Wo waren die deutschen Bischöfe und Politiker? – KEINE Beteiligung an Familie Ulma-Seligsprechung

15. September 2023 in Kommentar


Etwa 32.000 Menschen nahmen an der Seligsprechung der durch Nazi-Hand ermordeten Familie Ulma in Polen teil, 1.200 Priester, 6 Kardinäle und 80 Bischöfe teil. Doch von deutschen Bischöfen und Politikern keine Spur! Gastkommentar Elmar Lübbers-Paal


Markowa (kath.net)

Etwa 32.000 Menschen nahmen an der Seligsprechung der durch Nazi-Hand ermordeten Judenretter-Familie Ulma in Polen teil. An dem Gottesdienst am Sonntag beteiligten sich 1.200 Priester, sechs Kardinäle und 80 Bischöfe. Doch von deutschen Bischöfen und Politikern keine Spur!

Eilert Dieken (1898-1960) aus Esens wird im besetzten Polen Oberleutnant und Leiter der Gendamerie von Łańcut im Karpartenvorland. Als solcher befielt er unter anderem die Ermordung der gesamten Familie Ulma einschließlich der hochschwangeren Mutter, weil sie Juden Unterschlupf gewährt hatte.

Nach dem Krieg wird Dieken durch die Entnazifizierungsbehörden als „entlastet“ eingestuft und in Esens (Kreis Wittmund) schließlich Polizeikommissar. Dabei hat er nie verschwiegen, dass er in den Jahren 1940 bis 1944 Leiter der Gendamarie des Krakauer Bezirks war. Seine Verbrechen in Polen blieben ungesühnt, da er am 23. September 1960 starb, noch bevor das Ermittlungsverfahren wegen seiner Zeit als Leiter der Gendarmerie im Krakauer Bezirk zum Abschuss kam.

Sein Gehilfe Kokott wurde in der Tschechoslowakei gefasst, an Polen ausgeliefert und zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Er starb 1980 in der Haft.

Wäre es nicht angesichts der bestialischen Morde an der polnischen Familie Ulma und der Juden, die bei ihr Unterschlupf erhielten, eine versöhnliche Geste gewesen, wenn die Deutsche Bischofskonferenz – wenn auch nicht durch alle amtierenden Oberhirten, so doch wenigstens durch eine Abordnung der hohen Geistlichkeit aus Deutschland – vertreten gewesen wäre?

Reaktion der Deutsche Bischofskonferenz

Auf diese Frage antworte mir die Deutsche Bischofskonferenz:

„Tatsächlich waren keine deutschen Bischof bei der Feier der Seligsprechung der Familie Ulma anwesend. Der Grund lag nicht in mangelndem Interesse, sondern war dem Faktum geschuldet, dass die Bischofskonferenz erst ca. zwei Wochen vor dem Ereignis eine Einladung erhalten hat. Warum das so war, wissen wir nicht.

Ich vermute, bei einer frühzeitigen (oder jedenfalls frühzeitigeren) Einladung wäre es gelungen, eine Vertretung des deutschen Episkopats zu entsenden. Dies wäre auch im Interesse der Entwicklung der polnisch-deutschen Kirchenbeziehungen, die wir eng zu gestalten zu suchen, gewesen.“

Für manch einen wird sich diese Aussage befremdlich anhören, denn die Deutsche Bischofskonferenz muss seit etwa 2 Jahren von der anstehenden Seligsprechung gewusst haben.

Zudem ist wiederholt in den Vatikan-Medien detailliert die anstehende Beatifikation berichtet  worden. So hätte auch die Deutsche Bischofskonferenz im Sinne des guten Nebeneinander selbst nachfragen können, ob eine Teilnahme in Polen gewünscht sei.

Antwort des Auswärtigen Amtes

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte mir gegenüber auf die Frage, ob deutsche Politiker zur Seligsprechung der Familie Ulma nach Polen gereist seien:

„Deutschland steht zu seiner historischen Verantwortung für die durch deutsche Truppen und auf deutschen Befehl begangenen Verbrechen, die unermessliches Leid und millionenfachen Tod über Europa, unter anderem über die Bevölkerung Polens, gebracht haben. Wir möchten die deutsch-polnischen Beziehungen im vollen Bewusstsein der Vergangenheit gestalten. Die Erinnerung an die Verbrechen wachzuhalten und der Opfer zu gedenken ist Teil der ewigen deutschen Verantwortung. Bei der Seligsprechung der Familie Ulma war der Leiter der Kulturabteilung der Deutschen Botschaft Warschau anwesend.“

Ob die Familie Ulma, ja die polnische Nation nicht mehr hätte erwarten dürfen angesichts des unermesslichen Leids, das willige Vollstrecker Hitlers über ihr Land brachten?

Es dürfte klar sein, dass mit einer großen deutschen Beteiligung an dieser Seligsprechung die von deutscher Seite gewünschten Kirchen- und Staatsbeziehungen zwischen Deutschland und Polen positiv hätten beeinflusst werden können.

Beide Fotos aus der Seligsprechung der Familie Ulma (c) Polnische Bischofskonferenz

Hinweis: kath.net verfolgt die Seligsprechung der Familie Ulma seit längerer Zeit intensiv. Weiter kath.net-Artikel finden sich unter dem Stichwort "Ulma", siehe Link.

Ein Lied über die Familie Ulma - sowohl mit historischem Bildmaterial wie auch mit nachgestellten Videoszenen:


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