Papstamt: Orthodoxer Theologe würdigt neues Vatikan-Dokument

14. Juni 2024 in Weltkirche


Wiener rumänisch-orthodoxer Theologe Moga sieht vielversprechendem Text - "Ein unerwarteter Schritt in die richtige Richtung"


Wien (kath.net/KAP) "Am orthodoxen Himmelfahrtstag hat der Vatikan für eine erhebliche, positive Überraschung gesorgt." Das betont der Wiener rumänisch-orthodoxe Theologe Prof. Ioan Moga gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress zum am Donnerstag in Rom präsentierten Studiendokument "Der Bischof von Rom". Das Dokument biete nicht nur eine Synthese der ökumenischen Dialogergebnisse über das Papstamt der letzten Jahrzehnte, sondern skizziere auch konkrete Perspektiven eines Dienstes der Einheit in einer wiedervereinigten Kirche, so Moga. Er wolle sogar von einem "Durchbruch" sprechen. Auf jeden Fall sei es "ein unerwarteter Schritt in die richtige Richtung".

Mit dem Dokument sei der visionäre Mut verbunden, "die vielen Puzzleteile der verschiedenen, eigentlich unübersichtlichen und kaum rezipierten ökumenischen Konsens- oder Konvergenztexte zu sammeln, zu sortieren und in ein noch offenes Gesamtbild zu platzieren". Das Ergebnis sei vielversprechend, weil es nicht auf fixe Ideen und Thesen hinausläuft, sondern Dialog-fördernd sei.

Das Neue an dem Vatikan-Dokument sei, dass als Quellen nicht hauptsächlich lehramtliche Texte, sondern ökumenische Texte benützt würden. Moga: "Das ist bahnbrechend, von der Methode her: Es zeigt eine selbstkritische Selbstreflektion Roms, aus der Sicht des gemeinsam Erreichten. Das hatten wir bis jetzt nicht, zumindest nicht in dieser Konsequenz, in dieser Stringenz." Und auch in anderen Kirchen gebe es keine vergleichbaren Texte. Fazit: Rom habe aus den bisherigen Dialogen gelernt, so der orthodoxe Theologe und weiter wörtlich: "Das Große an diesem Dokument ist, dass es womöglich eine neue Epoche des ökumenischen Dialogs einläutet. Eine neue Methode, eine neue Selbstverpflichtung aus dem bisher Erreichten zu lernen, daraus etwas zu machen."

Damit gehe das vatikanische Dikasterium zur Forderung der Einheit der Christen - zumindest methodologisch - neue Wege und fordere die anderen Kirchen heraus, Ähnliches zu tun. Moga: "Der Text ist ein Musterbeispiel erfolgreicher Rezeptionsarbeit der ökumenischen Dialog-Texte."

Das Dokument biete keine fertigen Lösungen, "in die die anderen Christen hineingezwungen werden sollen", sondern beschreibe einen Lernprozess, erörtere Perspektiven und skizziere Handlungsoptionen, "wohl wissend, dass die Sache sehr komplex und spannungsfrei bleibt". Mit diesem Studiendokument dürfte Kardinal Kurt Koch ein nachhaltiger Referenzpunkt in der weiteren ökumenischen Diskussion über den Papstprimat gelungen sein, so der orthodoxe Theologe.

Befreiung aus Sackgassen

Moga hebt in seiner Analyse vor allem auch die Vorschläge des Einheitsdikasteriums zu einer Primatsausübung im 21. Jahrhundert hervor. So schreibt er etwa: "Für die Orthodoxen bietet die Rede nicht nur von einer Re-Lektüre bzw. Re-Interpretation des Ersten Vatikanischen Konzils, sondern sogar von einer 'Um-Formulierung' der Papstdogmen des 19. Jahrhunderts eine bahnbrechende Perspektive." Auch die ökumenisch-theologische Untermauerung des Subsidiaritätsprinzips "könnte einige festgefahrene Baustellen aus der Sackgasse befreien".

Wichtig sei aber nicht nur, welche Echos das Dokument in den anderen Kirchen erfahren wird, sondern auch, welche Konsequenzen es in der Römisch-Katholischen Kirche haben wird, so Moga: "Die Stärkung der Autorität der Bischofskonferenzen bzw. der Regionalebene ist kein neues Thema: Es darf also nicht bei einem frommen Wunsch bleiben." Entscheidend werde auch sein, "wie das Studiendokument durch die Glaubenskongregation weitergedacht werden wird".

Jedenfalls biete das neue vatikanische Dokument eine gute Grundlage, "um für das Nizäa-Jahr 2025 auf einen Neuaufbruch der Annäherung zwischen den christlichen Kirchen, im Miteinander von Synodalität und Primat, zu hoffen".

Der Vatikan hat am Donnerstag Vorschläge für ein neues Verständnis und eine andere Ausübung des Papstamtes gemacht, wonach der Papst künftig von anderen christlichen Kirchen als Ehrenoberhaupt akzeptiert werden könnte. Die Vorschläge stellten der für die Ökumene zuständige Kurienkardinal Kurt Koch und der Generalsekretär der Weltbischofssynode, Kardinal Mario Grech, in Rom in Form des Studiendokumentes "Der Bischof von Rom" vor. Das Papier, das von Papst Franziskus genehmigt wurde, schlägt für die katholische Kirche mehrere weitreichende Änderungen vor. Ein neues Verständnis und eine andere Ausübung des Papstprimats solle "zur Wiederherstellung der Einheit der Christen beitragen".

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