„Der Papst machte deutlich, dass er die US-Kirche nicht mag, ich vermute, er meint Leute wie mich“

1. September 2023 in Weltkirche


Renommierter US-Laienkatholik Jayd Henricks: „Inmitten all dieser Missverständnisse versuche ich mit aller Kraft, Papst Franziskus zu lieben. Ich wünschte nur, er würde das weniger schwierig machen.“


New York City – Vatikan (kath.net/pl) „Papst Franziskus machte deutlich, dass er die Kirche in Amerika nicht mag. Er hält die US-Katholiken für rückwärtsgewandt und ein Hindernis für den Heiligen Geist. Er glaubt, dass viele von ihnen das Zweite Vatikanische Konzil abgelehnt haben und die Uhr auf eine Zeit vor dem Konzil zurückdrehen wollen. Ich kann mir des Gedankens nicht erwehren, dass er mich nicht mag – oder zumindest die Karikatur von mir in seinem Kopf, wenn er an die Katholiken in den Vereinigten Staaten denkt.“ Das schreibt Jayd Henrycks, Präsident der Vereinigung von „Catholic Laity and Clergy for Renewal“, in seinem Gastkommentar in der US-amerikanischen Zeitschrift „First Things“. Henrycks bezieht sich unter anderem auf die jüngsten Bemerkungen von Papst Franziskus über US-amerikanische Katholiken, die der Papst neulich beim Weltjugendtag in Portugal im Gespräch mit Journalisten getätigt hatte. Franziskus hatte gesagt, dass in den USA „eine sehr starke reaktionäre Haltung“ herrsche, doch „ich möchte diese Leute daran erinnern, dass Indietrismo (rückwärtsgewandt sein) nutzlos ist“. Man könne dabei „die wahre Tradition verlieren und sich zur Unterstützung Ideologien zuwenden“, hatte Franziskus gewarnt. Unter Bezug auf die Aussage eines Jesuiten, der behauptet hatte, dass er in Amerika viele gesehen habe, „sogar Bischöfe, die Ihre Führung der Kirche kritisierten“, hatte Papst Franziskus erläutert: „Diese amerikanischen Gruppen, von denen Sie sprechen, die so verschlossen sind, isolieren sich. Anstatt nach der Lehre zu leben, nach der wahren Lehre, die sich immer weiterentwickelt und Früchte trägt, leben sie nach Ideologien.“

Jayd Henrycks fragt sich, wen genau der Papst da meine. Dies sei nicht wirklich klar, denn „der Heilige Vater ist oft zweideutig, und das nicht nur in seinen Beschwerden –, aber ich vermute, dass es Leute wie mich sind“.

Dann führt der Präsident von „Catholic Laity and Clergy for Renewal“ weiter aus, dass er selbst ein „konservativer“ Katholik sei, dennoch aber kein Traditionalist im, aber kein Traditionalist im Sinne der traditionellen Messe. „Ich wurde von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. tief geprägt und bin dem Novus Ordo (der Messe des Zweiten Vatikanischen Konzils) verpflichtet. Ich nehme den universellen Ruf zur Heiligkeit an, wie er im Zweiten Vatikanischen Konzil entwickelt wurde. Ich liebe die Heilige Schrift. Ich unterstütze die bevorzugte Option für geistig und materiell Arme. Ich betrachte den Katechismus der Katholischen Kirche als einen Nordstern für unseren Glauben. Ich denke, die Kirche hat der modernen Welt viel zu sagen.“

Gleichzeitig lehne er „die Vorstellung ab, dass sich die Lehre ändern und nicht weiterentwickeln kann. Ich denke, dass bestimmte Handlungen grundsätzlich böse sind. Ich halte es nicht für mitfühlend, Menschen in ihrer Sünde zu bestärken. Ich denke, dass die Tradition der Kirche ein großer spiritueller Schatz ist.“ Solche Positionen sollten eigentlich „unumstritten sein“, erläuterte Henrycks in „First Things“ weiter, und dennoch erwecke „der Heilige Vater den Eindruck“, dass man damit „einem starren, rückwärtsgewandten Katholiken gleichkommt und nicht einem, der vom Heiligen Geist geführt wird. Er scheint zu glauben, dass der grundsolide Glaube vieler amerikanischer Katholiken an das Glaubensgut und die historischen Morallehren der Kirche eine Ablehnung der authentischen Entwicklung der Lehre darstellt. Aber diese Darstellung ist eine Karikatur.“

Es sei bereits drei Jahre her, dass die US-amerikanischen Bischöfe zum Ad Limina-Besuch beim Papst waren, erinnert er, und in Dutzenden von Berichten habe „der Heilige Vater nie Bedenken geäußert, die er gegenüber der US-Kirche haben könnte. Wenn ihm die Situation in Amerika jetzt solche Sorgen bereitet, warum hat er diese Besorgnis dann nicht gegenüber den Bischöfen während ihrer Besuche zum Ausdruck gebracht oder warum trifft er sich nicht mit Erzbischof Broglio (dem derzeitigen Leiter des USCCB) und anderen führenden US-Bischöfen, um darüber zu sprechen?“ Es sei „unerträglich“, dass „Papst Franziskus damit zufrieden zu sein scheint, Dritte zu nutzen, um billige Angriffe auf die amerikanischen Gläubigen zu starten“.

Er frage sich, ob „der Heilige Vater das außergewöhnliche Gute“ schätze, „das von den US-Katholiken kommt? Es scheint nein.“

Henricks zieht – spürbar bitter – das Fazit: „Was für eine Schande, dass mein geistlicher Vater, der geistliche Vater von Millionen Katholiken in den Vereinigten Staaten, uns so negativ sieht. Während sich das Papsttum von Franziskus entfaltet, spüren immer mehr Katholiken, dass er ihnen gegenüber nicht freundlich ist: gegenüber jenen, die Schwierigkeiten haben, den Zehnten zu zahlen und große Familien zu gründen; gegenüber jenen, die NFP [Natürliche Familienplanung] statt [künstliche] Verhütung praktizieren; gegenüber jenen, die für Heiligkeit und Keuschheit kämpfen, während sie mit gleichgeschlechtlicher Neigung leben; gegenüber jenen, die heldenhafte Opfer bringen, um bei der Kirche in gutem Ansehen zu bleiben und die Eucharistie zu empfangen… die Liste ließe sich fortsetzen. Keiner dieser Katholiken lebt ‚nach Ideologien‘ – sondern sie streben danach, nach den Lehren der Kirche zu leben, genau wie der Heilige Vater – auch wenn er uns nicht mag. Inmitten all dieser Missverständnisse versuche ich mit aller Kraft, Papst Franziskus zu lieben. Ich wünschte nur, er würde das weniger schwierig machen.“

Henricks war als geschäftsführender Direktor für Regierungsbeziehungen bei der US-amerikanischen Bischofskonferenz (USCCB) tätig. Er hat einen Studienabschluss in systematischer Theologie. Die USCCB führt auf ihrer Website weiterhin einen älteren Artikel von ihm, siehe Link.

Link zum Beitrag in voller Länge: Why does the Pope dislike me?

 


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