Vatikan veröffentlicht die Normen zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene

17. Mai 2024 in Weltkirche


Das "Wirken des Heiligen Geistes schließt auch die Möglichkeit ein, unsere Herzen durch bestimmte übernatürliche Ereignisse zu erreichen, wie Erscheinungen oder Visionen von Christus oder der Heiligen Jungfrau und andere Phänomene"


Vatikan (kath.net/pl) Der Vatikan hat die "Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene" veröffentlicht.

Präsentation

Im Hören auf den Geist, der im gläubigen Volk Gottes wirkt

Gott ist gegenwärtig und handelt in unserer Geschichte. Der Heilige Geist, der dem Herzen des auferstandenen Christus entspringt, wirkt in der Kirche mit göttlicher Freiheit und gewährt uns viele kostbare Gaben, die uns auf unserem Lebensweg helfen und unser geistliches Reifen in Treue zum Evangelium fördern. Dieses Wirken des Heiligen Geistes schließt auch die Möglichkeit ein, unsere Herzen durch bestimmte übernatürliche Ereignisse zu erreichen, wie Erscheinungen oder Visionen von Christus oder der Heiligen Jungfrau und andere Phänomene.

Oft haben diese Ereignisse einen großen Reichtum an geistlichen Früchten, an Wachstum im Glauben, an Frömmigkeit und Geschwisterlichkeit und Dienstbereitschaft hervorgebracht und in einigen Fällen sind dadurch verschiedene Wallfahrtsorte über die ganze Welt verstreut entstanden, die heute zu einem Kernteil der Volksfrömmigkeit vieler Völker geworden sind. Es gibt so viel Leben und Schönheit, die der Herr jenseits unserer gedanklichen Schemata und Verfahrensweisen sät! Aus diesem Grund sind die Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene, die wir jetzt vorstellen, nicht unbedingt als Kontrolle gedacht und noch weniger als Versuch, den Geist auszulöschen. In den positivsten Fällen von Ereignissen mutmaßlichen übernatürlichen Ursprungs wird nämlich „der Diözesanbischof ermutigt, den pastoralen Wert dieses spirituellen Angebots zu schätzen und auch dessen Verbreitung zu fördern“ (I, Nr. 17).

Hl. Johannes vom Kreuz stellte fest, „wie unzulänglich und unzureichend und in gewisser Weise ungeeignet alle Ausdrücke und Worte sind, mit denen man in diesem Leben von den göttlichen Dingen spricht“[1]. Niemand kann die unergründlichen Wege Gottes in den Menschen vollständig ausdrücken: „Daraus ergibt sich, dass die heiligen Kirchenlehrer, auch wenn sie noch so viel sagen oder noch mehr sagen würden, dies doch nie mit Worten zu Ende erklären können, genauso wenig wie es mit Worten gesagt werden konnte“[2]. Weil „dieser Weg, zu Gott zu gehen, so geheim und verdeckt ist für den Sinn der menschlichen Seele, wie es eine Straße durchs Meer für die Sinne des Leibes ist, deren Pfade und Spuren man nicht verfolgen kann“[3]. In der Tat: „Er ist der übernatürliche Baumeister, der ungezwungen in jeder Seele ein Gebäude aufführen wird, so wie es ihm gefällt“[4].

Gleichzeitig muss anerkannt werden, dass in einigen Fällen von Ereignissen, die mutmaßlichen übernatürlichen Ursprungs sind, sehr ernste Probleme zum Schaden der Gläubigen auftreten, und in diesen Fällen muss die Kirche mit all ihrer pastoralen Fürsorge handeln. Ich beziehe mich zum Beispiel auf den Gebrauch solcher Phänomene zur Erlangung von „Profit, Macht, Ruhm, sozialer Berühmtheit, persönlichen Interessen“ (II, Art. 15, 4°), was sogar so weit gehen kann, dass die Möglichkeit besteht, schwerwiegende unmoralische Handlungen zu begehen (vgl. II, Art. 15, 5°) oder sogar „als Mittel oder Vorwand, um Menschen zu beherrschen oder Missbrauch zu begehen“ (II, Art. 16).

Man darf auch nicht außer Acht lassen, dass es bei solchen Ereignissen zu Irrtümern in der Glaubenslehre, zu einer unangemessenen Verkürzung der Botschaft des Evangeliums, zur Verbreitung eines sektiererischen Geistes usw. kommen kann. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, dass die Gläubigen in den Bann eines einer göttlichen Initiative zugeschrieben Ereignisses geraten, das aber lediglich Frucht der Phantasie, des Strebens nach etwas Neuem, der Mythomanie oder der Neigung zur Verfälschung ist.

Die Kirche braucht daher für ihre Unterscheidung in diesem Bereich klare Verfahren. Die bis heute gültigen Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher Erscheinungen und Offenbarungen wurden 1978, also vor mehr als vierzig Jahren, vom Hl. Paul VI. in forma reservata verabschiedet und erst 33 Jahre später, im Jahre 2011, offiziell veröffentlicht.

Die vorliegende Überarbeitung

Beim Anwenden der Normen von 1978 wurde jedoch festgestellt, dass die Entscheidungen sehr lange dauerten, sogar mehrere Jahrzehnte, und dass auf diese Weise die notwendige kirchliche Unterscheidung zu spät kam.

Ihre Überarbeitung begann 2019 im Rahmen der verschiedenen von der damaligen Glaubenskongregation vorgesehenen Konsultationen (Kongress, Konsultorenversammlung, Feria IV und Plenaria). Im Laufe dieser fünf Jahren wurden mehrere Revisionsvorschläge ausgearbeitet, die jedoch alle als unzureichend beurteilt wurden.

Der Kongress des Dikasteriums vom 16. November 2023 erkannte schließlich die Notwendigkeit einer umfassenden und radikalen Überarbeitung des bis dahin ausgearbeiteten Konzepts und es wurde ein neuer Entwurf des Dokuments erstellt, der völlig neu im Sinne einer größeren Klarheit bezüglich der Rollen des Diözesanbischofs und des Dikasteriums gedacht wurde.

Der neue Entwurf wurde am 4. März 2024 einer kleinbesetzten Konsultorenversammlung vorgelegt, bei der die allgemeine Beurteilung positiv ausfiel, wobei dennoch einige Anmerkungen zur Verbesserung gemacht wurden, die in den nachfolgenden Entwurf des Dokuments Aufnahme fanden.

Der Text wurde dann der Feria IV des Dikasteriums am 17. April 2024 vorgelegt, bei der die Mitglieder, Kardinäle- und Bischöfe, ihre Zustimmung gaben. Schließlich wurden die neuen Normen am 4. Mai 2024 dem Heiligen Vater vorgelegt, der sie approbiert und ihre Veröffentlichung sowie ihr Inkrafttreten für den 19. Mai 2024, dem Hohen Pfingstfest, angeordnet hat.

Gründe für die Neufassung der Normen

Im Vorwort zur Veröffentlichung der Normen von 1978, geschehen im Jahr 2011, stellte der damalige Präfekt, Kard. William Levada, klar, dass dasselbe Dikasterium für die Untersuchung von Fällen von „Erscheinungen, Visionen und Botschaften, denen ein übernatürlicher Ursprung zugeschrieben wird“ zuständig sei. In diesen Normen heißt es nämlich, dass es „der Hl. Kongregation zu[kommt], die Vorgehensweise des Ordinarius zu prüfen und zu billigen“ oder „eine neue Untersuchung […] einzuleiten“ (IV, 2).

In der Vergangenheit schien der Heilige Stuhl Aussagen von Bischöfen wie diese zu akzeptieren: „les fidèles sont fondés à la croire indubitable et certaine“ (Dekret des Bischofs von Grenoble, 19. September 1851), „Die Realität des Tränenflusses kann nicht bezweifelt werden“ (Bischöfe von Sizilien, 12. Dezember 1953). Diese Äußerungen standen jedoch im Widerspruch zu der Überzeugung der Kirche, dass die Gläubigen nicht verpflichtet sind, die Echtheit dieser Ereignisse zu akzeptieren. Daher stellte das Heilige Offizium einige Monate nach diesem letzten Fall klar, dass es „noch keine Entscheidung bezüglich der Madonnina delle Lacrime [Syrakus/Sizilien] getroffen hat“ (2. Oktober 1954). Des Weiteren, in jüngerer Zeit erklärte die damalige Kongregation für die Glaubenslehre unter Bezugnahme auf den Fall (der Erscheinungen von) Fatima, dass die kirchliche Anerkennung einer Privatoffenbarung hervorhebt: „Die betreffende Botschaft enthält nichts, was dem Glauben und den guten Sitten entgegensteht“ (26. Juni 2000).

Trotz dieser klaren Stellungnahme waren die vom Dikasterium selbst in jüngster Zeit angewandten Verfahren de facto auf eine Erklärung der „Übernatürlichkeit“ oder „Nicht-Übernatürlichkeit“ seitens des Bischofs ausgerichtet, so dass einige Bischöfe auf der Möglichkeit bestanden, eine solche positive Erklärung abzugeben. Sogar in jüngster Zeit wollten sich einige Bischöfe in Worten wie diesen ausdrücken: „Ich stelle die absolute Wahrheit der Tatsachen fest“, „die Gläubigen müssen zweifellos als wahr ansehen...“, usw. Diese Ausdrücke verleiteten die Gläubigen in der Tat zu der Annahme, sie seien verpflichtet, an diese Erscheinungen zu glauben, die manchmal mehr geschätzt wurden als das Evangelium selbst.

Bei der Behandlung solcher Fälle und insbesondere bei der Abfassung einer Verlautbarung gingen einige Bischöfe dazu über, das Dikasterium vorab um die erforderliche Genehmigung zu bitten. Wenn sie dazu autorisiert wurden, waren die Bischöfe jedoch gebeten, das Dikasterium in der Verlautbarung nicht zu nennen. Dies war zum Beispiel in den wenigen Fällen der Fall, die in den letzten Jahrzehnten zu einem Ergebnis geführt haben: „Sans impliquer notre Congrégation“ (Brief an den Bischof von Gap, 3. August 2007); „Das Dikasterium sollte nicht in eine solche Erklärung einbezogen werden“ (Kongress vom 11. Mai 2001, betreffend den Bischof von Gikongoro). Das heißt, der Bischof war nicht autorisiert zu erwähnen, dass eine Genehmigung des Dikasteriums vorlag. Gleichzeitig baten einige andere Bischöfe, deren Diözesen ebenfalls von diesen Phänomenen betroffen waren, das Dikasterium um eine Stellungnahme, um mehr Klarheit zu erlangen.

Diese besondere Vorgehensweise, die nicht wenig Verwirrung gestiftet hat, hilft zu verstehen, dass die Normen von 1978 nicht mehr ausreichend und angemessen sind, um die Arbeit sowohl der Bischöfe als auch des Dikasteriums zu leiten, und dies wird heute noch problematischer, da es schwierig ist, dass ein Phänomen auf eine Stadt oder eine Diözese begrenzt bleibt. Diese Feststellung war bereits in der damaligen Glaubenskongregation während der Vollversammlung von 1974 gemacht worden, als die Mitglieder anerkannten, dass ein Ereignis angeblich übernatürlichen Ursprungs oft „unvermeidlich die Grenzen einer Diözese und sogar einer Nation überschreitet und [...] der Fall automatisch Ausmaße erreicht, die ein Eingreifen der höchsten Autorität der Kirche rechtfertigen können“. Gleichzeitig räumten die Normen von 1978 ein, dass es „schwieriger, wenn nicht fast unmöglich [wurde], mit der gebotenen Schnelligkeit jenes Urteil zu fällen, das in der Vergangenheit die Untersuchungen zur Sache abgeschlossen hat (constat de supernaturalitate, non constat de supernaturalitate)“ (Normen von 1978, Vorbemerkung).

Die Erwartung einer Erklärung über die Übernatürlichkeit eines Ereignisses hat dazu geführt, dass nur in sehr wenigen Fällen eine klare Entscheidung getroffen wurde. In der Tat wurden nach 1950 nicht mehr als sechs Fälle offiziell geklärt, obwohl die Phänomene oft ohne klare Anleitung und unter Beteiligung von Menschen aus vielen Diözesen zunahmen. Es ist daher anzunehmen, dass viele andere Fälle anders oder gar nicht behandelt wurden.

Um die Lösung eines konkreten Falles, bei dem es um ein Ereignis mutmaßlichen übernatürlichen Ursprungs ging, nicht länger hinauszuzögern, hat das Dikasterium dem Heiligen Vater kürzlich vorgeschlagen, die entsprechende Untersuchung nicht mit einer Erklärung de supernaturalitate, sondern mit einem Nihil obstat abzuschließen, das dem Bischof gestatten würde, aus diesem geistlichen Phänomen pastoralen Nutzen zu ziehen. Diese Erklärung wurde abgegeben, nachdem die verschiedenen geistlichen und pastoralen Früchte und das Fehlen größerer Kritikpunkte an diesem Ereignis bewertet worden waren. Der Heilige Vater betrachtete diesen Vorschlag als eine „gerechte Lösung“.

Neue Aspekte

Die oben genannten Elemente haben uns dazu veranlasst, mit den neuen Normen ein anderes, aber auch ein reichhaltigeres Verfahren als in der Vergangenheit vorzuschlagen, und zwar mit sechs möglichen prudenziellen Schlussfolgerungen, die die Seelsorge im Zusammenhang mit Ereignissen mutmaßlich übernatürlichen Ursprungs orientieren können (vgl. I, Nrn. 17–22). Der Vorschlag dieser sechs endgültigen Festlegungen ermöglicht es dem Dikasterium und den Bischöfen, die Probleme der sehr unterschiedlichen Fälle, von denen sie Kenntnis haben, angemessen zu behandeln.

Diese möglichen Schlussfolgerungen beinhalten normalerweise keine Erklärung über die Übernatürlichkeit des zu beurteilenden Phänomens, d. h. die Möglichkeit, mit moralischer Gewissheit zu bejahen, dass dies auf eine Entscheidung Gottes zurückgeht, der es direkt gewollt hat. Stattdessen bedeutet die Gewährung eines Nihil obstat lediglich, wie Papst Benedikt XVI. bereits erläuterte, dass es Gläubigen in Bezug auf dieses Phänomen „gestattet [ist], ih[m] in kluger Weise ihre Zustimmung zu schenken“. Da es sich nicht um eine Erklärung über die Übernatürlichkeit der Tatsachen handelt, wird noch deutlicher, wie auch Papst Benedikt XVI. sagte, dass es sich nur um eine Hilfe handelt, „von der man nicht Gebrauch machen muß“[5]. Auf der anderen Seite lässt diese Intervention natürlich die Möglichkeit offen, dass unter Berücksichtigung der (nachfolgenden) Entwicklung der (Devotion), in Zukunft eine andere Intervention notwendig sein könnte.

Es sei auch darauf hingewiesen, dass das Erreichen einer Feststellung der „Übernatürlichkeit“ naturgemäß nicht nur eine entsprechende Zeit für die Prüfung erfordert, sondern auch dazu führen kann, dass man heute ein Urteil über die „Übernatürlichkeit“ und Jahre später ein Urteil über die „Nicht-Übernatürlichkeit“ fällt, wie es in der Tat geschehen ist. Es sei an einen Fall von angeblichen Erscheinungen aus den 1950er Jahren erinnert, bei dem der Bischof 1956 ein endgültiges Urteil über die „Nicht-Übernatürlichkeit“ abgab. Im folgenden Jahr approbierte das damalige Heilige Offizium die Maßnahmen dieses Bischofs. Danach wurde die Approbation für diese Verehrung erneut beantragt, worauf 1974 die Kongregation für die Glaubenslehre nochmals in Bezug auf dieselben mutmaßlichen Erscheinungen erklärte: constat de non supernaturalitate. 1996 erkannte daraufhin der Ortsbischof die Verehrung an, und ein anderer Bischof, desselben Diözese, erkannte 2002 den „übernatürlichen Ursprung“ der Erscheinungen an, und die Verehrung verbreitete sich in anderen Ländern. Auf Ersuchen der damaligen Kongregation für die Glaubenslehre bekräftigte schließlich im Jahr 2020 ein neuer Bischof „das negative Urteil“, das zuvor von derselben Kongregation gefällt worden war, und ordnete an, dass jegliche Verbreitung der mutmaßlichen Erscheinungen und Offenbarungen eingestellt werden müsse. Es dauerte also etwa siebzig quälende Jahre, bis die ganze Angelegenheit abgeschlossen war.

Heute ist man zu der Überzeugung gelangt, dass diese komplizierten Situationen, die bei den Gläubigen Verwirrung stiften, immer vermieden werden müssen, indem man von einer schnelleren und ausdrücklicheren Beteiligung dieses Dikasteriums ausgeht und vermeidet, dass die Unterscheidung auf eine Erklärung der „Übernatürlichkeit“ hinausläuft, in Verbindung mit hohen Erwartungen, Ängsten und sogar Druck diesbezüglich. Eine solche Erklärung der „Übernatürlichkeit“ wird in der Regel entweder durch ein Nihil obstat ersetzt, das ein positives pastorales Wirken erlaubt, oder durch eine andere, der konkreten Situation angemessene Festlegung.

Das in den neuen Normen vorgesehene Verfahren mit dem Vorschlag von sechs möglichen prudenziellen Entscheidungen ermöglicht es, innerhalb einer zumutbareren Zeit zu einer Entscheidung zu gelangen, die dem Bischof hilft, die Situation in Bezug auf Ereignisse mutmaßlich übernatürlichen Ursprungs zu steuern, bevor sie sehr problematische Ausmaße annehmen, ohne dass die notwendige kirchliche Unterscheidung getroffen wird.

Dennoch bleibt die Möglichkeit bestehen, dass der Heilige Vater auf einem ganz außerordentlichen Weg eingreift, indem er ein Verfahren für eine eventuelle Erklärung der Übernatürlichkeit der Ereignisse genehmigt: dies ist in der Tat eine Ausnahme, die in den letzten Jahrhunderten nur in sehr wenigen Fällen vorgekommen ist.

Andererseits bleibt, wie in den neuen Normen vorgesehen, die Möglichkeit einer Erklärung der „Nicht-Übernatürlichkeit“ nur dann bestehen, wenn objektive Anzeichen auftauchen, die eindeutig auf eine Manipulation hinweisen, die dem Phänomen zugrunde liegt, z. B. wenn ein angeblicher Seher behauptet, gelogen zu haben, oder wenn Beweise darauf hindeuten, dass das Blut eines Kruzifixes dem angeblichen Seher gehört, usw.

Anerkennung eines Wirkens des Geistes

In den meisten Heiligtümern, die heute bevorzugte Orte der Volksfrömmigkeit des Gottesvolkes sind, hat es im Laufe der dort vollzogenen Verehrung nie eine Erklärung über die Übernatürlichkeit der Tatsachen gegeben, die Anlass zu dieser Andacht gaben. Der sensus fidelium hat gespürt, dass dort ein Wirken des Heiligen Geistes stattfindet, und es sind keine schwerwiegenden Kritikpunkte aufgetreten, die ein Eingreifen der Oberhirten erfordert hätten.

In vielen Fällen war die Anwesenheit des Bischofs und der Priester bei bestimmten Anlässen wie Wallfahrten oder bestimmter Messfeiern eine implizite Form der Anerkennung, dass es keine ernsthaften Einwände gab und dass diese geistliche Erfahrung einen positiven Einfluss auf das Leben der Gläubigen ausübte.

In jedem Fall erlaubt ein Nihil obstat den Seelsorgern, ohne Zweifel oder Zögern zu handeln, um an der Seite des Volkes Gottes zu sein und die Gaben des Heiligen Geistes zu empfangen, die inmitten von diesen Ereignissen auftreten können. Der Ausdruck „inmitten von“, der in den neuen Normen verwendet wird, hilft zu verstehen, dass man, auch wenn man keine Erklärung über die Übernatürlichkeit des Ereignisses selbst abgibt, dennoch die Zeichen eines übernatürlichen Wirkens des Heiligen Geistes im Kontext des Geschehens klar anerkennt.

In anderen Fällen besteht neben dieser Anerkennung die Notwendigkeit einer gewissen Klärung oder Läuterung. Es kann nämlich vorkommen, dass in einer konkreten Situation auftretende, echte Handlungen des Heiligen Geistes, die man richtig wertschätzen kann, mit rein menschlichen Elementen vermischt erscheinen, wie persönliche Wünsche, Erinnerungen, manchmal zwanghafte Vorstellungen, oder mit „einem Irrtum natürlicher Art, der nicht auf eine böse Absicht, sondern auf die subjektive Wahrnehmung des Phänomens zurückzuführen ist“ (II, Art. 15, 2°). Außerdem: „Man kann gar nicht ohne weiteres ein Erlebnis, das sich als Vision gibt, vor das strenge Dilemma stellen, entweder in allen Punkten richtig zu sein oder als Ganzes für menschliche oder teuflische Illusion oder Betrug zu gelten“[6].

Die Beteiligung und die Begleitung durch das Dikasterium

Es ist wichtig zu verstehen, dass die neuen Normen die Zuständigkeit des Dikasteriums schwarz auf weiß bestimmen. Einerseits bleibt es dabei, dass die Unterscheidung die Aufgabe des Diözesanbischofs ist. Andererseits, in Anbetracht der Tatsache, dass diese Phänomene heute mehr denn je viele Menschen betreffen, die anderen Diözesen angehören, und sich schnell in verschiedenen Regionen und Ländern ausbreiten, legen die neuen Normen fest, dass das Dikasterium konsultiert werden und immer eingreifen muss, um die endgültige Zustimmung zu den Entscheidungen des Bischofs zu geben, bevor dieser eine Entscheidung über ein Ereignis mutmaßlichen übernatürlichen Ursprungs veröffentlicht. Während das Dikasterium früher intervenierte, der Bischof aber gebeten wurde, das Dikasterium nicht einmal zu nennen, bekundet es heute öffentlich seine Beteiligung und begleitet den Bischof bei der endgültigen Entscheidung. Bei der Bekanntgabe der Entscheidung heißt es dann: „im Einvernehmen mit dem Dikasterium für die Glaubenslehre“.

In jedem Fall, wie bereits in den Normen von 1978 (IV, 1 b) berücksichtigt, sehen die neuen Normen auch vor, dass das Dikasterium in bestimmten Fällen motu proprio eingreifen kann (II, Art. 26). Tatsächlich sehen die neuen Normen vor, dass nach der klaren Entscheidung „das Dikasterium […] sich in jedem Fall das Recht vor[behält], je nach Entwicklung des Phänomens erneut zu intervenieren“ (II, Art. 22 §3) und bitten den Bischof, zum Wohl der Gläubigen „weiterhin zu wachen“ (II, Art. 24).

Gott ist in der Geschichte der Menschheit immer gegenwärtig und hört nicht auf, uns durch das Wirken des Heiligen Geistes seine Gnadengaben zu senden, um unseren Glauben an Jesus Christus, den Retter der Welt, von Tag zu Tag zu erneuern. Es ist Aufgabe der Hirten der Kirche, ihre Gläubigen immer wieder auf diese liebende Gegenwart der Heiligsten Dreifaltigkeit in unserer Mitte aufmerksam zu machen, ebenso wie es ihre Aufgabe ist, die Gläubigen vor jeder Täuschung zu bewahren. Diese neuen Normen sind nichts anderes als eine konkrete Art und Weise, in der sich das Dikasterium für die Glaubenslehre in den Dienst der Hirten stellt, um auf den Geist zu hören, der im gläubigen Volk Gottes wirkt.

Víctor Manuel Kard. Fernández

Präfekt

Einleitung

1. Jesus Christus ist das endgültige Wort Gottes, „der Erste und der Letzte“ (Offb 1,17). Er ist die Fülle und die Erfüllung der Offenbarung: Alles, was Gott offenbaren wollte, hat er durch seinen Sohn, das fleischgewordene Wort, getan. Daher ist „die christliche Heilsordnung, nämlich der neue und endgültige Bund, unüberholbar, und es ist keine neue öffentliche Offenbarung mehr zu erwarten vor der Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus in Herrlichkeit“[7].

2. In dem geoffenbarten Wort ist alles enthalten, was das christliche Leben braucht. Der heilige Johannes vom Kreuz sagt, dass der Vater „Denn indem er uns seinen Sohn gab, und den gab er uns ja, der sein einziges Wort ist, und er kein anderes hat, hat er uns in diesem einen Wort alles zugleich und auf einmal gesagt, und mehr hat er nicht zu sagen. [...] [Er hat] nichts weiter zu sagen […], denn das, was er früher stückerweise zu den Propheten sprach, das hat er in ihm ganz ausgesagt, indem er uns ,den Alles‘ gab, der sein Sohn ist. Wer deshalb jetzt noch Gott befragen oder eine Vision oder Offenbarung von ihm wünschen wollte, beginge nicht nur eine Dummheit, sondern er würde Gott eine Beleidigung zufügen, weil er seine Augen nicht ganz und gar auf Christus richtet, ohne noch etwas anderes oder Neues zu wollen“[8].

3. In der Zeit der Kirche führt der Heilige Geist die Gläubigen in jedem Zeitalter „in die ganze Wahrheit“ (Joh 16,13), um „um das Verständnis der Offenbarung mehr und mehr zu vertiefen“[9]. Der Heilige Geist ist es in der Tat, der uns immer mehr zum Verständnis des Geheimnisses Christi führt, denn „wie viele Geheimnisse und Wunder sie [die heiligen Lehrer] auch aufgedeckt oder in diesem Leben verstanden haben […] gibt es viel, was in Christus zu vertiefen ist, denn er ist wie ein überreiches Bergwerk mit vielen Gängen voll von Schätzen, niemals findet man für sie einen Schluss- und Endpunkt, mag man sich noch so sehr in sie vertiefen, im Gegenteil, in jedem Gang kommt man da und dort zum Auffinden von neuen Adern mit neuen Reichtümern“[10].

4. Wenn einerseits alles, was Gott offenbaren wollte, er durch seinen Sohn vollzogen hat und in der Kirche Christi jedem Getauften die gewöhnlichen Mittel der Heiligkeit zur Verfügung stehen, so kann andererseits der Heilige Geist einigen Menschen ganz besondere Glaubenserfahrungen schenken, die „nicht dazu da [sind], die endgültige Offenbarung Christi zu ,vervollkommnen‘ oder zu ,vervollständigen‘, sondern sollen helfen, in einem bestimmten Zeitalter tiefer aus ihr zu leben“[11].

5. Die Heiligkeit ist in der Tat eine Berufung, die alle Getauften betrifft: Sie wird durch ein Leben des Gebets und der Teilnahme am sakramentalen Leben genährt und drückt sich in einer Existenz aus, die von der Liebe zu Gott und zum Nächsten durchdrungen ist.[12] In der Kirche empfangen wir die Liebe Gottes, die sich in Christus vollständig gezeigt hat (vgl. Joh 3,16) und die „ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (Röm 5,5) ist. Wer sich vom Heiligen Geist fügsam leiten lässt, erfährt die Gegenwart und das Wirken der Dreifaltigkeit, so dass eine so gelebte Existenz, wie Papst Franziskus lehrt, zu einem mystischen Leben führt, das „auch ohne außerordentliche Phänomene, allen Gläubigen als eine tägliche Erfahrung der Liebe anbietet“[13].

6. Allerdings gibt es manchmal Phänomene (z. B. behauptete Erscheinungen, Visionen, innere oder äußere Einsprechungen, Schriften oder Botschaften, Phänomene im Zusammenhang mit sakralen Bildern, psychophysische und andere Phänomene), die die Grenzen der alltäglichen Erfahrung zu überschreiten scheinen und sich als mutmaßlich übernatürlichen Ursprungs darstellen. Über solche Ereignisse genau zu sprechen, kann die Möglichkeiten der menschlichen Sprache übersteigen (vgl. 2 Kor 12,2-4). Mit dem Aufkommen der modernen Kommunikationsmittel können solche Phänomene die Aufmerksamkeit vieler Gläubigen auf sich ziehen oder in ihnen Ratlosigkeit bewirken, und die Nachricht davon kann sich sehr schnell verbreiten, so dass die Hirten der Kirche aufgerufen sind, sich mit solchen Ereignissen zuvorkommend zu befassen, das heißt, ihre Früchte zu würdigen, sie von negativen Elementen zu reinigen oder die Gläubigen vor den Gefahren zu warnen, die von ihnen ausgehen (vgl. 1 Joh 4,1).

7. Mit der Entwicklung der heutigen Kommunikationsmittel und der Zunahme von Wallfahrten erreichen diese Phänomene zudem nationale und sogar weltweite Dimensionen, so dass eine Entscheidung, die eine Diözese betrifft, auch anderswo Auswirkungen hat.

8. Wenn neben besonderen spirituellen Erfahrungen auch physische und psychische Phänomene auftreten, die nicht unmittelbar mit dem Verstand allein erklärt werden können, ist es Aufgabe der Kirche, diese Phänomene sorgfältig zu untersuchen und zu beurteilen.

9. In seinem Apostolischen Schreiben Gaudete et exsultate erinnert uns Papst Franziskus daran, dass die einzige Möglichkeit, zu wissen, ob etwas vom Heiligen Geist kommt, die Unterscheidung ist, um die man im Gebet bitten und die man pflegen muss.[14]Sie ist eine göttliche Gabe, die den Hirten der Kirche hilft, das zu verwirklichen, was der heilige Paulus sagt: „Prüft alles und behaltet das Gute!“ (1 Thess 5,21). Um die Diözesanbischöfe und die Bischofskonferenzen bei der Unterscheidung in Bezug auf Phänomene, die angeblich übernatürlichen Ursprungs sind, zu unterstützen, promulgiert das Dikasterium für die Glaubenslehre die folgenden Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene.

I. ALLGEMEINE RICHTLINIEN

A. Natur der Unterscheidung

10. Gemäß den nachstehend aufgeführten Normen kann die Kirche die Pflicht wahrnehmen, zu unterscheiden: a) ob es möglich ist, in den Phänomenen mutmaßlichen übernatürlichen Ursprungs das Vorhandensein von Zeichen eines göttlichen Wirkens zu erkennen; b) ob in den möglichen Schriften oder Botschaften derjenigen, die an diesen mutmaßlichen Phänomenen beteiligt sind, nichts zu finden ist, was dem Glauben und den Sitten widerspricht; c) ob es zulässig ist, ihre geistlichen Früchte zu würdigen, oder ob es notwendig ist, sie von problematischen Elementen zu reinigen oder die Gläubigen vor den Gefahren zu warnen, die sich aus ihnen ergeben; d) ob eine Würdigung durch die zuständige kirchlichen Autorität im Hinblick auf die Seelsorge ratsam ist.

11. Obwohl die nachfolgenden Bestimmungen die Möglichkeit der Unterscheidung im Sinne von Nr. 10 vorsehen, muss klargestellt werden, dass auf ordentlichem Wege keine positive Anerkennung des göttlichen Ursprungs mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene durch die kirchliche Autorität zu erwarten ist.

12. Wenn das Dikasterium ein Nihil obstat gewährt (vgl. weiter unten, Nr. 17), werden solche Phänomene nicht zum Glaubensgegenstand – das heißt, die Gläubigen sind nicht verpflichtet, ihnen Glaubenszustimmung entgegenzubringen –, sondern, wie in den durch die Kirche anerkannten Charismen, sie „stellen Wege dar, die Erkenntnis Christi zu vertiefen und sich ihm großzügiger hinzugeben, und dabei sich gleichzeitig immer mehr in der Gemeinschaft mit dem ganzen christlichen Volk zu verwurzeln“[15].

13. Andererseits impliziert ein Nihil obstat im Rahmen eines Heiligsprechungsprozesses keine Erklärung über die Echtheit von eventuellen übernatürlichen Phänomenen im Leben einer Person, wie beispielsweise im Dekret über die Heiligsprechung der heiligen Gemma Galgani dargelegt wurde: «[Pius XI] feliciter elegit ut super heroicis virtutibus huius innocentis aeque ac poenitentis puellae suam mentem panderet, nullo tamen per praesens decretum (quod quidem numquam fieri solet) prolato iudicio de praeternaturalibus Servae Dei charismatibus»[16].

14. Gleichzeitig muss festgestellt werden, dass bestimmte Phänomene, die einen übernatürlichen Ursprung haben könnten, manchmal mit konfusen menschlichen Erfahrungen, theologisch ungenauen Äußerungen oder nicht ganz legitimen Interessen verbunden erscheinen.

15. Die Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene erfolgt von Anfang an durch den Diözesanbischof oder gegebenenfalls durch eine andere kirchliche Autorität im Sinne der Art. 4–6, im Dialog mit dem Dikasterium. In jedem Fall, da eine besondere, auf das Wohl des ganzen Volkes Gottes gerichtete Aufmerksamkeit nie fehlen darf, „behält sich dieses Dikasterium […] das Recht vor, die moralischen und lehrmäßigen Bestandteile dieses geistlichen Phänomens und dessen Nutzung zu bewerten“[17]. Es darf nicht übersehen werden, dass es bei der Unterscheidung zuweilen auch um Vergehen/Delikte, Manipulation von Personen, Schädigung der Einheit der Kirche, unrechtmäßige finanzielle Vorteile, schwere lehrmäßige Fehler usw. gehen kann, die Skandale verursachen und die Glaubwürdigkeit der Kirche untergraben könnten.

B. Schlussfolgerungen

16. Die Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene kann zu Schlussfolgerungen führen, die normalerweise in einem der folgenden Termini Ausdruck finden werden.

17. Nihil obstat — Auch wenn keine Gewissheit über die übernatürliche Echtheit des Phänomens geäußert wird, so werden doch viele Anzeichen für ein Wirken des Heiligen Geistes „inmitten“[18] einer bestimmten spirituellen Erfahrung erkannt, und es wurden, zumindest bis dato, keine besonders kritischen oder riskanten Aspekte festgestellt. Aus diesem Grund wird der Diözesanbischof ermutigt, den pastoralen Wert dieses geistlichen Angebots zu würdigen und auch dessen Verbreitung zu fördern, auch durch mögliche Pilgerfahrten zu einem heiligen Ort.

18. Prae oculis habeatur — Obwohl wichtige positive Zeichen anerkannt werden, werden auch einige Elemente der Verwirrung oder mögliche Risiken wahrgenommen, die eine sorgfältige Unterscheidung und Dialog mit den Empfängern einer bestimmten geistlichen Erfahrung seitens des Diözesanbischofs erfordern. Wenn es sich um Schriften oder Botschaften handelt, kann eine lehrmäßige Klärung erforderlich sein.

19. Curatur — Es werden mehrere oder bedeutende kritische Elemente festgestellt, aber gleichzeitig ist das Phänomen bereits weit verbreitet und es sind damit verbundene und nachweisbare geistliche Früchte vorhanden. Von einem Verbot, das das Volk Gottes verwirren könnte, wird in diesem Zusammenhang abgeraten. In jedem Fall wird der Diözesanbischof aufgefordert, dieses Phänomen nicht zu fördern, nach alternativen Ausdrucksformen von Frömmigkeit zu suchen und möglicherweise dessen geistliches und pastorales Profil neu auszurichten.

20. Sub mandato — Die festgestellten kritischen Punkte beziehen sich nicht auf das Phänomen selbst, das reich an positiven Elementen ist, sondern auf eine Person, eine Familie oder eine Gruppe von Menschen, die missbräuchlich davon Gebrauch machen. Eine spirituelle Erfahrung wird für einen bestimmten und unangemessenen finanziellen Vorteil benutzt, wobei es zu unmoralischen Handlungen kommt oder eine seelsorgerliche Tätigkeit parallel zu der bereits im kirchlichen Territorium existierenden unter Missachtung der Weisung des Diözesanbischofs aufgenommen wird. In diesem Fall wird die Zuständigkeit für die Seelsorge des konkreten Ortes, an dem das Phänomen auftritt, entweder dem Diözesanbischof oder einer anderen vom Heiligen Stuhl delegierten Person anvertraut, die, wenn sie nicht direkt eingreifen kann, versuchen wird, eine vernünftige Vereinbarung zu erreichen.

21. Prohibetur et obstruatur — Obwohl es berechtigte Anliegen und einige positive Elemente gibt, erscheinen die kritischen Aspekte und Risiken als gravierend. Um weitere Verwirrung oder gar einen Skandal zu vermeiden, der den Glauben der Einfachen in Mitleidenschaft ziehen könnte, bittet das Dikasterium daher den Diözesanbischof, öffentlich zu erklären, dass das Festhalten an diesem Phänomen nicht zulässig ist, und gleichzeitig eine Katechese anzubieten, die helfen kann, die Gründe für diese Entscheidung zu verstehen und die legitimen geistlichen Anliegen dieses Teils des Volkes Gottes neu auszurichten.

22. Declaratio de non supernaturalitate — In diesem Fall wird der Diözesanbischof vom Dikasterium berechtigt, zu erklären, dass das Phänomen als nicht übernatürlich betrachtet wird. Diese Entscheidung muss sich auf konkrete und nachgewiesene Fakten und Beweise stützen. Zum Beispiel, wenn ein angeblicher Seher behauptet, gelogen zu haben, oder wenn glaubwürdige Zeugen Elemente für die Beurteilung beibringen, die es erlauben, die Verfälschung des Phänomens, eine fehlerhafte Absicht oder Mythomanie aufzudecken.

23. In Anbetracht der obigen Ausführungen wird erneut darauf hingewiesen, dass weder der Diözesanbischof noch die Bischofskonferenzen, noch das Dikasterium in der Regel erklären werden, dass diese Phänomene übernatürlichen Ursprungs sind, auch nicht, wenn ein Nihil obstat erteilt wird (vgl. Nr. 11). Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass der Heilige Vater ein diesbezügliches Verfahren genehmigen kann.

II. ZU BEACHTENDE VERFAHRENSWEISEN

A. Substantielle Normen

Art. 1 – Es ist Aufgabe des Diözesanbischofs, im Dialog mit der nationalen Bischofskonferenz Fälle mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene, die in seinem Gebiet aufgetreten sind, zu untersuchen und ein endgültiges Urteil darüber zu fällen, das dem Dikasterium zur Genehmigung vorgelegt wird, einschließlich der eventuellen Förderung eines damit verbundenen Kultes oder einer damit verbundenen Verehrung.

Art. 2 – Nachdem der Diözesanbischof die betreffenden Vorfälle untersucht hat, obliegt es ihm, die Ergebnisse der Voruntersuchung – die gemäß den weiter unten aufgeführten Normen durchgeführt wurden –, mit seinem eigenen Votum an das Dikasterium für die Glaubenslehre zu übermitteln und gemäß den vom Dikasterium gegebenen Hinweisen zu handeln. Es obliegt in jedem Fall dem Dikasterium, die Vorgehensweise des Diözesanbischofs zu bewerten und die von ihm vorgeschlagene Entscheidung für den konkreten Fall zu approbieren oder nicht.

Art. 3 §1 – Der Diözesanbischof wird sich jeglicher öffentlichen Erklärung über die Echtheit oder Übernatürlichkeit dieser Phänomene und jeglicher Beteiligung an ihnen enthalten; er darf jedoch nicht in seiner Wachsamkeit nachlassen, um – falls nötig – zügig und umsichtig einzugreifen, indem er das in den nachfolgenden Normen angegebene Verfahren beachtet.

§2 – Wenn im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen übernatürlichen Ereignis Verehrungsformen auftreten, auch wenn es sich nicht um einen tatsächlichen und eigentlichen Kultus handelt, hat der Diözesanbischof die ernsthafte Pflicht, so bald wie möglich eine gründliche kirchenrechtliche Untersuchung einzuleiten, um den Glauben zu schützen und Missbrauch zu verhindern.

§3 – Der Diözesanbischof soll besonders darauf achten, dass auch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verwirrte religiöse Ausdrucksformen oder die Verbreitung vom Material, das sich auf das mutmaßliche übernatürliche Phänomen bezieht (z. B.: weinende sakrale Bilder, Schweißbildung, Blufluss, Veränderungen an geweihten Hostien usw.), eingedämmt werden, um nicht ein aufsehenerregendes Klima zu schüren (vgl. Art. 11 §1).

Art. 4 – Wenn entweder wegen des Wohnsitzes der Personen, die in das mutmaßliche Phänomen verwickelt sind, oder wegen des Ortes der Verbreitung von Formen eines Kultes oder in jedem Fall von Volksfrömmigkeit die Zuständigkeit mehrerer Diözesanbischöfe betroffen ist, können diese Bischöfe nach Konsultation des Dikasteriums für die Glaubenslehre eine interdiözesane Kommission einsetzen, die unter dem Vorsitz eines der Diözesanbischöfe die Voruntersuchung nach Maßgabe der nachfolgenden Artikel durchführt. Zu diesem Zweck können sie sich auch der Unterstützung der zuständigen Stellen der Bischofskonferenz bedienen.

Art. 5 – Falls die mutmaßlichen übernatürlichen Tatsachen die Zuständigkeit von Diözesanbischöfen betreffen, die derselben Kirchenprovinz angehören, kann der Metropolit nach Anhörung der Bischofskonferenz und des Dikasteriums für die Glaubenslehre die Aufgabe übernehmen, die in Art. 4 genannte Kommission zu berufen und ihren Vorsitz zu führen.

Art. 6 §1 – An Orten, an denen eine kirchliche Region gemäß can. 433– 434 CIC besteht und die mutmaßlichen übernatürlichen Fakten jenes Gebiet betreffen, bittet der vorsitzende Bischof das Dikasterium für die Glaubenslehre um ein besonderes Mandat für das Procedere.

§2 – In diesem Fall richtet sich das Verfahren analog nach den Bestimmungen von Art. 5, wobei die Anweisungen desselben Dikasteriums zu beachten sind.

B. Verfahrensrechtliche Normen

Voruntersuchungsphase

Art. 7 §1 – Jedes Mal, wenn der Diözesanbischof die Nachricht, zumindest wahrscheinlichen Charakters, von mutmaßlichen Tatsachen übernatürlichen Ursprungs vernimmt, die den katholischen Glauben betreffen und sich in seinem Zuständigkeitsbereich ereignet haben, soll er sich persönlich oder durch einen Beauftragten umsichtig über die Ereignisse und Umstände informieren und dafür sorgen, dass er unverzüglich alle für eine erste Beurteilung nützlichen Informationen sammelt.

§2 – Wenn die Phänomene im Kreis der direkt beteiligten Personen leicht zu behandeln sind und keine Gefahr für die Gemeinschaft wahrgenommen wird, sollten nach Rücksprache mit dem Dikasterium keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden, obwohl die Aufsichtspflicht bestehen bleibt.

§3 – Falls Personen betroffen sind, die mehreren Diözesanbischöfen unterstehen, sollen die Stellungnahmen dieser Bischöfe gehört werden. Wenn ein mutmaßliches Phänomen an einem Ort seinen Ursprung hat und sich an anderen Orten weiterentwickelt, kann es an diesen Orten unterschiedlich bewertet werden. In einem solchen Fall hat jeder Diözesanbischof immer die Befugnis, nach Rücksprache mit dem Dikasterium zu entscheiden, was er in seinem Gebiet für seelsorgerisch angezeigt hält.

§4 – Wenn materielle Gegenstände verschiedener Art an einem mutmaßlichen Phänomen beteiligt sind, kann der Diözesanbischof persönlich oder durch einen Delegierten anordnen, dass diese bis zur Klärung des Falles an einem sicheren Ort aufbewahrt werden. Im Falle eines angeblichen eucharistischen Wunders müssen die konsekrierten Gestalten an einem nicht öffentlich zugänglichen Ort und in geeigneter Weise aufbewahrt werden.

§5 – Wenn die gesammelten Elemente ausreichend erscheinen, entscheidet der Diözesanbischof, ob er eine Auswertungsphase des Phänomens einleitet, um dem Dikasterium in seinem Votum ein abschließendes Urteil im höheren Interesse des Glaubens der Kirche sowie zum Schutz und zur Förderung des geistlichen Wohls der Gläubigen vorzuschlagen.

Art. 8 §1 – Der Diözesanbischof[19] soll eine Untersuchungskommission einsetzen, der mindestens ein Theologe, ein Kanonist und ein nach der Art des Phänomens ausgewählter Sachverständiger angehören sollten,[20] deren Aufgabe es ist, nicht nur eine Aussage über den Wahrheitsgehalt der Tatsachen zu treffen, sondern alle Aspekte des Ereignisses zu untersuchen, um dem Diözesanbischof alle nützlichen Elemente für eine Bewertung zu liefern.

§2 – Die Mitglieder der Untersuchungskommission haben einen einwandfreien Ruf, einen sicheren Glauben, eine gesunde Lehre und eine bewährte Besonnenheit aufweisen und dürfen weder unmittelbar noch mittelbar mit den Personen oder den Tatsachen, die Gegenstand der Voruntersuchung sind, in Verbindung stehen.

§3 – Der Diözesanbischof selbst ernennt einen Beauftragten, ausgewählt sowohl aus den Reihen der Kommissionsmitglieder oder von außerhalb, mit dem Auftrag, die Arbeiten zu koordinieren, den Vorsitz zu führen und die Sitzungen vorzubereiten.

§4 – Der Diözesanbischof oder sein Beauftragter ernennt auch einen Notar mit der Aufgabe, die Sitzungen zu begleiten und die Vernehmungen sowie alle anderen Handlungen der Kommission zu protokollieren. Dem Notar obliegt die Sorge für das ordnungsgemäße Unterzeichnen der Protokolle und dass alle Akten, die Gegenstand der Voruntersuchung sind, gesammelt und gut geordnet im Archiv der Kurie aufbewahrt werden. Zudem trägt der Notar Sorge für ihre Einberufung und für die Vorbereitung der Dokumentation.

§5 – Alle Mitglieder der Kommission sind zur Einhaltung des Amtsgeheimnisses verpflichtet.

Art. 9 §1 – Die Vernehmungen sind in Analogie zu den Vorschriften der allgemeinen Gesetzgebung (vgl. can. 1558–1571 CIC; can. 1239–1252 CCEO) auf der Grundlage von durch den Beauftragten nach angemessener Konsultation mit den anderen Kommissionsmitgliedern formulierten Fragen durchzuführen.

§2 – Die vereidigten Zeugenaussagen der an den mutmaßlichen übernatürlichen Ereignissen beteiligten Personen haben in Anwesenheit der gesamten Kommission oder zumindest einiger ihrer Mitglieder zu geschehen. Beruht der Sachverhalt auf Augenzeugenaussagen, sollten die Zeugen so zeitig wie möglich vernommen werden, um die zeitliche Nähe zum Ereignis zu nutzen.

§3 – Die Beichtväter der betroffenen Personen, die behaupten, direkt von Ereignissen übernatürlichen Ursprungs betroffen gewesen zu sein, dürfen über keinerlei Inhalte aussagen, von denen sie im Rahmen der sakramentalen Beichte Kenntnis erlangt haben.[21]

§4 – Die geistlichen Begleiter der betroffenen Personen, die behaupten, direkte Betroffene von Ereignissen übernatürlichen Ursprungs gewesen zu sein, dürfen über keinerlei Inhalte aussagen, von denen sie durch die geistliche Begleitung Kenntnis erlangt haben, es sei denn, die betroffenen Personen genehmigen die Zeugenaussage schriftlich.

Art. 10 – Wenn in die Akten der Voruntersuchung schriftliche Texte oder andere Elemente (Video, Audio, Fotografien) einfließen, die in den Kommunikationsmedien verbreitet wurden und an dem mutmaßlichen Phänomen beteiligte Person als Autor haben, soll dieses Material einer sorgfältigen Prüfung durch Sachverständige unterzogen werden (vgl. Art. 3 §3), deren Ergebnisse vom Notar in die Dokumentation der Voruntersuchung aufgenommen werden.

Art. 11 §1 – Beziehen sich die in Art. 7 §1 genannten außergewöhnlichen Tatsachen auf materielle Gegenstände verschiedener Art (vgl. Art. 3 §3), so nimmt die Kommission eine sorgfältige Untersuchung dieser Objekte durch ihre Sachverständigen oder andere für den Fall benannte Sachverständige vor, um zu iner wissenschaftlichen, lehrmäßigen und kirchenrechtlichen Beurteilung zu gelangen, welche die anschließende Bewertung erleichtert.

§2 – Sollte Befundsmaterial organischer Natur im Zusammenhang mit dem außergewöhnlichen Ereignis besondere Laboruntersuchungen und auf jeden Fall technisch-wissenschaftliche Untersuchungen erforderlich machen, betraut die Kommission mit der Untersuchung Sachverständige, die auf dem der Natur der Untersuchung entsprechenden Gebiet wirklich Experten sind.

§3 – Wenn das Phänomen den Leib und das Blut des Herrn in den sakramentalen Zeichen von Brot und Wein betrifft, muss besonders darauf geachtet werden, dass die Analyse dieser Zeichen nicht zu einem Mangel an Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten Sakrament führt, um die ihm gebührende Verehrung zu gewährleisten.

§4 – Sollten die behaupteten außergewöhnlichen Ereignisse zu Problemen mit der öffentlichen Ordnung führen, so arbeitet der Diözesanbischof mit der zuständigen Zivilbehörde zusammen.

Art. 12 – Sollten die mutmaßlichen übernatürlichen Ereignisse im Laufe der Untersuchung fortdauern und sollte die Situation ein besonnenes Eingreifen nahelegen, soll der Diözesanbischof nicht zögern, jene Maßnahmen im Sinne einer guten Amtsführung zu ergreifen, um unkontrollierte oder zweifelhafte Ausdrucksformen einer Verehrung oder das Zustandekommen eines auf noch nicht definierten Elementen beruhenden Kultus zu vermeiden.

Beurteilungsphase

Art. 13 – Der Diözesanbischof soll, auch mit Hilfe der Mitglieder der von ihm eingesetzten Kommission, das gesammelte Material gründlich auswerten, und zwar nach den oben genannten Hauptkriterien für die Unterscheidung (vgl. Nrn. 10–23) und den nachstehenden positiven und negativen Kriterien, die auch kumulativ angewendet werden können.

Art. 14 – Unter den positiven Kriterien darf die Beurteilung nicht außer Acht lassen:

1°. Die Glaubwürdigkeit und den guten Ruf von Personen, die angeben, Empfänger übernatürlicher Ereignisse zu sein oder direkt an solchen Ereignissen beteiligt zu sein, sowie von gehörten Zeugen. Zu berücksichtigen sind insbesondere die psychische Ausgeglichenheit, die Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit im sittlichen Leben, die Aufrichtigkeit, die Demut und das Hinhören auf die kirchliche Autorität, die Bereitschaft, mit ihr zusammenzuarbeiten, sowie die Förderung des Geistes echter kirchlicher Gemeinschaft.

2°. Den Umstand, dass das Phänomen und jede damit verbundene Botschaft der rechten kirchlichen Lehre entspricht.

3°. Den unvorhersehbaren Charakter des Phänomens, aus dem klar hervorgeht, dass es nicht auf die Initiative der beteiligten Personen zurückzuführen ist.

4°. Die Früchte christlichen Lebens. Dazu gehören das Vorhandensein eines Geistes des Gebets, Bekehrungen, Berufungen zum Priestertum und zum Ordensleben, Zeugnisse von Nächstenliebe sowie eine gesunde Frömmigkeit und reiche und beständige geistliche Früchte. Der Beitrag dieser Früchte zum Wachstum der kirchlichen Gemeinschaft ist in Betracht zu ziehen.

Art. 15 – In Bezug auf die negativen Kriterien soll sorgfältig überprüft werden:

1°. Ob ein offensichtlicher Irrtum über den Sachverhalt vorliegt.

2°. Mögliche lehrmäßige Irrtümer. In diesem Zusammenhang ist die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass derjenige, der behauptet, Empfänger von Ereignissen übernatürlichen Ursprungs zu sein, einer Privatoffenbarung – auch nur unbewusst – rein menschliche Elemente hinzugefügt hat, oder einen Irrtum natürlicher Art, der nicht auf eine böse Absicht, sondern auf die subjektive Wahrnehmung des Phänomens zurückzuführen ist.

3°. Ein sektiererischer Geist, der zur Spaltung des kirchlichen Zusammenhalts führt.

4°. Offensichtliches Streben nach Profit, Macht, Ruhm, gesellschaftlicher Anerkennung, persönlichen Interessen, die eng mit diesem Ereignis verbunden sind.

5°. Schwere unmoralische Handlungen, die zum Zeitpunkt oder bei Gelegenheit des Ereignisses von dem Betreffenden oder seinen Anhängern begangen wurden.

6°. In der betroffenen Person vorhandene psychische Veränderungen oder psychopathische Tendenzen, die einen Einfluss auf das mutmaßliche übernatürliche Ereignis ausgeübt haben könnten, oder auch Psychose, kollektive Hysterie oder andere Elemente, die auf einen pathologischen Horizont zurückzuführen sind.

Art. 16 – Die Verwendung behaupteter übernatürlicher Erfahrungen oder anerkannter mystischer Elemente als Mittel oder Vorwand, um Menschen zu beherrschen oder Missbrauch zu begehen, ist als moralisch besonders schwerwiegend anzusehen.

Art. 17 – Die Bewertung der Voruntersuchungsergebnisse im Falle angeblicher übernatürlicher Phänomene im Sinne von Art. 7 §1 soll mit der gebührenden Sorgfalt sowohl gegenüber den betroffenen Personen als auch gegenüber der wissenschaftlichen und technischen Untersuchung, die möglicherweise in Bezug auf das mutmaßliche übernatürliche Phänomen durchgeführt wurde, vorgenommen werden.

Abschlussphase

Art. 18 – Nach Abschluss der Voruntersuchung und nach sorgfältiger Prüfung der Ereignisse und der gesammelten Informationen,[22] wobei auch die Auswirkungen zu berücksichtigen sind, welche die behaupteten Tatsachen auf das ihm anvertraute Gottesvolk hatten, insbesondere auch die Fruchtbarkeit der geistlichen Früchte, die durch die möglicherweise entstandene neue Verehrung bewirkt wurden, erstellt der Diözesanbischof mit Hilfe des Beauftragten einen Bericht über das vermeintliche Phänomen. Unter Berücksichtigung aller Fakten im Zusammenhang mit dem Fall, sowohl der positiven als auch der negativen, verfasst er ein persönliches Votum über die Angelegenheit und schlägt dem Dikasterium ein endgültiges Urteil vor, normalerweise gemäß einer der folgenden Formeln:[23]

1°. Nihil obstat

2°. Prae oculis habeatur

3°. Curatur

4°. Sub mandato

5°. Prohibetur et obstruatur

6°. Declaratio de non supernaturalitate

Art. 19 – Nach Abschluss der Voruntersuchung werden alle Akten, die sich auf den untersuchten Fall beziehen, an das Dikasterium für die Glaubenslehre zur endgültigen Approbation weitergeleitet.

Art. 20 – Das Dikasterium wird daher die Akten des Falles einer Prüfung unterziehen und dabei die moralischen und lehrmäßigen Elemente dieser Erfahrung und den Gebrauch, der davon gemacht wurde, sowie das Votum des Diözesanbischofs bewerten. Das Dikasterium könnte den Diözesanbischof um weitere Informationen bitten, andere Stellungnahmen einholen oder im Extremfall eine neue, von der Prüfung des Diözesanbischofs unabhängige Untersuchung des Falles vornehmen. Im Lichte der durchgeführten Prüfung wird es dann die vom Diözesanbischof vorgeschlagene Entscheidung bestätigen oder nicht.

Art. 21 §1 – Nach Erhalt der Antwort des Dikasteriums gibt der Diözesanbischof im Einvernehmen mit diesem dem Volk Gottes das Urteil über den betreffenden Sachverhalt bekannt, sofern das Dikasterium nichts anderes bestimmt.

§2 – Der Diözesanbischof sorgt dafür, dass die nationale Bischofskonferenz über die vom Dikasterium genehmigte Entscheidung informiert wird.

Art. 22 §1 – Im Falle der Erteilung eines Nihil obstat (vgl. Art. 18, 1°) wird der Diözesanbischof mit größter Sorgfalt auf die korrekte Würdigung der sich aus dem Phänomen hervorgegangenen Früchte achten und weiterhin mit großer Sorgfalt über sie wachen. In diesem Fall wird der Diözesanbischof durch ein Dekret die Art der Berechtigung und die Grenzen eines möglichen erlaubten Kultus klar bestimmen, indem er präzisiert, dass die Gläubigen „berechtigt sind, ihm in umsichtiger Weise zu folgen“.[24]

§2 – Der Diözesanbischof wird auch darauf achten, dass die Gläubigen keine der Entscheidungen als Approbation des übernatürlichen Charakters des Phänomens auffassen.

§3 – Das Dikasterium behält sich in jedem Fall das Recht vor, je nach Entwicklung des Phänomens erneut zu intervenieren.

Art. 23 §1 – Wenn eine Vorsichts- (vgl. Art. 18, 2°–4°) oder negative (vgl. Art. 18, 5°–6°) Entscheidung getroffen wird, muss sie vom Diözesanbischof nach Approbation durch das Dikasterium förmlich bekannt gegeben werden. Außerdem muss sie in einer klaren und für alle verständlichen Sprache abgefasst sein unter Würdigung der Gelegenheit, die Gründe für die getroffene Entscheidung sowie deren lehrmäßigen Grundlagen des katholischen Glaubens bekannt zu geben, um das Wachstum einer gesunden Spiritualität zu fördern.

§2 – Bei der Mitteilung einer negativen Entscheidung kann der Diözesanbischof Informationen auslassen, die den Betroffenen einen ungerechtfertigten Nachteil zufügen könnten.

§3 – Die rechtmäßigen Hirten sollen über das Andauern einer Verbreitung von Schriften oder Botschaften gemäß can. 823 CIC(vgl. can. 652 §2; 654 CCEO) wachen, indem sie Missbräuche und alles, was dem rechten Glauben und den Sitten schadet oder in jedem Fall dem Wohl der Seelen gefährlich ist, zurechtweisen. Zu diesem Zweck kann auf die Anwendung der ordentlichen Maßnahmen, einschließlich der Strafvorschriften (vgl. can. 1319 CIC; can. 1406 CCEO), zurückgegriffen werden.

§4 – Die Inanspruchnahme von §3 ist insbesondere dann angebracht, wenn sich das zurückzuweisende Verhalten auf Gegenstände oder Orte bezieht, die mit mutmaßlichen übernatürlichen Phänomenen in Verbindung stehen.

Art. 24 – Unabhängig davon, wie die approbierte Entscheidung ausfällt, hat der Diözesanbischof persönlich oder durch einen Beauftragten die Pflicht, über das Phänomen und die beteiligten Personen weiterhin zu wachen und dies betreffend in Ausübung seiner ordentlichen Amtsgewalt.

Art. 25 – Falls die behaupteten übernatürlichen Phänomene mit Sicherheit auf einen bewussten Versuch einer Mystifizierung und Täuschung zu anderen Zwecken (z. B. Profit und andere persönliche Interessen) zurückzuführen wären, wird der Diözesanbischof, von Fall zu Fall erwägend, das geltende kanonische Strafrecht anwenden.

Art. 26 – Das Dikasterium für die Glaubenslehre hat die Befugnis, jederzeit und in jedem Stadium des Unterscheidungsprozesses bezüglich mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene motu proprio einzugreifen.

Art. 27 – Die vorliegenden Normen ersetzen die früheren Normen vom 25. Februar 1978 in ihrer Gesamtheit.

Papst Franziskus hat bei der Audienz, die dem unterzeichneten Präfekten zusammen mit dem Sekretär der doktrinären Sektion des Dikasteriums für Glaubenslehre am 4. Mai 2024 gewährt wurde, die vorliegenden Normen approbiert, die in der ordentlichen Sitzung dieses Dikasteriums am 17. April 2024 beschlossen wurden, und ihre Veröffentlichung angeordnet, wobei er festlegte, dass sie am 19. Mai 2024, dem Hohen Pfingstfest, in Kraft treten.

Gegeben in Rom, am Sitz des Dikasteriums für die Glaubenslehre, am 17. Mai 2024.

Víctor Manuel Kard. Fernández

Präfekt

Msgr. Armando Matteo

Sekretär für die doktrinäre Sektion

Ex Audientia Die 04.05.2024

FRANCISCUS


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