24. November 2023 in Aktuelles
Pfarrvikar Mariscal „Ich stand da und hielt ein Baby mit meinen blutigen Händen, und das Baby war auch ganz blutig, und ich bin in Priesterkleidung – ich bin ein Priester vor dem Heiligtum Unserer Lieben Frau. Ich dachte: ‚Was will Gott mir sagen?‘“
Yakima (kath.net/pl) Pfarrvikar Jesús Mariscal wollte sich nur kurz eine Zwischenmahlzeit vom Bäcker holen. Doch als er zurückkam, entdeckte er auf dem Gelände um die St. Paul-Kathedrale von Yamika eine obdachlose Frau, deren Eröffnungswehen bereits begonnen hatten. Sie stand nahe bei einer Statue von „Unsere Liebe Frau von der Unbefleckten Empfängnis“ und schrie: „Ich brauche Hilfe! Mein Baby kommt!“ Der Pfarrvikar schilderte gegenüber US-amerikanischen Medien, dass er zunächst nicht glauben konnte, was er hörte – bis er das Blut zu Füßen der Frau entdeckte. „Es kommt. Es kommt jetzt“, wimmerte die Frau. Der Priester rief die örtliche Notrufnummer an und stellte sein Handy auf laut, um den medizinischen Anweisungen zu folgen, die man ihm am Notruftelefon gab.
Es dauerte nur wenige Momente, bis das Baby geboren wurde, Vikar Mariscal gab den Jungen der Frau in ihre Arme. Doch dann schrie sie erneut auf: „Es kommt noch eines!“. Das zweite Kind wurde allerdings mitsamt der noch geschlossenen Fruchtblase geboren, eine akut lebensgefährliche Situation. Die Hilfsperson am Notruftelefon sagte ihm, er solle die Fruchtblase sofort öffnen, doch der Vikar hatte keine Schere und kein Werkzeug bei sich. Deshalb zerriss er die Fruchtblase mit seinen Händen. Doch das Kind atmete nicht und es hatte obendrein die Nabelschnur um seinen Hals gewickelt. Vikar Mariscal klopfte dem Kind auf den Rücken, bis es zu atmen begann. Endlich kam der Krankenwagen, die Mutter und ihre beiden etwas zu früh geborenen Kinder wurden ins Krankenhaus eingeliefert, offenbar sind alle drei soweit gesund. Die obdachlose Frau hat das Krankenhaus bereits verlassen, ihr Aufenthaltsort und ihr Name sind unbekannt. Ob die Frau ihre Kinder mitgenommen hat oder nicht, wurde von den Medien nicht berichtet.
Pfarrvikar Mariscal sagte später, das sei „eine surreale Erfahrung gewesen“, „wie in einem Film“. „Ich stand da und hielt ein Baby mit meinen blutigen Händen, und das Baby war auch ganz blutig, und ich bin in Priesterkleidung – ich bin ein Priester vor dem Heiligtum Unserer Lieben Frau. Ich dachte: ‚Was will Gott mir sagen?‘“
Er berichtet außerdem, dass er unmittelbar nach seinem spontanen Einsatz als Geburtshelfer ein Traugespräch hatte, zu dem er deutlich zu spät kam. Er entschuldigte sich bei dem Brautpaar: „Tut mir leid, dass ich zu spät zu unserem Gespräch komme. Ich habe einer Dame dabei geholfen Zwillinge zu entbinden“. Das Brautpaar dachte, dass er scherze.
Im US-Bundesstaat Washington sind aktuell etwa 25.000 Menschen obdachlos. Das ist 10 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Bischof von Yakima, Joseph J. Tyson, sagte gegenüber Medien zu dieser außergewöhnlichen Begebenheit: „Ich hoffe, dass dies mithilft, das Bewusstsein für die politischen und sozialen Bedingungen zu steigern, die zur Obdachlosigkeit gehören. Wenn wir uns als Schwestern und Brüder gegenüber den Armen und Ausgegrenzten verhalten, dann begleiten wir sie auf ihrem Weg zur Problemlösung, zur Benennung ihrer Schwierigkeiten und helfen ihnen, ihren rechtmäßigen Platz in unser Gemeinschaft einzunehmen.“
Foto: links Pfarrvikar Mariscal; rechts die Rettungskräfte im Einsatz, als sie zu der Mutter mit ihren Zwillingen angekommen waren
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