Pater Dominikus Kraschl OFM über die Kindertaufe - Entscheide dich, wenn du groß bist?!

24. August 2023 in Kommentar


Frag den Theologen –„ Entscheiden sich Eltern gegen die Taufe ihrer Kinder, sind dafür meist keine theologischen Bedenken ausschlaggebend.“


Salzburg (kath.net/Antonius) kath.net übernimmt den Beitrag von Pater DDr. habil. Dominikus Kraschl OFM aus dem „Antonius“ in voller Länge und dankt der Zeitschrift der österreichischen Franziskaner für die freundliche Erlaubnis zur Weiterveröffentlichung.

Leserfrage: Unlängst erzählte mir eine Freundin, sie werde ihr Kind nicht taufen lassen. Es solle sich später einmal selbst bewusst für den Glauben entscheiden. Sie argumentierte: Auch die Kirche ziehe eine bewusste Glaubensentscheidung immer häufiger einer Taufe «aus Tradition» vor. Darauf wusste ich nichts zu sagen, aber es fühlte sich nicht richtig an. (Monika K., Innsbruck)

P. Dominikus: Entscheiden sich Eltern gegen die Taufe ihrer Kinder, sind dafür meist keine theologischen Bedenken ausschlaggebend. Soziologisch gesehen besteht ein klarer Trend: Die fortschreitende Säkularisierung in unseren Breiten geht mit zunehmender Kirchenferne einher und diese wiederum mit einer Abnahme von (Kinder)Taufen.

Keine Taufe ohne Glauben

Theologisch gesehen lassen sich Glaube und Taufe nicht voneinander trennen. Ohne Glauben gibt es keine Taufe und ohne Taufe keinen Zugang zu den Sakramenten. Im Fall der Taufe eines unmündigen Kindes bekennen die Eltern den Glauben für es stellvertretend. Ein Nachteil der Kindertaufe besteht zweifellos darin, dass der Täufling noch nicht in der Lage ist, den Glauben kraft eigener Einsicht und in voller Freiheit anzunehmen.

Für die Praxis der Kindertaufe spricht hingegen der Geschenkcharakter des Glaubens: Er ist kein Verdienst des Menschen, sondern eine unverdienbare Gabe Gottes. Ein Kind, das den Glauben noch nicht selbst bekennen kann, kann am Glauben der Eltern teilhaben und an ihrer Hand in eine persönliche Gottesbeziehung hineinwachsen.

Glaube als Kompetenz

Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Immer seltener sind sie jedoch überzeugt, dass der christliche Glaube das Beste ist, was ihrem Kind passieren kann. Stattdessen tragen sie Zweifel im Herzen: Was, wenn unser Kind unsere Entscheidung später einmal nicht gutheißen wird und von Glaube, Kirche und Gott einmal nichts wissen will?

Früher gehörte der Glaube dazu. Er wurde als elementare Kompetenz in Sachen Kontingenzbewältigung, Wertorientierung und Sinnfindung erachtet. Hingegen erscheint der Glaube heute vielen als private Entscheidung für eine weltanschauliche Option, die nicht einmal die eigenen Eltern etwas angeht.

Der Taufverzicht hat auch seinen Preis

Eltern wollen für ihre Kinder das Beste. Das gilt auch für jene Eltern, die den christlichen Glauben als wertvolle, ja unverzichtbare Ressource für ein gutes Leben erachten. Es ist ihnen ein Herzensanliegen, ihre Kinder an ihrem Glaubensleben teilhaben zu lassen und sie zu einem Leben aus dem Glauben zu befähigen.

Christliche Eltern werden sich fragen, was sie ihrem Kind mit dem Verzicht auf die Taufe vorenthalten. Man denke etwa an das Recht auf einen christlichen Religionsunterricht oder den Zugang zu den übrigen Sakramenten, deren Eingangstor die Taufe ist. So würde ein ungetauftes Kind etwa von der Feier der Erstkommunion und vom Kommunionempfang ausgeschlossen bleiben. Ebenso wenig könnte es die Sakramente der Firmung, der Buße und der Krankensalbung empfangen.

Keine neutrale Erziehung

Pädagogisch gesehen gilt es zu bedenken: Alles, was Eltern tun können, ist ihren Kindern besten Wissens und Gewissens das weiterzugeben, was sie selbst als wahr, gut und dienlich erkannt haben. Damit hängt zusammen: Erziehung ist nie neutral – weder Werthaltungen noch Weltanschauungen gegenüber. Eltern, denen der Glaube heilig ist, vermitteln ihren Kindern etwas anderes als solche, die ihn als eine bloße Option erachten, die zunächst noch keine Priorität hat.

Schließlich: Glaubenserziehung erfordert Respekt vor dem Geheimnis des anderen und seiner Freiheit. Christliche Eltern sollten nie vergessen, dass sie nicht Herren, sondern Diener des Glaubens ihrer Kinder sind.

Und was die Taufe betrifft: Eines Tages muss jeder Mensch selbst entscheiden, wie er es mit dem Glauben hält. Dabei kommt es nicht zuerst darauf an, ob er bereits getauft ist oder nicht, sondern ob er den Glauben in angemessener Weise kennenlernen durfte.

P. Dr. Dr. habil. Dominikus Kraschl OFM lehrt Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz

Thursday Lecture by P. DDr. habil. Dominikus Kraschl an der Katholischen Hochschule ITI in Trumau (in englischer Sprache)


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