25. August 2023 in Aktuelles
„Wer meint, wie Stetter-Karp/ZdK, den Entwurf für ein höchst problematisches Gesetz… vor der parlamentarischen Entscheidung kritiklos feiern zu müssen, daraus Vorschriften für die katholische Kirche … abzuleiten…“ Gastkommentar von Thorsten Paprotny
Bonn-Berlin (kath.net) Das „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“, das – warum auch immer – von sich behauptet, die Interessen der deutschen katholischen Laien in der Gesellschaft und in der Öffentlichkeit zu vertreten, bejubelte am 23. August (https://www.zdk.de/veroeffentlichungen/pressemeldungen/detail/-Ein-guter-Tag-fuer-die-Menschenwuerde-ZdK-Praesidentin-begruesst-Entwurf-fuer-Selbstbestimmungsgesetz-1576H/) den Beschluss des Bundeskabinetts über das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz.
Pathetisch sprach ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp von einem „guten Tag für Selbstbestimmung und Menschenwürde“ und erklärte zugleich: „Das neue Gesetz, über das der Bundestag voraussichtlich im Herbst abstimmt, wird einen Schlussstrich unter das über 40 Jahre alte Transsexuellengesetz ziehen, das dem Grundgesetz nie würdig war.“ Frau Stetter-Karp sieht einen „Paradigmenwechsel“, der auch für die römisch-katholische Kirche Konsequenzen haben müsse, und fordert ein, dass der „Einsatz für eine verbesserte gesellschaftliche Teilhabe von trans* und inter* Menschen mit der Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes nicht enden darf. Es gibt noch viel zu tun.“ Die ZdK-Präsidentin lasse keinen Zweifel daran, „dass die Anerkennung der Rechte von trans* und inter* Menschen auch in der Kirche auf der Tagesordnung“ steht. Werden diese Rechte aber in der Kirche bestritten? Und welche Rechte überhaupt sind gemeint? Hier wird anscheinend ein genereller Diskriminierungsverdacht gegen die Kirche erhoben, der aber völlig grundlos ist, da die römisch-katholische Kirche jegliche Form der Diskriminierung scharf verurteilt.
Bedauerlicherweise zitiert Frau Stetter-Karp nicht den verbindlich gültigen Katechismus der römisch-katholischen Kirche, an den Katholiken, also auch die Mitglieder des ZdK, in Deutschland gebunden sind. In den Abschnitten 2357 und 2358 heißt es: „Homosexuell sind Beziehungen von Männern oder Frauen, die sich in geschlechtlicher Hinsicht ausschließlich oder vorwiegend zu Menschen gleichen Geschlechtes hingezogen fühlen. Homosexualität tritt in verschiedenen Zeiten und Kulturen in sehr wechselhaften Formen auf. Ihre psychische Entstehung ist noch weitgehend ungeklärt. … Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen hat tiefsitzende homosexuelle Tendenzen. Diese Neigung, die objektiv ungeordnet ist, stellt für die meisten von ihnen eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitgefühl und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Verfaßtheit erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen.“
Zugestanden werden muss, dass jene Personen, die sich den „trans* und inter* Menschen“ zugehörig wissen, im Katechismus noch nicht explizit genannt wurden. So ist es gewiss geboten, selbstverständlich auch ihnen, in gleicher Weise wie dies für Homosexuelle formuliert ist, mit „Achtung, Mitgefühl und Takt“ zu begegnen. Sie sind zur Teilhabe am Leben der Kirche eingeladen, nach Maßgabe des Evangeliums Jesu Christi und der verbindlich gültigen Lehre der Kirche. Selbstverständlich ist: Die Kirche – und damit alle, die ihr angehören – muss entschieden und energisch jeder Form von Diskriminierung entgegentreten.
Wer aber meint, wie die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp, den Entwurf für ein höchst problematisches Gesetz, das von der gegenwärtigen Bundesregierung vorgelegt wird, vor der parlamentarischen Entscheidung kritiklos feiern zu müssen und daraus für die katholische Kirche Weisungen zu einem Paradigmenwechsel abzuleiten, spricht vielleicht für die herrschende Meinung im eigenen Verband, mitnichten aber für die Mehrheit der in Deutschland lebenden Katholiken, die – ob gelegen oder ungelegen – nicht treue Jünger der sogenannten Fortschrittskoalition oder anderer säkularer Regimenter sind, sondern im Leben und Sterben zur Kirche des Herrn stehen. Das ZdK indessen scheint der sogenannten deutschen „Fortschrittskoalition“ zu huldigen, nicht aber dem König der Könige.
Dr. Thorsten Paprotny (siehe Link) lehrte von 1998-2010 am Philosophischen Seminar und von 2010 bis 2017 am Institut für Theologie und Religionswissenschaft der Leibniz Universität Hannover. Er publizierte 2018 den Band „Theologisch denken mit Benedikt XVI.“ im Verlag Traugott Bautz und arbeitet an einer Studie zum Verhältnis von Systematischer Theologie und Exegese im Werk von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.
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Theologisch denken mit Benedikt XVI.
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