17. Jänner 2024 in Kommentar
„Katholiken, die zur verbindlich gültigen Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte stehen, ob Kleriker oder Weltchristen, werden ungeniert als ‚rechts‘ stigmatisiert.“ Ein Gastbeitrag von Thorsten Paprotny
Hannover (kath.net) Die Erklärung „Fiducia supplicans“ sorgte für kontroverse Diskussionen unter Katholiken auf aller Welt – ebenso die von Kardinal Fernandez dann als Pressemitteilung nachgereichte Erläuterung zu der umstrittenen Erklärung. Nun haben sich zwei deutsche Theologieprofessoren aus Erfurt, die Dogmatikerin Julia Knop und der Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann, mit Statements (https://www.uni-erfurt.de/katholisch-theologische-fakultaet/fakultaet/aktuelles/theologie-aktuell/irritierend-enttaeuschend-und-bei-weitem-nicht-genug-zwei-reaktionen-auf-fiducia-supplicans) zu Wort gemeldet. Sichtbar wird vor allem, dass sich die Wortführer des Synodalen Weges von den einfach gläubigen Katholiken weit entfremdet haben und dezidiert antirömisch äußern. Katholiken, die zur verbindlich gültigen Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte stehen, ob Kleriker oder Weltchristen, werden ungeniert als „rechts“ stigmatisiert. Ein unfreundlicher politischer Kampfbegriff also tritt an die Stelle nüchtern-rationaler Argumentation. Julia Knop schreibt: „Kritik von rechts kam vor allem von Bischöfen aus Afrika, Osteuropa und den USA. Aber auch unter Priestern in Spanien und Frankreich formiert sich Widerstand. Katholische Identität wird hier formal durch Stagnation (keine Änderung der Lehre, niemals!) und inhaltlich durch homo-negativity (vorgeblich im Namen Gottes) bestimmt.“ Auf diese harschen Bemerkungen – das Verdikt einer „homo-negativity“ etwa ist eine Unterstellung – ließe sich erwidern: Zeigt sich die katholische Identität in der Änderung der verbindlich gültigen Lehre? Oder würde eine Veränderung der Lehre, die auf dem Evangelium Jesu Christi fußt, nicht eine geschmeidige Anpassung an den Zeitgeist und damit eine Abkehr von Gott anzeigen?
Frau Professorin Knop verweist auf den deutsch-synodalen Weg, kritisiert den „kleinen Segen“, den der Vatikan nun erlaube: „Von diesem kleinen Segen geht die (katholische) Welt nicht unter. Aber damit kommt sie auch nicht weiter. In Deutschland wurde im März 2023 die offizielle Einführung von Segensfeiern beschlossen. In verschiedenen Bistümern und Netzwerken arbeiten Theolog:innen, Liturg:innen und Seelsorger:innen längst an konkreten Formularen. Sie werten praktische Erfahrungen aus, die es längst gibt. Im Vergleich dazu ist der „Segen to go“, den FS nun weltkirchlich erlaubt, ein erheblicher Rückschritt.“ Das „Sakramenten- und Liturgieverständnis“ in Rom sei „altbacken“: „Seelsorge wird ausgesprochen paternalistisch konzipiert. Die weltweiten kulturellen und politischen Entwicklungen zugunsten der Gleichstellung von LGBTIQ Personen sind nicht der Rede wert. Es fällt kein einziges selbstkritisches Wort zur kirchlichen Sexuallehre. FS ist theologisch ein Armutszeugnis und seelsorglich eine Zumutung.“ Diese schneidig vorgetragene Meinung steht im Widerspruch zum Papst und zur Lehre der Kirche. Warum, so fragen sich ganz normale Katholiken, sollte ein „selbstkritisches Wort“ zur lebens- und menschenfreundlichen Sexuallehre der Kirche erfolgen? Welchen „weltweiten kulturellen und politischen Entwicklungen“ soll die Kirche – nach der bestimmenden Meinung führender deutscher Theologen – denn folgen? Energisch, und das seit langer Zeit, wendet sich die römisch-katholische Kirche gegen jede Art der Diskriminierung und Ausgrenzung von Homosexuellen in Staat, Kirche und Gesellschaft. Außerhalb der Ehe zwischen Mann und Frau ist jede Art von Geschlechtsverkehr eindeutig und unmissverständlich eine Sünde. Sünde darf – gleich in welcher Beziehungsform – noch nicht gesegnet werden. Auch eine Transformation oder Neuerfindung des Begriffs Sünde schafft die Sünde nicht aus der Welt, selbst dann nicht, wenn deutsche Theologen oder sogar Bischöfe, wer weiß, davon überzeugt sein sollten. Sünde bleibt Sünde.
Für den Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann ist der nun vorgestellte außerrituelle „Speed-Segen“ von 10 bis 15 Sekunden eine Zumutung. Er erklärt empört: „Der ‚Segen‘ zeugt nicht von wertschätzendem Umgang mit Menschen, die um den Segen für ihre Lebensbeziehung bitten. Er ist peinlich, einer Kirche und der Menschen unwürdig.“
Erinnert werden sollte – gerade in Zeiten wie diesen – aber an die Lehre der Kirche über Ehe und Familie, statt dezidiert konzilswidrige Ansichten, Meinungen und Gedanken aufzubringen. In der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ lesen wir in Abschnitt 48 von der „Heiligkeit von Ehe und Familie“: „Die innige Gemeinschaft des Lebens und der Liebe in der Ehe, vom Schöpfer begründet und mit eigenen Gesetzen geschützt, wird durch den Ehebund, d .h. durch ein unwiderrufliches personales Einverständnis, gestiftet. So entsteht durch den personal freien Akt, in dem sich die Eheleute gegenseitig schenken und annehmen, eine nach göttlicher Ordnung feste Institution, und zwar auch gegenüber der Gesellschaft. Dieses heilige Band unterliegt im Hinblick auf das Wohl der Gatten und der Nachkommenschaft sowie auf das Wohl der Gesellschaft nicht mehr menschlicher Willkür. Gott selbst ist Urheber der Ehe, die mit verschiedenen Gütern und Zielen ausgestattet ist; sie alle sind von größter Bedeutung für den Fortbestand der Menschheit, für den persönlichen Fortschritt der einzelnen Familienmitglieder und ihr ewiges Heil; für die Würde, die Festigkeit, den Frieden und das Wohlergehen der Familie selbst und der ganzen menschlichen Gesellschaft.
Durch ihre natürliche Eigenart sind die Institution der Ehe und die eheliche Liebe auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft hingeordnet und finden darin gleichsam ihre Krönung. Darum gewähren sich Mann und Frau, die im Ehebund nicht mehr zwei sind, sondern ein Fleisch (Mt 19,6), in inniger Verbundenheit der Personen und ihres Tuns gegenseitige Hilfe und gegenseitigen Dienst und erfahren und vollziehen dadurch immer mehr und voller das eigentliche Wesen ihrer Einheit. Diese innige Vereinigung als gegenseitiges Sichschenken zweier Personen wie auch das Wohl der Kinder verlangen die unbedingte Treue der Gatten und fordern ihre unauflösliche Einheit.“
Treue Katholiken, die sich zum Evangelium Jesu Christi und zur Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte bekennen, damit natürlich auch zum Zweiten Vatikanischen Konzil, werden künftig vielleicht von den deutsch-synodalen Kündern des „Anderskatholisch“-Seins (Bischof Bätzing) immer mehr als „Kritiker von rechts“ angesehen werden, ganz gleich, ob es sich um afrikanische Bischöfe, polnische Kleriker oder Laien, die zur Kirche des Herrn stehen, ob gelegen oder ungelegen, handelt. Wir dürfen gelassen bleiben und nie vergessen: Deus semper maior. Gott ist immer größer. Und Er hat das letzte Wort, über alles und über alle. Sogar über jene, die nicht mehr mit Ihm rechnen. Und natürlich auch über jeden Einzelnen von uns.
Dr. Thorsten Paprotny (siehe Link) lehrte von 1998-2010 am Philosophischen Seminar und von 2010 bis 2017 am Institut für Theologie und Religionswissenschaft der Leibniz Universität Hannover. Er publizierte 2018 den Band „Theologisch denken mit Benedikt XVI.“ im Verlag Traugott Bautz und arbeitet an einer Studie zum Verhältnis von Systematischer Theologie und Exegese im Werk von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.
kath.net-Buchtipp
Theologisch denken mit Benedikt XVI.
Von Thorsten Paprotny
Taschenbuch, 112 Seiten
2018 Bautz
ISBN 978-3-95948-336-0
Preis 15.50 EUR
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