12. November 2023 in Aktuelles
Transpersonen und Homosexuelle dürfen Taufpaten sein? - Klarstellung zu den Antworten der Glaubenskongregation auf die Fragen von Bischof Negri - Von Gerhard Cardinal Müller
Rom (kath.net)
Die Aufgabe des römischen Lehramtes, sei es des Papstes direkt oder vermittelt durch das Dikasterium für die Glaubenslehre, ist es, die Wahrheit der göttlichen Offenbarung treu zu bewahren. Es ist von Christus eingesetzt und wirkt im Heiligen Geist, damit die katholischen Gläubigen vor allen Irrlehren, die das Heil gefährden, und jeder Verwirrung in Fragen der Lehre und des sittlichen Lebens geschützt werden (vgl.II. Vatikanum, Lumen gentium 18;23).
Die Antworten des Dikasteriums auf diverse Fragen eines brasilianischen Bischofs (3. November 2023) erinnern einerseits an allgemein bekannte Glaubenswahrheiten, öffnen anderseits aber auch wieder Türen zu dem Missverständnis, dass für die Koexistenz von Sünde und Gnade in der Kirche Gottes doch ein Spielraum wäre.
Die Taufe ist die Tür zum Neuen Leben in Christus
Der Sohn Gottes, unser Erlöser und das Haupt der Kirche, die sein Leib ist, hat das Sakrament der Taufe eingesetzt, damit alle Menschen durch den Glauben an Christus und ein Leben in seiner Nachfolge zum ewigen Leben gelangen können. Die bedingungslose Liebe Gottes befreit den Menschen aus der tödlichen Herrschaft der Sünde, die den Menschen ins Unglück stürzt und von Gott, der Quelle des Lebens trennt. Der universale Heilswille Gottes (1 Tim 2, 4f) besagt nicht, dass wir uns nur mit den Lippen zu Jesus als unserem Herrn zu bekennen brauchen, um ins Reich Gottes zu gelangen, während wir uns mit Verweis auf die menschliche Schwäche von der Erfüllung des heiligen und heiligenden Willens Gottes dispensieren lassen (vgl. Mt 7, 21-23)
Die simple Metapher „die Kirche ist keine Zollstation“, die besagen soll, dass der Christ nicht bürokratisch am Buchstaben des Gesetztes gemessen werden darf, hat ihre Grenzen dort, wo es um die Gnade geht, die uns zu einem neuen Leben jenseits von Sünde und Tod führt. Der Apostel Paulus sagt, dass wir alle „Sklaven der Sünde“ waren, bevor wir zum Glauben an Christus kamen. Jetzt aber sind wir durch die Taufe auf den Namen Christi, des Sohnes Gottes und des Gesalbten des Heiligen Geistes, „von Herzen der Lehre gehorsam geworden, an die wir übergeben worden sind.“ Wir dürfen also nicht sündigen, weil wir nicht mehr dem Gesetz unterstehen, sondern wir dürfen nicht mehr sündigen, weil wir der Gnade unterstehen. „Daher soll die Sünde euren sterblichen Leib nicht beherrschen, und seinen Begierden sollt ihr nicht mehr gehorchen…als Menschen, die vom Tod zum Leben gekommen sind.“ (Röm 6, 12f).
In der ältesten, zu Rom verfassten Kirchenordnung (um 200 n.Chr.), werden die Kriterien der Zulassung oder Zurückweisung (oder auch nur Zurückstellung) zum Katechumenat und zum Empfang der Taufe genannt und verlangt, dass alle zweifelhaften Berufe, illegalen Partnerschaften und unmoralischen Verhaltensweisen, die dem Gnadenleben der Taufe widersprechen, aufgegeben werden müssen (Traditio Apostolica 15-16).
Der hl. Thomas von Aquin, der in den Antworten des Dikasteriums löblicherweise zitiert wird, gibt auf die Frage, ob die Sünder getauft werden können, die differenzierte zweifache Antwort:
1. Gewiss können die Sünder, die in der Vergangenheit persönlich gesündigt haben und unter der Macht der „Sünde Adams“ (d.h. der Ur- und Erbsünde) standen, getauft werden. Denn die Taufe ist eingesetzt zur Vergebung der Sünden, die Christus uns durch seinem Tod am Kreuz erworben hat.
2. Denen allerdings, „die Sünder sind, weil sie mit dem Vorsatz zur Taufe kommen, weiterhin zu sündigen“ und damit dem heiligen Willen Gottes widerstehen, können nicht getauft werden. Das gilt nicht nur wegen des inneren Widerspruchs von der Gnade Gottes zu uns und unserer Sünde gegen Gott, sondern auch wegen des falschen Zeugnisses nach außen, das die Glaubwürdigkeit der kirchlichen Verkündigung unterminiert, weil die Sakramente Zeichen sind der Gnade, die sie vermitteln (vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae III q. III Quaestio 68, Artikel 4).
In der Falle transhumanistischer Terminologie
Es ist verwirrend und schädlich, wenn sich das Lehramt auf die Terminologie einer nihilistischen und atheistischen Anthropologie einlässt und damit deren wahrheitswidrigen Inhalten den Status einer legitimen theologischen Meinung in der Kirche zu verleihen scheint. „Habt ihr nicht gelesen- so sagt Jesus zu den Pharisäern, „die ihm eine Falle stellen wollten- dass der Schöpfer die Menschen am Anfang als Mann und Frau geschaffen hat?“ (Mt 19, 4)
In Wahrheit gibt es weder in der Ordnung der geschöpflichen Natur noch in der Gnade des Neuen Bundes in Christus transsexuelle oder homophile (homoaffektive oder homosexuelle) Personen. In der Logik der Schöpfers von Mensch und Welt genügen zwei Geschlechter um den Fortbestand der Menschheit zu sichern und um die Kinder in der familiären Gemeinschaft mit ihrem Vater und ihrer Mutter aufblühen zu lassen.
„Person“, das weiß jeder Philosoph und Theologe, ist der Mensch in seiner geistigen und sittlichen Individualität, die ihn unmittelbar auf Gott seinen Schöpfer und Erlöser bezieht. Jede menschliche Person existiert aber in der geistig-leiblichen Natur und konkret entweder als Mann oder Frau durch den Akt der Schöpfung, in dem Gott ihn oder sie (und in der wechselseitiger Bezogenheit in der Ehe) zu seinem Gleichnis seiner ewigen Güte und dreieinigen Liebe gemacht hat. Und so wie er geschaffen worden ist, wird Gott jeden Menschen auch in seinem weiblichen oder männlichen Leib auferwecken ohne sich von denen irritieren zu lassen, die (für viel Geld) andere Menschen gentital oder hormonell verstümmelt haben, oder die -durch falsche Propaganda verwirrt- sich freiwillig um ihre männliche oder weibliche Identität haben betrügen lassen.
Der Transhumanismus in all seinen Varianten und ist eine diabolische Fiktion und eine Versündigung an der personalen Würde des Menschen, auch wenn er in der Form des Transsexualismus terminologisch als „selbstbestimmte Geschlechtsumwandlung“ beschönigt wird. Für Lehre und Praxis gilt der römischen Kirche schreibt klar vor: „Die Dirne, der Unzucht treibende Mann, derjenige, der sich selbst verstümmelt, und jeder andere, der etwas tut, worüber man nicht spricht [1 Kor 6, 6-20), soll [vom Katechumenat und der Taufe] abgewiesen werden.“(Traditio Apostolica 16).
Die „gesunde Lehre“ (1 Tim 4, 3) ist die heilsamste Pastoral
Das pastorale Motiv, das die Sünder gegen das sechste und neunte Gebot des Dekalogs möglichst „sanft und verständnisvoll“ behandelt sehen will, ist lobenswert nur solange der Seelsorger nicht wie ein schlechter Arzt seinen Patienten über die Schwere seiner Krankheit täuscht, sondern nur wenn der gute Hirte „mit dem Himmel sich mehr freut über einen einzigen Sünder, der Buße tut, als über neunundneunzig Gerechte, die es [in falscher Selbsteinschätzung] nicht nötig haben umzukehren.“ (Lk 15, 6). Hier ist auch grundlegend zu unterscheiden zwischen dem (einmaligen) Sakrament der Taufe, das alle bisherigen Sünden tilgt und uns mit dem bleibenden Charakter des Eingefügt-Seins in den Leib Christi ausstattet, und dem (wiederholbaren) Sakrament der Buße, durch das die Sünden vergeben werden, die wir nach der Taufe begangen haben.
Es ist gemäß der Heilsorge der Kirche immer richtig, dass ein Kind getauft werden kann und soll, dessen katholische Erziehung von den Verantwortlichen, gerade auch durch ein vorbildliches Leben, garantiert werden kann.
Kein Zweifel aber kann die Kirche lassen an dem natürlichen Recht eines Kindes, bei seinen eigenen leiblichen Eltern aufzuwachsen bzw. im Notfall bei seinen Adoptiveltern, die sittlich und rechtlich legitim an ihre Stelle treten. Jede Form von Leihmutterschaft oder der Produktion eines Kindes im Laboratorium (wie eine Sache) zur Befriedigung egoistischer Wünsche ist in katholischer Sicht eine schwere Verletzung der Person-Würde eines Menschen, den Gott durch seine eigene Mutter und seinen eigen Vater leiblich und geistig ins Dasein verfügt hat, um ihn zur Gotteskindschaft im ewigen Leben zu berufen.
Warum Gott nur durch den rechten Glauben die Kirche aufbaut
Im Zusammenhang mit der Synode über die Synodalität wurde oft die biblische Formulierung bemüht: „Wer Ohren hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt“ (Offb 2,11). Gemeint ist im letzten Buch der Heiligen Schrift „die Treue zum Wort Gottes und dem Zeugnis Jesu Christi“ (Offb 1,2). Der Verfasser der Traditio Apostolica im Rom der Apostelfürsten Petrus und Paulus ist davon überzeugt, dass der „Aufbau der Kirche bewirkt wird durch die Annahme des rechten Glaubens“. Er beschließt seine Schrift mit den bedenkenswerten Worten: „Denn wenn alle die apostolische Überlieferung hören, sie befolgen und beachten, wird euch kein Häretiker noch irgendein anderer Mensch in die Irre führen können. Denn die vielen Häresien sind dadurch hochgekommen, dass die Vorsteher [Bischöfe] sich über die Lehren der Apostel nicht haben belehren lassen wollen, sondern nach eigenem Gutdünken gehandelt haben und nicht, wie es sich geziemte. Wenn wir etwas vergessen haben, Geliebte, so wird Gott es denen offenbaren, die würdig sind. Er leitet nämlich die Kirche, damit sie den Hafen seiner Ruhe erreicht.“ (Traditio Apostolica 43).
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