Der Skandal des Glaubens - ein Glaube des Fleisches - Liebesopfer für den Vater

7. Juli 2024 in Aktuelles


Franziskus in Triest: Jesus versteckte sich nicht hinter Zweideutigkeit. Er hat aus seinem Leben ein Liebesopfer für den Vater gemacht


Rom (kath.net) An diesem Sonntag begab sich Papst Franziskus zu einem Pastoralbesuch nach Triest. Der Anlass war die 50- Sozialwoche der italienischen Katholiken. Nach der Begegnung mit den Kongressteilnehmern im Kongresszentrum stand der Papst einer heiligen Messe auf der Piazza Unità d’Italia (Platz der Einheit Italiens) vor. An der Messe nahmen 98 Bischöfe und 260 Priester zusammen mit rund 8.500 Gläubigen teil. Ebenfalls anwesend waren Bischöfe und Priester/Pastoren der serbisch-orthodoxen, griechisch-orthodoxen und lutherischen Kirche. Vor der Feier der heiligen Messe traf der Papst Frau Maria, eine 111-jährige Einwohnerin von Triest, mit der er einen kurzen Gruß austauschte. Der Papst schenkte ihr einen Rosenkranz und segnete sie.

In seiner Predigt betrachtete Franziskus das Evangelium vom 14. Sonntag im Jahreskreis (Mk 6, 1b–6): „Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie. Und er konnte dort keine Machttat tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie. Und er wunderte sich über ihren Unglauben. Jesus zog durch die benachbarten Dörfer und lehrte“.

„Wie kann sich Gott, der Allmächtige, in der Schwachheit eines Menschen offenbaren? Wie kann sich ein allmächtiger und starker Gott, der die Erde erschaffen, sein Volk aus der Sklaverei befreit hat, so schwach machen und so weit gehen, dass er in Menschengestalt kommt und sich herabbeugt, um den Jüngern die Füße zu waschen?“: vor dieser Frage stünden die Menschen.

Die Menschen nähmen „Anstoß“ an Jesus, da er sich als „Stolperstein“ zeige, als einHindernis, eine Hemmnis. Franziskus stellte sich die Frage, worin das Hindernis bestehe, das davon abhalte, an Jesus zu glauben. Dieses bestehe für seine Landsleute in der Tatsache, dass Jesus Mensch ist. Das sei der Skandal: ein Glaube, der sich auf einen menschlichen Gott gründe. Auf einen Gott, der sich zur Menschheit herabbeuge, sich ihrer annehme, „schwach“ sei,  der aus Liebe am Kreuz sterbe und auch auffordere, jeden Egoismus zu überwinden und das Leben für das Heil der Welt anzubieten. Dies sei ein „unbequemer Gott“.

Genau diesen „Skandal“ aber bräuchten wir heute, den „Skandal des Glaubens“: Nicht eine in sich selbst verschlossene Religiosität, die den Blick zum Himmel hebe, ohne sich darum zu kümmern, was auf der Erde geschehe, die Liturgien im Tempel feiere und dabei den Staub vergesse, der auf unseren Straßen liege.

Dagegen bräuchten wir den „Skandal des Glaubens“: eines Glaubens, der in dem Gott wurde, der Mensch geworden sei, und der daher ein menschlicher Glaube, ein Glaube des Fleisches sei, ein Glaube, der in die Geschichte eintrete und so zum Sauerteig der Hoffnung und Samen einer neuen Welt werde.

Es sei dies ein unruhiger Glaube, der von Herz zu Herz gehe, der uns helfe, die Mittelmäßigkeit und Trägheit der Herzen zu überwinden und das Kalkül menschlicher Egoismen durchkreuze, das Böse anprangerte, mit dem Finger auf die Ungerechtigkeiten zeige. Der Papst warnte eindringlich vor den Gefahren des Konsumdenkens.

Gott verberge sich in den dunklen Winkeln des Lebens und unserer Städte. Seine Gegenwart offenbare sich gerade in den vom Leid gezeichneten Gesichtern, in denen der Verfall zu triumphieren scheine. Das Unendliche Gottes sei im menschlichen Elend verborgen, der Herr wirke und mache sich gerade im verwundeten Fleisch der Letzten, der Vergessenen und Ausgestoßenen zu einer freundlichen Gegenwart.

Jesus sei abgelehnt und verurteilt worden, doch er sei seiner Sendung treu geblieben: „Er versteckte sich nicht hinter der Zweideutigkeit, er hat mit der Logik der politischen und religiösen Macht keinen Kompromiss eingegangen. Er hat aus seinem Leben ein Liebesopfer für den Vater gemacht“. So ist es für Franziskus möglich, den Traum einer neuen Zivilisation der Geschwisterlichkeit zu verwirklichen.

 


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