20. September 2023 in Kommentar
„Ganz offensichtlich geht es also doch um ‚Erneuerungen‘; das räumt beispielsweise US-Kardinal Cupich unumwunden ein.“ Gastkommentar von Joachim Heimerl
Linz (kath.net) Mit 500 Jahren Verspätung sind die Ideen des Florentiner Staatsphilosophen Niccolò Machiavelli (1469-1527) auch in der Kirche in Mode gekommen. Dies zeigt sich umso deutlicher, je näher der Beginn der Weltsynode rückt, und es zeigt sich daran, dass man immer offener zu jenen unschönen Mitteln greift, die Machiavelli demjenigen empfiehlt, der unumschränkt herrschen will.
Worum es derzeit in Rom geht, ist allgemein bekannt: Papst Franziskus möchte sein Erbe sichern. Mittels der Weltsynode soll die Kirche deshalb nicht nur „synodaler“ werden, sondern von entscheidenden Positionen des bisherigen Lehramts abweichen.
Dass das auf erheblichen Widerstand stößt, ist klar, und genau hier kommt Machiavelli ins Spiel. Der empfiehlt nicht zuletzt die taktische Täuschung als politisches Mittel: Sage das Gegenteil von dem, was Du tun wirst, brich jeden Widerstand und schaffe Fakten. - Walter Ulbrichts „Niemand will eine Mauer bauen“ (1961) ist wohl die berühmteste politische Lüge, die auf dieser Linie liegt.
Nach diesem Vorbild mehren sich nun im unmittelbaren Vorfeld der Synode jene Stimmen, die die wahren Absichten, die dahinter stecken, gezielt herunterspielen.
Kardinal Blaise Cupich (Chicago), einer der wenigen Freunde des Papstes im US-Episkopat, äußerte in diesem Sinne, von der „uralten Realität“ einer Synode sei absolut nichts zu „befürchten“. Dass es diese „Realität“ erst seit 1965 gibt, mag für amerikanische Verhältnisse „uralt“ sein. Darauf aber kommt es nicht an, sondern darauf, dass politische Lügen a la Machiavelli immer sehr leicht zu durchschauen sind. Und wie schon bei Ulbricht scheint die Wahrheit auch durch Cupichs Lüge nur schon allzu hell hindurch.
Dass von dieser Synode nichts zu befürchten sei, heißt im Klartext natürlich das Gegenteil; das geht aus vielen anderen Statements des Kardinals deutlich hervor. Im Moment aber ist ihm vor allem daran gelegen, prominente Gegner der Synode zu desavouiren, etwa seinen Landsmann Kardinal Burke. Der wiederum nannte nur wenige Tage zuvor die Weltsynode eine „Büchse der Pandora“, die der Kirche großen Schaden zufügen könne, während Cupich ihm und anderen Kritikern entgegenhält, „die Geschichte“ habe „gezeigt, dass die Verwendung von Angsttaktiken“ bei denen nicht neu sei, die sich „jeder Art von Erneuerung widersetzen.“ – Ganz offensichtlich geht es also doch um „Erneuerungen“; das räumt Cupich unumwunden ein. Und wer das Arbeitspapier der Weltsynode kennt, weiß, dass diese eine Sprengkraft besitzen, die durchaus Anlass zu vielen Befürchtungen gibt. Sicher ist: Es gibt bessere Lügner als Kardinal Cupich und bessere Machiavellisten gibt es auch.
Um Cupichs Taktik der Verharmlosung Lügen zu strafen, genügt schon ein Blick auf das, was man in Kirchenkreisen gemeinhin die „Zeichen der Zeit“ nennt. Bezüglich der Weltsynode sind diese gleichwohl alarmierend: Schon ihre Schlüsselpositionen sind ausnahmslos mit heterodoxen Funktionären besetzt, an der Spitze mit den Kardinälen Hollerich und Grech, die derzeit ebenfalls beide auffallend damit beschäftigt sind, die Zielsetzung der Synode kleinzureden, während sie noch vor einem halben Jahr das Gegenteil behaupteten. Überzeugen können sie damit allerdings so wenig wie Cupich.
Wie könnte ein Synode „ungefährlich“ sein, wenn schon ihr Arbeitsdokument ausschließlich akatholische Reformvorschläge enthält – und dies auch noch mit dem Segen des Papstes? Vom vehement geforderten Ende des Zölibats bis zur „Frauenweihe“ und zur „Segnung“ gleichgeschlechtlicher Paare ist darin alles vertreten. Und all dies soll nach Hollerich und Grech plötzlich kein bestimmendes Thema mehr sein? Wer nimmt ihnen das ab? Wozu sollte ein Arbeitsdokument dienen, wenn nicht dazu, Agenden zu formulieren - und diese auch durchzubringen? Das ist in der Kirche nicht anders als anderswo, und damit wären wir wieder bei Machiavelli.
Da eine Bischofssynode allerdings lediglich eine beratende Funktion hat, liegen die Dinge hier dennoch ein wenig anders, denn keine Synode besitzt irgendeine lehrmäßige Autorität.
Um dies zu verschleiern, wurde die Weltsynode spirituell aufgewertet, man könnte auch sagen: sie wurde geistlich überfrachtet.
So wird es schon zum Auftakt ein Gebetstreffen des Papstes mit zwölf Vertretern anderer christlicher „Kirchen“ geben. - Wer dächte dabei nicht an die Eröffnungsfeier des Zweiten Vatikanums, mit dessen Nimbus die vermeintliche „Super-Synode“ verklärt werden soll? Und wozu sollte dies dienen, wenn nicht dazu, die Bedeutung der Synode dramatisch zu erhöhen? Alle anderen Synoden kamen bisher ohne derlei „Pomp and Circumstance“ aus.
Hinzu kommt: Sowohl durch die vorausgehenden Einkehrtage als auch durch die „geistliche Atmosphäre“ während der Synode sollen deren Beschlüsse dem Wirken des „Heiligen Geistes“ zugeschrieben werden. In welche Richtung dieser Geist wirken wird, steht heute schon fest: Mit der Leitung der Exerzitien wurde der umstrittene Dominikaner Timothy Radcliff beauftragt, ein Verfechter der „Gay“-Häresie und Befürworter der gleichgeschlechtlichen „Ehe“.
Auch der neue „Glaubenspräfekt“ Erzbischof Fernandez, der im Hintergrund der Synode die Strippen zieht, fällt ausnahmslos mit Ideen auf, die im Gegensatz zu Lehre der Kirche stehen. Sicherheitshalber spricht der Präfekt jedoch gerne davon, dass sich diese Lehre zwar nicht ändern, aber „vertiefen“ könne, was natürlich das Gleiche meint: Fernandez vertritt damit genau jenen doktrinären Relativismus, den alle Päpste bis Benedikt XVI. energisch bekämpft haben und der nun die neue Richtung der Kirche bestimmen soll.
Mit anderen Worten: Vor aller Augen wird auf der Führungsebene des Vatikans der Umsturz geplant, den Leute wie Cupich, Fernandez, Hollerich oder Grech durchsetzen wollen.
Damit das ohne hässliche Szenen in der Öffentlichkeit abgeht, unterliegen die Synodensitzungen dem päpstlichen Geheimnis, man könnte auch prosaischer sagen: der Zensur. Journalisten haben keinen Zutritt zur Synodenaula, die öffentliche Meinung soll durch den vatikanischen Pressesaal geknebelt – ich meine natürlich „gelenkt“ werden. Auch daran hätte Machiavelli seine Freude.
Und doch scheint die Taktik der Umstürzler nicht aufzugehen: Bischof Joseph Strickland (Tyler, USA) hat unlängst in einer Serie von Hirtenbriefen die schismatischen Gefahren der Weltsynode ebenso benannt wie die Akatholizität ihrer möglichen Beschlüsse. Und Kardinal Gerhard Müller ließ zuletzt damit aufhorchen, dass weder der Papst noch die Bischöfe eine „neue Offenbarung Gottes“ erhalten und die Lehre der Kirche verändern könnten. Daran ändern Cupich und Co so wenig wie die Weltsynode, die – trotz Lügen, „Pomp and Circumstance“ – ohne Zweifel als „Schreckenssynode“ in die Kirchengeschichte eingehen wird.
Symbolfoto (c) kath.net/Armin Schwibach
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