18. Juni 2024 in Chronik
Vor gut einem Jahr starb mit Silvio Berlusconi der einflussreichste Politiker Italiens der letzten 30 Jahre - Details über das Verhältnis der katholischen Kirche zu ihm hat nun der damals mächtige Kardinal Ruini enthüllt
Rom (kath.net/KAP) Einer der bekanntesten Kardinäle Italiens hat Details über das Zusammenspiel von Politik und Kirche aus der Ära Berlusconi enthüllt. In einem Interview der Tageszeitung "Corriere della Sera" (Sonntag) berichtete Kardinal Camillo Ruini, dass der damalige Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro ihn und Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano 1994 gebeten habe, zu einem Sturz von Silvio Berlusconi beizutragen, weil dieser eine Gefahr für Italien darstelle.
Die Bitte habe das Staatsoberhaupt bei einem Mittagessen im Präsidentenpalast vorgetragen, an dem als dritter Gast der damalige vatikanische Außenbeauftragte Jean-Louis Tauran teilnahm. Damals hatte der Bau- und Medienunternehmer Berlusconi nach dem Niedergang der christdemokratischen Partei erstmals eine Wahl gewonnen und war Regierungschef geworden. Die "Democrazia Cristiana" war bis dahin der politische Verbündete der katholischen Kirche gewesen. Ruini zufolge lehnten die drei Geistlichen die Bitte des Präsidenten um ein solches "Manöver" gegen Berlusconi einstimmig ab. Ihre Antwort sei "eisiges Schweigen" gewesen.
Über den am 12. Juni 2023 gestorbenen Berlusconi sagte Ruini in dem Interview rückblickend: "Er hat seine Stärken und seine Schwächen gehabt, so wie alle Politiker. Aber es ging ihm nicht um Strafvereitelung. Die Gefahren für die Republik waren andere." Den Versuch der gegen Berlusconi unterlegenen Christdemokraten, den Sieger als eine Gefahr für die Demokratie öffentlich zu attackieren, habe er von Anfang an abgelehnt, so Ruini.
Berlusconi habe nach seiner Wahl zum Regierungschef mit der katholischen Kirche zusammengearbeitet, insbesondere bei bioethischen Fragen. Daraus seien dann auch Gesetze im Sinne der Kirche hervorgegangen. - Ruini bestimmte von 1986 bis 2008 zunächst als Sekretär und dann als Präsident der Italienischen Bischofskonferenz über 30 Jahre lang die politische Linie der katholischen Kirche in Italien.
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