‚Veritatis splendor – der 30. Jahrestag einer vergessenen Enzyklika’

25. August 2023 in Weltkirche


Die moraltheologische Enzyklika von Johannes Paul II. werde dem Vergessen preisgegeben. Der Vatikan handle, als hätte es ‚Veritatis splendor’ nie gegeben, kritisiert Stefano Fontana.


Rom (kath.net/jg)
Weder der Osservatore Romano, noch Vatican News oder Avvenire hätten den 30. Jahrestag der Veröffentlichung der Enzyklika „Veritatis splendor“ von Papst Johannes Paul am 6. August erwähnt. Das sei verwunderlich, auch wenn der 30. Jahrestag nicht die Bedeutung des 25. oder 50. habe und der Weltjugendtag in Lissabon für die kirchlichen Medien das wichtigste Ereignis gewesen sei, schreibt Stefano Fontana in einem Beitrag für La Nuova Bussola Quotidiana.

Nach seiner Einschätzung drücke diese Haltung die „Verachtung“ aus, welche „die offizielle Kirche“ heute der Moralenzyklika des heiligen Papstes entgegenbringe.

„Veritatis splendor“ habe einige falsche Darstellungen der katholischen Morallehre in grundlegenden Fragen klären wollen. Heute seien diese falschen Darstellungen in der Kirche „zur Regel“ geworden, weshalb es besser scheine, sie dem Vergessen preiszugeben und so zu tun als wäre sie nie geschrieben worden. „Wie wäre es möglich, diese Enzyklika heute ohne Erröten in Erinnerung zu rufen, ohne zu bemerken, dass sie mit Amoris laetitia und allgemein mit dem Status der Moraltheologie unter Franziskus kollidiert?“, schreibt Fontana wörtlich.

Zwei Aspekte seien an dieser Vorgangsweise auffällig, ein methodischer und ein inhaltlicher, fährt er fort.

Der neue Kurs der katholischen Moraltheologie sei nicht nur ohne Erklärung eingeschlagen worden, sondern durch „politische Manöver, durch Ausweichen und Überlisten, also auf ungebührliche Weise“, kritisiert Fontana. Dies zeige beispielsweise der Umbau des Päpstlichen Institutes Johannes Paul II. für Studien zu Ehe und Familie. Die Ernennung umstrittener Mitglieder der Päpstlichen Akademien, provokante Äußerungen des Präsidenten der Päpstlichen Akademie für das Leben, „kreative Slogans“ von Franziskus in verschiedenen Interviews, die Förderung von Persönlichkeiten, die mit „den neuen Perspektiven der katholischen Ethik übereinstimmen“ und andere Maßnahmen hätten auf „unorthodoxe und respektlose Weise“ das Grab von „Veritatis splendor“ geschaufelt, schreibt Fontana.

Inhaltlich sei festzuhalten, dass von „Veritatis splendor“ nichts übrig geblieben sei. Kein Aspekt sei übernommen worden. Weder die fundamentale Theologie der Enzyklika, noch die zugrunde liegende Anthropologie, das Verhältnis zwischen Norm und Gewissen, die Existenz in sich schlechter Handlungen, die nie getan werden dürfen, die Bewertung der Umstände, der objektive und öffentliche Aspekt der Sünde, die Auffassung der Sünde selbst, die zu einer Unzulänglichkeit gegenüber einem Ideal interpretiert werde.

Von „Veritatis splendor“ sei nichts übrig geblieben. „Warum sollte man ihrer Gedenken?“, fragt Fontana abschließend.

 

Link zur englischen Übersetzung des Artikel auf Rorate Coeli: https://rorate-caeli.blogspot.com/2023/08/veritatis-splendor-30th-anniversary-of.html

 


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