Theologie hat sich peu à peu vom Kern entfernt und Gläubige um eine Christusbeziehung gebracht. Jetzt ist sie im Begriff, sich aufzulösen im Cocktail ideologischer Gefühlsduselei. Sie frönt durch Absage an Moral und Ethik dem Heidentum und biedert sich an den Staat an.
Statt für die Menschen da zu sein, hat die Kirche in der Corona-Zeit sogar ihre Tore geschlossen und Menschen die Eucharistie verwehrt. Für Kranke war sie schlicht und ergreifend nicht da — die sind einsam und allein gestorben —, sie hat weder getauft noch verheiratet. Kurz: Sie hat die Menschen im Stich gelassen. Dem Staat und generell der Welt zu gefallen und gelobt zu werden stand und steht höher im Kurs.
Und nun scheint es so, als hätte die katholische Kirche in Deutschland, von wenigen Ausnahme-Bischöfen abgesehen, nichts mehr zu sagen, außer: Widersetzt euch Rom, macht euer Ding, segnet gleichgeschlechtliche Paare, verabschiedet euch von der Schöpfungsordnung, degradiert Frauen zur weiblichen Reproduktionsrolle, weiht sie zu Priesterinnen, aber schafft das Priestertum ab —Widerspruch hin oder her — und besteigt die „Chefsessel“ der Bischöfe. Die neue Froh-, nein Spaßbotschaft lautet: Genießt das Leben! Gott hat den Sex gewollt: Also ran an die Damen und Herren, geweiht oder ungeweiht — Hauptsache, beide (oder mehrere?) stimmen zu.
Man möchte meinen, die Kirche kennt sich selber nimmer. Sie versumpft im Nihilismus, als würde sie dies wieder salonfähig machen. Die Fakten sprechen eine andere Sprache: Die katholische Kirche in Deutschland hat 2022 fast 523000 Gläubige verloren. Und dieser Trend wird anhalten, gelingt der Kirche der Ausstieg aus dem Sumpf nicht. Was zieht, ist nur und noch mal Christus selbst. Den übersieht man nur leicht, wenn man auf einem zu hohen Ross sitzt (selbst im Sumpf noch).
Noch einmal: Kein Wunder, dass einem die Menschen davonlaufen! Bei Kirchens manipuliert und diffamiert man bald besser als in der Politik, der man in die Hände spielt. Bischöfe dreschen aufeinander ein. Besonders diejenigen holen zu Urteilen aus, die selber einiges auf dem Kerbholz haben. So Bischof Bätzing. Er, der sich wegen einiger Fehlverhalten in der Missbrauchsaufarbeitung verantworten muss, redet nach eigenem Bekunden auf seinen Kölner Amtsbruder ein „wie auf ein totes Pferd“. Während Gerichte Woelki kein Fehlverhalten attestieren und Vorwürfe noch einmal prüfen, findet Bätzing, Woelki habe in Sachen „Missbrauch“ versagt und wohl nicht verstanden, dass es besser wäre, endlich von der Bühne abzutreten.
Warum tritt Bätzing als Vorsitzender der deutschen Bischöfe nicht vorbildlich selber zuerst ab, sondern beteiligt sich mit seiner alles andere als reinen Weste an dieser von katholischen (?) Medienmachern und Mitgläubigen (aus dem Ordinariat?) geführten medienwirksamen Kampagne gegen den Kardinal, dessen Hauptvergehen es offensichtlich zu sein scheint, wahrhaft katholisch zu sein. Bei der Hausdurchsuchung neulich soll ein Bistumsinsider zum einkassierten Handy und Laptop gesagt haben, man werde jetzt bald in weitere Abgründe schauen.
Wir schauen bereits in Abgründe, in die Abgründe des unchristlichen Miteinanders, das selbst Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit ignoriert. Das hat nicht einmal mehr den Hauch von Ethik. Das gesamte Vorgehen ist zudem absurd und grotesk — und zeigt das ganze Drama: Es wird Krieg geführt gegen die von Jesus etablierte Kirche. Und diesen Krieg führen Menschen aus den eigenen Reihen, mit unter anderem Bätzing an der Spitze. Er sagte selbst einmal, die Umsetzung synodaler Beschlüsse würde nicht mehr Menschen in die Kirche treiben.
Da lag er ausnahmsweise goldrichtig. Aber was ist dann seine Motivation? Wenn Kirche nicht mehr ist, was sie sein soll, Hirten nicht da sind für die Gläubigen, sie nicht leiten, sondern irreführen und einander anpöbeln, wenn Missbrauchsaufarbeitung nur dazu dient, eigene Fehler zu vertuschen, und man dafür Unschuldige mobbt, dann laufen die Menschen natürlich davon.
Das einzig Gute daran ist, wenn man das überhaupt so sagen kann, dass knapp 300 Euro weniger pro Jahr und Ausgetretenen in den Händen von Lobbyisten und Propagandisten landen, die statt zu missionieren der eigenen Kirche an den Kragen gehen. Und irgendwie gar nicht merken, wie die katholische Kirche unter ihren eigenen Händen gerade zerbröselt.
Joseph Ratzinger hat das kommen sehen. Bereits 1958 sagte er: „Das Erscheinungsbild der Kirche der Neuzeit ist wesentlich davon bestimmt, dass sie auf eine ganz neue Weise Kirche der Heiden geworden ist und noch immer mehr wird: nicht wie einst, Kirche aus den Heiden, die zu Christen geworden sind, sondern Kirche von Heiden, die sich noch Christen nennen, aber in Wahrheit zu Heiden wurden.“
Und diese Heiden erheben Mehrheitsmeinung zur Meinung des Heiligen Geistes. Der sensus fidei fidelium könne nicht irren, so heißt es in einem Text des synodalen Weges. Doch, er irrt sehr schnell, wenn er sich über das Lehramt stellt. Dieser in den Konzilstexten aufgeführte Aspekt wurde sauber weggelassen: Der Glaubenssinn des Volkes steht unter dem Lehramt und nicht über ihm.
Für Ratzinger stand fest, dass die Kirche immer wieder die Anstrengung unternehmen müsse, „sich von dieser ihrer Verweltlichung zu lösen und wieder offen auf Gott hin zu werden“, wolle sie ihrem eigentlichen Auftrag genügen. Junge Menschen wies er an, „die jungen Männer und Frauen zu evangelisieren, die in dieser Welt umherirren wie Schafe, die keinen Hirten haben“. Sie sollten andere einladen, „den Glauben, die Hoffnung und die Liebe zu erfahren und Jesus zu begegnen, um sich wirklich geliebt und angenommen zu fühlen, mit der vollen Möglichkeit, sich zu verwirklichen“.
Gott sei Dank haben wir noch Hirten, die derselben Meinung sind. Kardinal Woelki und drei weitere Bischöfe, die ihr Veto gegen den Synodalen Ausschuss eingelegt haben, büßen nun dafür mit dem weißen Martyrium. Das macht Mut! Diese vier Bischöfe haben gezeigt, was es heißt Bischof und Hirte zu sein: Jesu Gesandter statt Souverän. Sie handeln im Auftrag Jesu, nicht nach eigenem Gutdünken oder nach dem Willen des Volkes, sondern nach dem Willen Gottes. Sie sind Hüter der Überlieferung und allein Gott verpflichtet. Und sie sollen uns für das Mitwirken im Reich Gottes vorbereiten, indem sie uns die Sakramente erklären und spenden, uns mahnen und trösten, uns die Lehre erklären und ermutigen, in die Fußstapfen Jesu zu treten und vor allem: Ihn kennen zu lernen und in unser Herz herein zu lassen. Die zu überbringende Botschaft ist größer als der Bischof, brachte es Ratzinger auf den Punkt. „An dieser Treue wird er gemessen, sie ist sein Auftrag.“ Bischöfe müssen die Wahrheit verkünden. Erst, wenn sie es nicht mehr tun, bleiben sie von Verfolgungen verschont.
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