„DBK hat keine Vollmacht, ihre Diözesen von Einheit mit Papst und katholischer Kirche wegzureißen“

22. Februar 2024 in Interview


Kard. Müller im kath.net-Interview: „Die Verantwortlichen für diese größte menschengemachte Krise der katholischen Kirche in Deutschland seit der protestantischen Reformation und der Säkularisation sollten sich einer apostolischen Visitation stellen“


Bonn-Vatikan (kath.net/pl) Auf die aktuellen Entwicklungen im Umfeld der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Augsburg und auf das unüberhörbare „Nein“ aus dem Vatikan zum geplanten „Synodalen Ausschuss“ gibt Kardinal Gerhard Ludwig Müller, emeritierter Präfekt der Glaubenskongregation, kath.net ein Exklusivinterview:

kath.net: Herr Kardinal, wie schätzen Sie den römischen Brief ein mit dem Verbot, in Deutschland einen Synodalen Rat oder Ausschuss als oberstes Leitungsgremium einzurichten, dem auch das Lehr- und Hirtenamt der Bischöfe untergeordnet ist?

Kard. Müller: Im letzten Moment wurde die Notbremse gezogen bevor der Zug mit Volldampf in den Sackbahnhof gerast wäre. Dieses geplante Gremium könnte nur menschlichen Rechtes sein und kann also prinzipiell nicht das sakramentale Amt des Bischofs, der Presbyter/Priester und Diakone aushebeln.

Die hierarchische Verfassung der Kirche ist göttlichen Rechtes. Mit einer katholischen Hermeneutik kommt man zur Einsicht in das Mysterium der Kirche sowohl in ihrem Wesen und ihrer geschichtlichen Entfaltung. Der biblische und dogmengeschichtliche und lehramtliche Befund wird im Licht der Selbstmitteilung Gottes in Christus richtig und vollständig gedeutet im Licht des Heiligen Geistes. Das alles kann man in „Lumen gentium“ leicht studieren, weil diese Dogmatische Konstitution eine Summe der neuzeitlichen Ekklesiologie ist, ohne den vermessenen Anspruch, das Geheimnis der Kirche des dreifaltigen Gottes auszuschöpfen oder in das Zwangskorsett eines Begriffssystems einzuzwängen oder die Kirche gar nach einer profanen und paganen Ideologie umzuformen.

Die Kirche Gottes ist vielmehr Zeichen und Werkzeug der innigsten Vereinigung der Menschen mit Gott und untereinander in der Liebe und nicht das von Menschen benutzte Instrument zur Promotion eines atheistischen Genderismus, Sexualismus, Wokismus, Transhumanismus oder der apokalyptischen Klimareligion.

Alle echten Anliegen dieser Bewegungen sind besser aufgehoben bei Gott, der alles durch sein Wort erschaffen hat und damit allem Geschaffenen von seinem Logos mitgeteilt hat und ihm eine echte Ursächlichkeit im Hinblick auf das natürliche und das übernatürliche Ziel von Mensch und Welt vermittelt hat.

kath.net: Auch die Kardinäle Schönborn und Kasper haben den Brief aus Rom begrüßt als letzte Warnung.

Kard Müller: Deren Stimme kann man von deutsch-synodaler Seite nicht so leicht als konservativ-rechts oder gar als Papst-Franziskus-feindlich framen und damit neutralisieren, ohne sich – in der eigenen ideologischen Blase – in Widerspruch zu setzen zu deren früheren Vereinnahmung als Kronzeugen in Sachen Kommunion für Katholiken in irregulären Partnerschaften.

Wo die Einheit mit dem Nachfolger Petri in der geoffenbarten Glaubens- und Sittenlehre und der sakramentalen Verfassung der Kirche in der apostolischen Nachfolge der Bischöfe verlassen wird, ist die rote Linie zu Schisma und Häresie überschritten.

Hier geht es nicht mehr darum, im Gespräch Missverständnisse zu überwinden, sondern den Missbrauch des Bischofsamtes abzustellen. Denn die Deutsche Bischofskonferenz hat keine Vollmacht ihre Diözesen von der Einheit mit dem Papst und der katholischen Kirche wegzureißen.

kath.net: Was ist zu tun?

Kard. Müller: Die Verantwortlichen für diese größte menschengemachte Krise der katholischen Kirche in Deutschland seit der protestantischen Reformation und der Säkularisation sollten sich einer apostolischen Visitation stellen. Alle haben zu lernen, dass die Kirche Jesu Christi nur mit theologischen Kategorien zu verstehen ist. Wer sie soziologistisch zu einer innerweltlichen NGO herunterzubrechen versucht oder meint menschenfreundlich zu sein, wenn er in sexualpsychologischer Reduktion den Menschen zu einem Triebwesen degradiert, der wird nicht als ein Reformer, sondern als ein Ruinierer in die Kirchengeschichte eingehen.

Die Apostel und somit die Bischöfe sind von Christus gesandt in die Welt, um allen Menschen das Evangelium zu verkünden. Das ist ihre gemeinsame Aufgabe und ihr synodaler Weg (syn-hodos). Das Gebaren als Kirchenfürsten und in moderner Version als Kirchenfunktionäre war immer die schwerste Versündigung an der Glaubwürdigkeit ihres Zeugnisses für Christus, den Retter der ganzen Welt und keineswegs nur ihrer Teilaspekte wie das Klima.

Die Bischöfe und Priester sind als Diener des Wortes Gottes Verkünder des Evangeliums vom Heiligen Geist als Hirten für die Kirche Gottes eingesetzt, die er sich durch das Blut seines Sohnes erworben hat (Apg 20, 28). Die Verweltlichung der Kirche gereichte ihr immer zum Schaden, die Verkündung des Evangeliums war und ist immer ihr Glück und das Heil für die Welt.


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