26. Juli 2023 in Deutschland
„idea“-Redaktionsleiterin Städter: „Perverse Welt“, in der Lehrer davor warnen, dass Jugendliche via Handy „immer mehr pornografisches Material konsumieren“, aber in Nürnberg Kinder für solche Bilder „nur noch in eine Kirche gehen“ müssten
Nürnberg (kath.net) Mit nachvollziehbarem Unverständnis reagierte die Redaktionsleiterin der Evangelischen Nachrichtenagentur „idea“, Daniela Städter, auf eine pornografische „Kunst“ im Kirchenraum der historischen Nürnberger Egidienkirche (Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern). Die evangelisch-lutherische Gemeinde beteiligte sich am Christopher Street Day in Nürnberg mit einer Ausstellung von Bildern unter dem Titel „Jesus liebt“, die der Regisseur, Professor und Aktivist Rosa von Praunheim eigens für diese Veranstaltung gestaltet hatte. In ihrem Kommentar „Pornografie in der Kirche“ schildert Städter, dass auf einer Collage mit dem Titel „Ficken für den Frieden“ mehrere nackte junge Männer zu sehen seien, zwei davon vollzögen gerade Geschlechtsverkehr. Auch auf einem weiteren Bild seien „masturbierende und kopulierende Männer zu sehen, einer berührt dabei Jesus. Ein Mann hat den erigierten Penis eines anderen Mannes in seinem Mund. Von oben schauen liebliche Putten mit kindlich-unschuldigen Gesichtszügen der Szenerie zu.“ Die „idea“-Redaktionsleiterin kommentiert: „Diese Bilder wirken so pornografisch, dass wir sie hier im Original nicht zeigen wollen.“ Städter zitiert von der Website der Egidienkirche zu dieser Ausstellung: „Der CSD Verein e.V. Nürnberg und die Kulturkirche St. Egidien zeigen zu den diesjährigen Prideweeks Werke, in denen Rosa von Praunheim sich gewohnt pointiert, kritisch und unverblümt mit repressiver Religion, befreiter Sexualität und einem Jesus beschäftigt, der liebt, weil er lebt.“
Doch sei es „eine perverse Welt“, so Städter, in der Lehrer zwar davor warnen, dass Jugendliche via Smartphone „immer mehr pornografisches Material konsumieren“, aber in Nürnberg Kinder für solche Bilder „nur noch in eine Kirche gehen“ müssten. Die zwei kleinen Schilder „Adults only“, die davor aufgestellt seien, würden „das Interesse gerade von Heranwachsenden noch steigern“.
„Die Kirche in Nürnberg wird zu einem Raum blasphemischer Provokation. Was für ein Umgang mit einem Ort, an dem die Gegenwart Gottes gefeiert wird“, kritisiert Städter wörtlich.
In einem Folgeartikel berichtet „idea“, dass die Ausstellung derzeit geschlossen ist. Eine „idea“-Presseanfrage an den Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, erbrachte als Antwort der zuständigen Pressestelle nur, dass Bedford-Strohm über diese Ausstellung nicht informiert gewesen sei und sie nicht kenne. Darum werde er sich dazu nicht äußern.
Die Gemeinde informiert inzwischen mit einem vom Pfarrer unterschriebenen Zettel an der Kirchentür: „Aufgrund der öffentlichen und internen Reaktionen auf unsere Ausstellung treten wir als Gemeinde in einen Prozess der Klärung ein, wie ein produktiver Umgang mit der Situation aussehen könnte. Solange bleibt die Kirche geschlossen.“
In einem durchaus einseitigen Artikel schrieb auch „t-online“, dass die Egidienkirche wegen dieser Bilder vorläufig geschlossen bleibe, „Grund ist die massive Welle der Kritik und auch Hasskommentaren im Netz, die die Kirche wegen der Ausstellung seit der vergangenen Woche erreicht haben“. Sachgründe, warum diese Ausstellung für Christen schwierig sein könnte, lieferte der Beitrag von „t-online“ keine. „t-online“ berichtete übrigens auch über ein weiteres Motiv in der Ausstellung: Auf dem „Bild ‚Der Papst träumt von der Liebe‘ ist der laut Kirche und Künstler ‚hochgradig queere Papst Benedikt XVI.‘ beim Ringen mit seinen ‚Phantasien von mann-männlicher Sexualität‘ zu sehen.“ Und auf einer anderen „Zeichnung segnet der auferstandene Jesus Christus einen homosexuellen Akt“.
David Brunner, evangelischer Pfarrer im Wutachtal in der „Evangelischen Landeskirche in Baden“, kommentiert den Vorgang auf seinem privaten Facebookauftritt folgendermaßen: „Was mich ärgert: Kein Widerspruch seitens der Kirchenleitung - auch nicht von Kirchenleitungen anderer Landeskirchen – auch nicht von meiner Landesbischöfin. Zumindest nicht öffentlich und nicht wahrnehmbar.“ In dieser Ausstellung würden Grenzen massiv überschritten. Pfr. Brunner weist auf das Schutzkonzept seiner eigenen Landeskirche gegen sexuellen Missbrauch hin, „das ich großartig finde und das sicherstellen soll, dass Grenzen nicht verletzt werden", doch werde dies „mit solch einer Ausstellung konterkariert - auch wenn's eine andere Landeskirche ist. In der öffentlichen Wahrnehmung unterscheidet das doch kaum noch jemand.“ Abschließend fragt Pfarrer Brunner: „EKD: Wohin mit dir? Quo vadis? Wohin geht die Reise?“
Li:nk zum „idea“-Kommentar: Pornografie in der Kirche
UPDATE 28.7.2023: Die Ausstellung bleibt dauerhaft geschlossen.
In einer Pressemitteilung erläutert "der Kirchenvorstand von St. Egidien und St. Sebald", dass er" in seiner Sitzung am Donnerstag, 27. Juli, einstimmig beschlossen" habe, "die Ausstellung 'Jesus liebt' nicht wieder zu öffnen. Er hat sich seine Entscheidung nicht einfach gemacht und genau abgewogen. Mit dem Entschluss reagiert er auch auf Bedenken und Einwände im Hinblick auf die Ausstellung." Zwar habe man "als Kirchengemeinde seit der Eröffnung viel Zuspruch" erhalten, "doch auch ernstzunehmende Kritik. Zahlreiche Menschen fühlten sich in ihrem religiösen Empfinden verletzt. Das bedauert der Kirchenvorstand sehr." Daneben habe es "allerdings auch ein erhebliches Maß an Hass, Hetze, Unterstellungen und unbelegten Vorwürfen" gegeben. "Der Kirchenvorstand sieht in dieser Atmosphäre von Verunsicherung, Verletzung und Wut aktuell keine Möglichkeit mehr, einen zielführenden und versöhnenden Diskurs zu führen. Er ist davon überzeugt, dass eine Diskussion über Homosexualität und Kirche, über Queerness und weiterführende Fragen zur Sexualität in der Kirche geführt werden muss."
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