Ukraine: Selenskyj deutet Verbot der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche an

12. August 2024 in Weltkirche


Präsident in Videoansprache: "Wir müssen Moskau die letzten Möglichkeiten nehmen, die Freiheit der Ukrainer einzuschränken"


Kiew (kath.net/KAP) In der Ukraine dürfte ein Verbot der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats (UOK-MP) vor der Tür stehen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte am Samstagabend in seiner täglichen Videobotschaft die Vorbereitung einer Entscheidung an, die "die geistige Unabhängigkeit der Ukraine" von Russland stärken werde. "Wir müssen Moskau die letzten Möglichkeiten nehmen, die Freiheit der Ukrainer einzuschränken", sagte Selenskyj laut Bericht des ukrainischen Kirchenportals "risu.ua", ohne weitere konkrete Angaben. Beobachter gehen freilich davon aus, dass damit nicht nur ein Verbot der Russisch-orthodoxen Kirche (ROK), sondern auch der UOK-MP gemeint ist. Deren kirchenpolitischer Status ist umstritten.

Die UOK-MP unterstand bis Mai 2022 dem Moskauer Patriarchat, sagte sich dann aber laut eigenem Bekunden von der ROK los. Diese Distanzierung von Moskau wird von den ukrainischen Behörden und vielen Menschen in der Ukraine allerdings bezweifelt. Die Behörde beschuldigt immer wieder Geistliche der Kollaboration mit Moskau. Mehrere Bischöfe und Priester wurden dafür bereits zu Haftstrafen verurteilt und zum Teil im Rahmen eines Gefangenenaustausches an Russland überstellt. Die Kirchenleitung der UOK wies die Anschuldigungen der Kollaboration allerdings stets zurück.

Allerdings geht auch die ROK davon aus, dass die UOK weiter zu ihr gehört. In den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine wurden jedenfalls alle Diözesen der UOK binnen kurzer Zeit in die ROK eingegliedert.

Die Regierung in Kiew ergreift auf der anderen Seite seit Jahren Partei für die mit der UOK konkurrierenden Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Diese wurde Ende 2018 mit Unterstützung des Ehrenoberhaupts der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, gegründet.

Im ukrainischen Parlamente hat schon bald nach dem Angriff Russlands ein Prozess begonnen, der auf ein Gesetz zum Verbot der ROK und der ihr vermeintlich unterstehenden UOK hinauslaufen soll.  Diesem Ziel nähert man sich immer wieder in kleinen Schritten. So darf die UOK beispielsweise sei Juni keine Militärgeistlichen mehr stellen. Die ukrainische Regierung verabschiedete eine neue Regelung, nach der Geistliche kein Mandat als Militärkaplan erhalten, wenn sie zu einer Religionsgemeinschaft gehören, deren Zentrum in einem sogenannten "Aggressorstaat" liegt, das einen bewaffneten Angriff auf die Ukraine verübt. - Also de facto Russland.

Westliche Beobachter warnen zugleich davor, dass ein komplettes Verbot - bei allem berechtigten Vorgehen gegen Kollaborateure - eine massive Verletzung der Religionsfreiheit darstellen würde.

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