27. Mai 2024 in Kommentar
Streng choreografiert wird nach Rom berichtet, was man aus Deutschland der Synode mitzuteilen hat. Gläubige müssen draußen bleiben - Der Montagskick von Peter Winnemöller
Wien (kath.net)
Bei aller Schönheit, der Wiener Opernball hat etwas Elitäres, etwas Exklusives, das heißt ausschließendes. Jahr für Jahr finden sich zahlreiche Debütantinnen, die in weißen Kleidern von jungen Herren im Frack in den festlich geführten Saal geführt werden. Der Auftakt des Opernballes folgt einer strengen Choreografie, der sich die jungen Damen und Herren zu unterwerfen haben. Die Polonaise, das Auftaktprogramm, das sie streng diszipliniert im Stehen ansehen und anhören und dann der Höhepunkt der Balleröffnung, ein weiterer choreografierter Tanz mit Damen- und Herrencarré sowie weiteren imposanten Tanzfiguren. Es ist eine Augenweide. Am Ende folgt dann der Walzer und nach wenigen Takten ertönt der Ruf: „Alles Walzer“ und die Ballbesucher stürmen im Dreivierteltakt die Tanzfläche. Die Schönheit versöhnt etwas mit dem Ausschließenden, dem Exklusiven, es ist auch am Bildschirm schön anzusehen. Warum steht hier der Opernball im Fokus?
Nun, streng choreografiert und sehr exklusiv findet seit Jahren – diesmal in Deutschland – auch eine andere Veranstaltung statt. Es handelt sich um den Synodalen Weg, den DBK und „ZdK“ in Szene gesetzt haben und dessen Echo und Nachklang nicht enden wollen. Auch hier ging alles streng nach den Vorgaben der Chefchoreografen. Beschlüsse wurde durch gepeitscht, andere Meinungen ausgebuht, mit roten Karten diskreditiert und gläubige Menschen aus der Versammlung gedrängt. Am Ende steht ein wirkungsloser Papiertiger, der schlimmstenfalls ins Schisma führt. In Deutschland ist die Kirche in eine bespiellose Eigenrotation geraten, die jegliche Verkündigung und Mission im Keim erstickt. Der Relevanzverlust der Kirche drückt sich in einem Glaubensverlust des Volkes aus, der seines Gleichen sucht. Noch immer ist die Kirche in Deutschland der große Player im Sozialen und damit einer der größten Arbeitgeber. Da sich aber kaum noch gläubige Katholiken finden, die bei den kirchlichen Konzernen arbeiten wollen, hat man längst das kirchliche Arbeitsrecht geschleift. Streikrecht haben die kirchlichen Arbeiter und Angestellten deswegen aber noch lange nicht. Schon lange lebt man unterm Krummstab nicht mehr wirklich gut.
Um im großen Zirkus der Welt mitspielen zu können, statt Stachel im Fleisch zu sein, dekonstruiert man die Lehre, die Moral und am Ende auch den Glauben selbst. Der Synodale Weg räumt ab, was stört. Wäre es nicht die finanzstarke Kirche in Deutschland, hätte die Weltkirche längst weitaus heftiger reagiert. Nur hinter vorgehaltener Hand hört man hier und dort schon mal, mit welch subtilen Drohungen operiert wird. Man lässt den einen oder anderen Bischof in weniger reichen Diözesen und Ländern auch schon mal wissen, dass man dieses oder jenes Projekt, das man finanziert mal überdenken könnte, wenn… Angesichts der teilweise immer noch recht deutlichen Kritik, die trotzdem aus der Weltkirche kommt, mag man erkennen, wie groß die ungesagte Kritik sein könnte.
Man versteht sich eben auf Choreografie. Streng choreografiert ist nun auch die Meldung der deutschen Diözesen an Rom. In der letzten Phase der ortskirchlichen Mitwirkung an der Weltsynode zur Synodalität laufen nun die Berichte aus den Diözesen über die Bischofskonferenzen an Rom zurück. Was dort ankommt, wird in das Instrumentum laboris eingearbeitet, auf dessen Grundlage die letzte Versammlung der Synode tagen und ein Abschlussdokument erarbeiten wird. Es hört sich auf den ersten Blick ganz gut an, dass die Katholiken vor Ort befragt werden sollen. Doch Hand aufs Herz: Wer hat denn überhaupt mitgemacht? Es gab da mal zu Anfang der Synode einen Fragebogen, der so gestaltet war, dass man kaum die „falschen Antworten“ geben konnte. Das Ding manipulativ zu nennen, wäre noch ein Kompliment. Ja, es gab vereinzelt Meldungen auf anderen Kanälen an Rom und das ist gut so, doch unterm Strich ist die Frage, was wird wie gewertet.
Ein paar positive Signale gab es aus Rom, die Frage nach (in der Kirche nicht möglichen) sakramentalen Diakon- oder Priesterweihen für Frauen ist aus der der Weltsynode raus. Gut so. Es soll eine Synode über Synodalität sein, die klären soll, wie eine von Papst Franziskus erträumte synodale Kirche aussehen kann. Die fast 60 Jahre alten deutschkatholischen Träume eine neoprotestantischen Kirche gehören definitiv nicht ins Programm des Papstes. Zahlreiche Briefe und Interventionen aus Rom geben davon ein beredtes Zeugnis.
Und nun kommt die „Zusammenfassung der Reflexionsberichte aus den deutschen (Erz-) Diözesen“, die in der vergangenen Woche an Rom übersandt worden ist. In Deutschland macht man sowas diskret. Zwar ist alles öffentlich, man kann alles auf der Webseite der DBK einsehen und herunterladen, doch die Kirche findet in Deutschland außerhalb der Medienöffentlichkeit statt, wenn nicht gerade mal wieder ein pädosexueller Priester entlarvt wird. Dabei sollte man die Reflexionsbericht als interessierter Katholik ruhig lesen. Immerhin wird in unserem Namen nach Rom gemeldet:
„Die Katholikinnen und Katholiken in Deutschland sind in großer Einmütigkeit davon überzeugt, dass die Kirche einen Prozess der Reformen und der Erneuerung braucht, um ihrer Sendung gerecht zu werden. „Synodales ,Kirche-Sein‘ wird an keiner Stelle infrage gestellt. […]“
Jetzt darf man einmal tief durchatmen. Wir bekennen im Credo die „eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“. Dieses „Synodale Kirche-Sein“ ist ein Phantasiegebilde von kirchlichen Angestellten und Kirchenfunktionären, das an der Basis einfach nicht geteilt wird. Ja mehr noch, man gehe am kommenden Sonntag in eine beliebige Sonntagsmesse und konfrontiere die Menschen mit oben zitiertem Satz. Im besten Falle wird man höflich lachendes Kopfschütteln ernten. Nicht einmal die angenommene „große Einmütigkeit“ dürfte sich irgendwie in der wirklichen Welt außerhalb ekklesialer Elfenbeintürme wiederfinden.
Der Synodale Weg habe, so behauptet das Dokument, einen Prozess gelungener Veränderungen im Miteinander, in der Haltung, im offenen Dialog und in der Bereitschaft, voneinander zu lernen, gezeigt. Dieser Satz ist blanker Zynismus, denkt man an die niedergebrüllten Statements, die dem Mainstream nicht gefielen. Denkt man an verweigerte geheime Abstimmungen, an ausgeübten Druck, an Extraversammlungen der Bischöfe vor Abstimmungen, dann packt einen heute noch das Grausen. Es hatte durchaus ein wenig den Geschmack von Stalinismus light, wie dort die Zustimmungen erzwungen wurden.
„Die 15 Beschlüsse des Synodalen Wegs haben aus unserer Sicht auch Potenzial, die notwendigen Voraussetzungen für eine ,synodale Kirche in der Sendung‘ zu stärken.“ Das steht da allen Ernstes in dem Text, der nach Rom geschickt wurde. Wegen der umstrittenen Beschlüsse des Synodalen Weges, die im Verdacht stehen, teilweise heftige Irrtümer zu enthalten, müssen deutsche Bischöfe zu etlichen Gesprächen nach Rom. Was bitte soll den daran stärkend sein?
Und auch dies ist zu lesen: „Vielfach wird zudem der dringende Wunsch nach einer Öffnung des sakramentalen Diakonats auch für Frauen und nach einer Fortführung der Diskussion über die Möglichkeit der Zulassung von Frauen zur Priesterweihe geäußert.“ Auch die hunderttausendste Wiederholung ergibt keine Änderung: Ordinatio sacerdotalis ist de fide.
Lesenswert ist am Ende der Forderungskatalog für die letzte Sitzung der Weltsynode:
- der verantwortungsvolle und synodal rückgebundene Umgang mit Leitungsvollmacht;
- die Stärkung des Aspekts der Gewaltenteilung in der Kirche;
- die stärkere Implementierung von Rechenschaftspflichten der Amtsträger;
- die stärkere Beteiligung des Volkes Gottes an der Auswahl von Amtsträgern;
- die Zulassung von Laien zum Predigtdienst;
- die Überprüfung der Zölibatsverpflichtung von Priestern;
- der Zugang von Frauen zu Leitungspositionen;
- die bessere Einbindung von Frauen in der theologischen und pastoralen Ausbildung;
- die Öffnung des Diakonats für Frauen;
- die Diskussion über die Festlegungen im Lehrschreiben Ordinatio sacerdotalis;
- die Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre zur Anthropologie;
- die Weiterentwicklung der kirchlichen Sexuallehre;
- die Integration von LGBTQ+ -Personen in die Kirche.
Alles alte Kamellen. Als Fazit könnte man es wie folgt zusammenfassen: Alle deutschen Katholiken wollen mit Begeisterung und Hurra die Reformen aus dem Synodalen Weg. Das Schreiben findet sich hier: https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2024/2024-087a-Bericht-zur-Vorbereitung-der-Synode-2024.pdf zum Download.
Es lohnt sich wirklich, einmal aufmerksam zu lesen, was unsere Bischöfe in unserem Namen nach Rom melden, was sie glauben, was wir angeblich wollen. Anders gesagt: Das kommt dabei heraus, wenn man sich nur in der Welt der Elfenbeintürme aufhält und nicht mehr mit normalen Gläubigen spricht.
Nur so ist dann auch das Entsetzen zu erklären, dass ein Synodaler Weg sich fragt, ob man Priester überhaupt noch braucht und andererseits eine Studie zu dem Ergebnis führt, dass sich jüngere Priester und Priesteramtskandidaten gar nicht für die Themen des synodalen Weges interessieren. Langsam könnte sich auch bei den Synodalisten die Erkenntnis durchsetzen, dass die Kirchenmusik längst anderswo spielt. Pfingsten bei den Jugendfestivals, auf dem Adoratio-Kongress, auf der MEHR- Konferenz und an vielen, vielen kleinen unscheinbaren Orten, wo sich Menschen zu Anbetung, Lobpreis und zum Empfang der Sakramente zusammenfinden, interessiert sich niemand für die angeblich unverzichtbaren Reformen. Dort findet sich die Zukunft der Kirche. Die Erosion der kirchlichen Finanzen wird in vielen Fällen die Illusion der Funktionäre einfach wegspülen. Reiche (Erz-)Bistümer werden den Schein länger aufrecht erhalten können, an anderen Stellen wird es einfach in sich zusammen brechen.
Die Strenge ist da, was fehlt, ist die Schönheit, die sowohl der Glaube als auch ein Opernball zu bieten hätten. Schönheit haben Synodalisten einfach nicht im Angebot. Doch solange das Geld noch fließt, solange die grandiosen Choreografien noch bezahlt werden können, solange werden die Funktionäre in ihren demonstrativen Polonaisen in die Säle einziehen, ihre häretischen Carrees vorführen und am Ende rufen die Zeremonienmeister der Deutschkatholiken die Römer zum Tanz: Alles Synode. Wie lange noch? Wir werden sehen.
Das Bild oben zeigt die Eröffnung des Wiener Opernballs im Jahr 2014.
Foto: Gryffindor /Wikimedia – Lizenz: CC BY-SA 4.0
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