5. September 2023 in Aktuelles
Erstaunlicher Kommentar eines leitenden Redakteurs des Jesuitenmagazins „America“, Long-García – Er wünsche, Papst „hätte gesagt: Ja, die Menschen in den USA und anderen Ländern waren kritisch. Aber das ist in Ordnung. Zum Dialog gehört auch Kritik“
New York (kath.net/pl) In die Kritik an Äußerungen von Papst Franziskus über sogenannte „rückwärtsgewandte“ Katholiken stimmt nun überraschenderweise auch das „America Magazine“ ein. Das „America Magazine“ ist ein von den Jesuiten herausgegebenes christliches Monatsmagazin, in den Pontifikaten von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. lancierte das Magazin Standpunkte bsp. zu künstlicher Schwangerschaftsverhütung, Abtreibung und Zölibat, die ein Eingreifen der Glaubenskongregation nötig machten. Dass nun ein leitender „America Magazine“-Redakteur, J.D. Long-García, sein Unbehagen an Äußerungen von Papst Franziskus ausdrückt, kann als ungewöhnlich eingestuft werden. Der Papst hatte neulich beim Weltjugendtag in Portugal im Gespräch mit Journalisten gesagt, dass in den USA „eine sehr starke reaktionäre Haltung“ herrsche, doch „ich möchte diese Leute daran erinnern, dass Indietrismo (Rückwärtsgewandtheit) nutzlos ist“. Man könne dabei „die wahre Tradition verlieren und sich zur Unterstützung Ideologien zuwenden“. Unter Bezug auf die Aussage eines Jesuiten, der behauptet hatte, dass er in Amerika viele gesehen habe, „sogar Bischöfe, die Ihre Führung der Kirche kritisierten“, hatte Papst Franziskus erläutert: „Diese amerikanischen Gruppen, von denen Sie sprechen, die so verschlossen sind, isolieren sich. Anstatt nach der Lehre zu leben, nach der wahren Lehre, die sich immer weiterentwickelt und Früchte trägt, leben sie nach Ideologien.“
Long-García schreibt nun mit Blick auf die katholische Kirche in den USA, dass die Papstäußerungen über „reaktionäre Katholiken“ „polarisieren und es verfehlen, die Unterschiede in Einklang zu bringen. Ich habe an die US-Katholiken gedacht, die nächsten Monat zur Synode gehen (von denen ich kürzlich einige interviewt habe). Die vom Papst persönlich eingeladenen Synodenteilnehmer können ziemlich sicher sein, dass Franziskus nicht über sie gesprochen hat“. Diese Sicherheit relativiert Long-García dann allerdings selbst mit Blick darauf, dass „der Papst auch lautstarke Kritiker der Synode eingeladen hat, darunter Kardinal Gerhard Müller“, deshalb schränkte der Journalist dann ein, dass auch die vom Papst geladenen Synodenteilnehmer sich nicht völlig sicher sein könnten. Dann fragte er aber weiter: „Und was ist mit den Synodenmitgliedern, die nicht vom Papst, sondern von der US-amerikanischen Bischofskonferenz ausgewählt wurden? Sollten sie sich fragen, ob der Papst sie als Teil dieser ‚reaktionären‘ Fraktion betrachtet? Geben die Kritiken des Papstes an einigen US-Katholiken diesen Bischöfen das Gefühl, auf dem Weg zum Aufbau einer einladenden Kirche willkommen zu sein?“
Der „America Magazine“-Redakteur erläuterte weiter, dass er sich wünsche, „Franziskus hätte in diesem Austausch auf diese Offenheit für Rückmeldungen hingewiesen. Ich wünschte, er hätte gesagt: Ja, die Menschen in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern waren kritisch. Aber das ist in Ordnung. Zum Dialog gehört auch Kritik, und Franziskus hätte sagen können, dass er keine Angst davor hat. Manchmal spricht Gott durch unsere Kritiker zu uns.“
Long-García betont, dass er „hoffe, dass die namentlich nicht genannten amerikanischen Katholiken, an die Franziskus gedacht hat, aus der Kritik des Papstes lernen werden. Kritik wird zweifellos Teil des Synodendialogs sein, und ich bin sicher, dass auch die Teilnehmer daraus lernen werden.“
- Link zum Kommentar im „America Magazine“ in voller Länge: Pope Francis’ criticisms of ‘reactionary’ U.S. Catholics are counterproductive
- Vgl. dazu auch den kath.net-Artikel: „Der Papst machte deutlich, dass er die US-Kirche nicht mag, ich vermute, er meint Leute wie mich“ - Renommierter US-Laienkatholik Jayd Henricks: „Inmitten all dieser Missverständnisse versuche ich mit aller Kraft, Papst Franziskus zu lieben. Ich wünschte nur, er würde das weniger schwierig machen.“
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