16. August 2023 in Aktuelles
Erzbischof Jędraszewski/Krakau wendet sich Grundsatzpredigt im Marienwallfahrtsort Ludźmierz gegen „Gender-Ideologie“, „Angriff auf Religionsfreiheit“ und UN-Vorgaben
Krakau (kath.net) „Seit 1968 findet in der westlichen Welt eine neomarxistische Revolution statt, die zunehmend die Gedanken und Herzen der auf polnischem Boden lebenden Menschen erfassen will. Wir beschäftigen uns zunächst mit einem Angriff auf die Wahrheit selbst, denn es wird gesagt, dass jeder seine eigene Wahrheit habe.“ So nüchtern ist die Diagnose von Erzbischof Marek Jędraszewski von Krakau am Dienstag bei seiner Predigt zu Mariä Himmelfahrt in Ludźmierz.
Aktuell komme es in der „Gender-Ideologie“ zu „einem Angriff auf die Wahrheit über den Menschen selbst“, vertrat Erzbischof Jędraszewski. Dabei gelte es als „fraglich, ob ein Mensch vom Moment der Empfängnis an männlich oder weiblich ist“. Doch würden damit „die grundlegendsten und offensichtlichsten Gesetze der Wissenschaft, insbesondere der Biologie und Genetik, geleugnet“. Obendrein würde jene verfolgt, „die es wagen, sich dieser rationalitätlosen Ideologie zu widersetzen“.
Der Metropolit von Krakau kritisierte außerdem beim Thema „Religionsfreiheit“: „Man würde erwarten, dass der UN-Bericht, der sich eigentlich mit der Verfolgung von Religionsgemeinschaften beschäftigen sollte, sich in erster Linie mit der Verfolgung von Christen befassen würde, denn statistisch gesehen verlieren jeden Tag etwa ein Dutzend Menschen ihr Leben, nur weil sie an Gott glauben.“ Doch heiße es inzwischen „im UN-Bericht über religiöse Verfolgung in der Welt, dass einige Religionen, insbesondere das Christentum, sagen, dass es Sünde gibt, und indem sie vertreten, dass es Sünde gibt, würden sie die Menschen spalten und sie würden dadurch diejenigen stigmatisieren, die Sünder sind. Nach Ansicht der UN müsste man den Kirchen also verbieten, die Wahrheit zu predigen (wonach es Sünde gibt) und ihre Freiheit einschränken. Dies ist eine weitere schwer vorstellbare Manifestation des ideologischen Totalitarismus. Sie kämpfen im Namen der Freiheit gegen die Wahrheit des Evangeliums.“
„Schließlich gibt es im heutigen Polen Stimmen, die dafür plädieren, Religion aus den Schulen zu verbannen. … Wir waren Zeugen einer erschreckenden Kampagne, die die Heiligkeit von Kardinal Karol Wojtyła, des Heiligen Johannes Paul II. des Großen, in Frage stellte.“
Erzbischof Jędraszewski zitierte Worte von Kardinal Stefan Wyszyński, die dieser vor 60 Jahren in Ludźmierz gesagt hatte: „Beten Sie für die Freiheit der Kirche in unserer Heimat, für Ihre Freiheit, für das Recht auf Wahrheit, damit Sie Ihre Kinder ungehindert den heiligen Glauben lehren können, beten Sie für Gerechtigkeit und Respekt in Polen, damit Sie endlich das Gefühl haben, dass man uns mit dem Herzen und nicht mit der Polizei regiert, damit Sie das Gefühl haben, dass wir in unserem Heimatland keine Fremden sind, dass wir nicht minderwertig sind, Bürger zweiter Klasse, nur weil wir an Gott glauben und ihn lieben.“
Erzbischof Jędraszewski erläuterte in seiner Predigt weiter: „Nach 60 Jahren kehren wir zu den Worten von Kardinal Wyszyński zurück und verstehen ihre Aktualität auf völlig neue Weise. Was wirklich benötigt wird, sind Freiheit, Gerechtigkeit, Respekt und Liebe.“
Außerdem griff der Krakauer Erzbischof das Leitthema der damaligen Predigt von Kardinal Wyszyński auf. Der Kardinal hatte sich damals auf die Enzyklika von Johannes XXIII. Pacem in terris berufen und festgestellt: „Jeder Mensch hat die gleichen Rechte. Insbesondere das Recht auf Wahrheit, das Recht auf Freiheit, das Recht auf Gerechtigkeit und Respekt und das Recht auf Liebe.“ Erzbischof Jędraszewski wies darauf hin, dass diese Worte eine ernsthafte Herausforderung für die kommunistischen Behörden gewesen sein müssen. Denn das damalige System basierte auf einer mehrdimensionalen Lüge, die unter anderem aus Folgendem bestand: eine falsche – rein materialistische – Sicht auf den Menschen. Die Ausrufung der Diktatur des Proletariats, des rücksichtslosen Klassenkampfes und der sozialistischen Gerechtigkeit, was zu Massenenteignungen geführt hatte. Der Kampf mit der Kirche, die sich auf die Feier des tausendjährigen Jubiläums der Taufe Polens vorbereitete, ging weiter. Die Worte des Primas entsprachen dem großen Wunsch der menschlichen Herzen.
Der Erzbischof erinnerte in seiner Predigt auch an die kleine Begebenheit, dass 1963 das Zepter aus der Hand von „Unserer Lieben Frau von Ludźmierz“ gefallen war, als die Statue nach ihrer feierlichen Krönung hochgehoben wurde. Geistesgegenwärtig hatte der damalige Bischof Karol Wojtyła (der spätere Papst Johannes Paul II.) reagiert und das Zepter aufgefangen. Kardinal Wyszyński hatte darauf spontan mit dem Satz reagiert: „Karol, die Muttergottes gibt dir Kraft.“
Die Basilika Mariä Himmelfahrt in Ludźmierz hat im Herzen der polnischen Katholiken einen besonderen Platz, denn Papst Johannes Paul II. hatte sie 1997 besucht, daran erinnert auch eine Statue des heiligen Papstes in der Nähe der Kirche. Vor allem wurde aber das etwa 600 Jahre alte Gnadenbild der Muttergottes von Ludźmierz 1963 von Kardinal Stefan Wyszyński kanonisch gekrönt. Erzbischof Jędraszewski stand der Feier zum Gedenken an die Krönung vor 60 Jahren vor. Dabei konnnte man (bei Erfüllung der notwendigen Voraussetzungen) auch einen Ablass erlangen.
Foto: Erzbischof Jędraszewski (zweiter von link) vor „Unserer Lieben Frau von Ludźmierz“ (c) Erzbistum Krakau/Pressebüro
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