Wir sind offen für alles – außer für unsere eigene religiöse Tradition“

3. August 2024 in Kommentar


Die Olympia-Eröffnung sei eine „symbolische Inszenierung“ im weltöffentlichen Raum gewesen, kritisierte der Augsburger Philosoph und Theologe Johannes Hartl.


Augsburg (kath.net / pk) Für die Freiheit der Kunst, aber gegen eine „symbolische Inszenierung“ im weltöffentlichen Raum sprach sich der Augsburger Philosoph und Theologe Johannes Hartl in einem aktuellen You-Tube-Video aus. Er bezog darin Stellung zur Debatte um die Eröffnung der Olympischen Spiele in Paris.

„Kunst darf beleidigen, Kunst muss nicht schön sein, Kunst darf verstören, Kunst darf sich auch über religiöse Bezüge lustig machen oder diese kritisch darstellen“, betonte er. Die Frage sei immer, in welchem Rahmen dies stattfinde. „Es ist ein Unterschied, ob eine Künstlerin irgendwo in einem Atelier etwas ausstellt und das kann auch befremdlich sein, oder ob eine internationale Bühne wie die Eröffnung der Olympischen Spiele verwendet wird für eine symbolische Inszenierung“, meinte Hartl, Gründer des Gebetshauses Augsburg.

„Es gibt eine Macht der Symbole. Wir haben es hier nicht nur mit Kunst zu tun, sondern mit Kunst im weltöffentlichen Raum.“ Symbole seien wichtig, weil sich in ihnen „etwas verdichtet, was für eine größere Gruppe von Menschen gilt“.  Deswegen seien ja manche Symbole auch verboten, etwa das Hakenkreuz. Wenn man die Eröffnungszeremonie auf dieser Ebene anschaue, wie sich Frankreich als Nation zeige, die hinter etwas stehe, dann sehe er durchaus Anlass zu Kritik und Sorge, erklärte der Philosoph.

Das Christentum sollte „einen gelassenen Umgang haben mit Verhöhnung“, es sei „keine Religion für Leute die von jedem gemocht werden wollen“ und habe von Anfang an polarisiert, erklärte er. Dennoch müsse hier Stellung bezogen werden: „Wenn es um Symbole im öffentlichen Raum geht sollten wir trotzdem sagen: In welche Richtung laufen wir gesellschaftlich hier eigentlich?“

Frankreich habe eine reiche künstlerische und spirituelle Tradition. Die Eröffnung zeichnete ein komplett einseitiges, verzerrtes Bild von Frankreich. „Es ist der Versuch, einer relativ kleinen Szene, Deutungshoheit zu erlangen“, kommentierte Hartl. Die Show habe Millionen Euro gekostet, „keine von diesen Gesten und Showelementen war Zufall“, und man müsse sich fragen: „Welche Story soll uns hier erzählt werden?“

„Wenn hier gesagt wird, wir sind alle für Freiheit und Toleranz aber wir wählen ein Symbol, das zwei Milliarden Menschen auf der Welt, die Christen sind, potenziell tief kränken kann, dann ist schon die Frage, welche Art von Toleranz ist das?“, sagte Hartl. Er erinnerte an eine Grafik der Stadt Paris, wo das Kreuz vom berühmten Dome des Invalides wegretuschiert worden war.

Schon damals sei deutlich geworden: Hier werde nicht Toleranz gefordert, die offen für alles ist, sondern gemeint sei: „Wir sind offen für alles außer für unsere eigene religiöse Tradition, die darfst Du jederzeit lächerlich machen und die sollst du verachten, und ich frage mich warum.“

„Wenn ich eine Eröffnung von der Olympiade in Saudi-Arabien sehen würde, wüsste ich, das hätte kulturelle Anklänge an diese Region, wenn es in Indien wäre, hätte es wahrscheinlich auch was mit Hinduismus zu tun.“ In Paris jedoch seien komplett einseitige Schwerpunkte gesetzt worden, etwa Laizismus und Französische Revolution.

In Paris habe Thomas von Aquin gelehrt, einer der wichtigsten Philosophen und Theologen des Mittelalters, es gebe eine Unmenge an christlichem kulturellem Erbe, das schon lange vor der Revolution da war. „Ich frage mich immer: Woher kommt der Hass auf die eigene Kultur?“, fragte Hartl. „So mächtige kulturelle Zeichen wie die Eröffnung der Olympiade werden verwendet, um wirklich Dreck aufs eigene kulturelle Erbe zu werfen.“

Er stelle sich die Frage, was die Alternative ist zu diesem Drang, nichts mehr mit der religiösen Prägung des Landes zu tun zu haben. Er frage sich, was Menschen in China oder Indien vom Westen denken, die eine solche Show sehen. Er persönlich sei froh, in einer so freien Gesellschaft leben. Aber Freiheit ist „nicht einfach nur die Abwesenheit von jeder Regel“, denn dann werde alles beliebig. Und am Ende des Tages werde nicht alles „mega-tolerant“ sondern „mega-einseitig“, wie die Eröffnungsshow gezeigt habe.

„Warum schieße ich aufs Christentum, warum nicht auf den Kommunismus, warum nicht auf den Hinduismus?“, fragt Hartl und verwies auf zahlreiche Kommentare, in denen festgestellt wurde, dass die Reaktionen komplett anders ausgefallen wären, wäre der Islam die Zielscheibe der Verspottung gewesen.

„Es würden weltweit die Städte brennen und die Vororte von Paris“, sagte er. „Es ist feige, wenn es sich gegen das Christentum wendet, weil man weiß, die Christen sind brav und lassen alles mit sich machen.“ Die Frage sei wichtig, was uns als Gesellschaft wichtig ist. Etwas, das ganz vielen Menschen heilig ist, mit Füßen zu treten, sei nicht gut. „Denn das Heilige erinnert uns daran, dass nicht alles im menschlichen Leben unserer Verfügungsgewalt untersteht.“

Vor allem Menschen dürften nicht zu Objekten gemacht werden, weil sie eine Würde haben. „Wenn es das Heilige nicht mehr gibt, dann wird alles ordinär und meinen primitiven momentanen Wünschen untergeordnet“, sagte Hartl. „Die Welt wird letztendlich härter, kälter und unmenschlicher und ich glaube in so einer Welt will eigentlich niemand leben.“

 

Olympia: Die Verhöhnung des Christentums | Hartls Senf #22 (youtube.com)


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