Debatten-Bilanz zum „queeren Abendmahl“ der Olympiade in Paris

9. September 2024 in Kommentar


Regisseur ließ Szenen „mit LGBT-Personal ausbreiten, aber für die in Frankreich und der ganzen Welt vorherrschenden Ehe und Familie von Vater, Mutter und Kind(er) war … keinerlei Präsenz vorgesehen“. Gastkommentar von Hubert Hecker


Paris (kath.net) Nach Abschluss der Olympischen Spiele in Paris sollte auch zu den umstrittenen Bildszenen vom „queeren Abendmahl“ bei der Eröffnungsfeier nach Kritik und Gegenkritik eine abschließende Debatten-Bilanz gezogen werden.

I.    

Die beiden Szenen waren einmal ein schrilles LGBT-Spektakel an einer langen Tafel, zum andern eine Parodie auf ein Göttermahl mit dem gleichen Personal. Beide Inszenierungen wiesen erkennbare Bezüge zum berühmten Abendmahlsbild von Leonardo da Vinci auf. Dagegen gab es Proteste von kirchlicher, politischer und muslimischer Seite mit dem Tenor: Das Abendmahl sollte als zentrales Motiv der Gründungsgeschichte des Christentums respektiert und nicht zum Gegenstand einer Karikatur oder Verspottung gemacht werden. Das sei für Christentum und Millionen Christen eine Beleidigung.

Die Gegenkritik lautete:
• Der künstlerische Leiter der Eröffnungszeremonie hätte sich – erstens – bei der Tischgesellschaft mit siebzehn grellbunten Dragqueens nicht an da Vincis Abendmahlsbild orientiert, sondern ausschließlich am Bild „Festmahl der Götter“ des Niederländers van Bijlert aus dem 17. Jahrhundert.
• Zweitens sei es Kunstpraxis und ein Recht der künstlerischen Freiheit, historische Kunstwerke - auch religiöser Art - beliebig zu überblenden, zu karikieren oder zu parodieren.
• Sodann erklärte der Regisseur Thomas Jolly, er habe mit dem „großen heidnischen Festmahl der Götter des Olymps“ eine inklusive Show der Toleranz und Versöhnung angestrebt und keinesfalls Herabsetzung einer Gruppe. Für eventuelle Beleidigungswirkungen entschuldigte er sich.
• Schließlich formulierte Jolly die programmatische Zielrichtung zu seiner Inszenierung von der queeren Tischgesellschaft: „Wir wollten (sexuelle) Vielfalt zeigen. In Frankreich haben wir das Recht, uns zu lieben, wie wir wollen und mit wem wir wollen.“

II.

Die erste Behauptung von Thomas Jolly, jegliche Inspiration von da Vincis Abendmahlsbild abzustreiten, nimmt ihm kein Kunstexperte ab. Bellini und andere europäische Künstler malten ab dem 16. Jahrhundert vielfach das Festmahl der Götter, aber stets in arkadischer Landschaft. Erst van Bijlert verlegte die Szene in einen himmlischen Innenraum mit erkennbaren Anleihen an Leonardo da Vincis Bildaufbau. Insbesondere die Darstellung des Apollon als heidnischer Lichtgott mit einer Sonnenstrahlen-Aura in der Bildmitte, also an der Stelle Christi, wurde schon damals als antichristliche Provokation empfunden. Frühkirchliche Theologen hatten Christus als das Licht der Welt und die neue Sonne zum Heil der Menschheit gegen den heidnischen Apollon in Stellung gebracht.

Van Bijlert stellt also wieder den Heidengott Apollon (und seinen Gegenpart Dionysius) ins Zentrum seiner Personendarstellung. Es ist offenbar diese entchristianisierende und repaganisierende Tendenz des holländischen Malers, die für den französischen Regisseur eine programmatische Bedeutung hat: Auch Thomas Jolly negiert in der gesamten vierstündigen Eröffnungsfeier die christliche Prägung Frankreichs über eineinhalb Jahrtausende. Die zehntausend Kirchen und Kathedralen Frankreichs kommen nicht vor (Notre Dame nur als Bauwerk); nicht die fast tausend nach Heiligen genannten Orte, ebensowenig französische Heilige wie bsp.Jean d‘ Arc. Jolly entchristianisiert die Geschichte Frankreichs im Sinne der Terrorphase der Französischen Revolution, während er die historisch und kulturell marginalen heidnischen Elemente wie die Seine-Flussgöttin Sequana oder eben die heidnische Inspiration der Festkultur als vermeintlich zentral hochstilisiert.

III.

Eine weitere Beobachtung zur Regie der Eröffnungsfeier straft die ignorante Behauptung des Regisseurs endgültig der Lüge. Etwa 45 Minuten vor der Szene, bei der die Dragqueens das  Festmahl der Götter nachstellten (in der ARD-Sendung bei 3h 05 min) hatte Jolly einen Programmpunkt eingebaut mit dem Titel: ‚La Cène sur un Scène sur la Seine‘, auf Englisch: ‚The Last Supper on a Stage on the Seine‘ oder in Deutsch: ‚Das Abendmahl auf einer Bühne über der Seine‘.

Bei dieser Inszenierung der queeren Tischgesellschaft gab es keinerlei Bezüge zum Festmahl der Götter, dagegen waren die Nachstellungseffekte zu da Vincis Abendmahlsbild unübersehbar und laut Programmtitel auch so gewollt: eine woke Transformation von Christus und seinen Aposteln zu einer Party-Show von aufgetakelten LGBT-Personen, eine respektlose Parodie auf das Abendmahl als heiliges Momentum des Christentums, eine herabwürdigende Karikatur auf ein weltberühmtes Wandbild.

Statt Jesus Christus lässt der Regisseur in die Mitte der Tischgesellschaft Deejay Barbara Butch platzieren, eine offenbusige lesbische Aktivistin im blauen Kleid mit einem Strahlenkranz-Heiligenschein um den Kopf. Diese Maskerade lässt an die Entchristianisierungspolitik der Französischen Revolution denken, als 1793 in der Kathedrale Notre Dame eine Prostituierte mit blauem Umhang als zivilreligiöse Personifikation der Vernunft die sakramentale Präsenz Christi ersetzen sollte.

Die Hauptdarstellerin Butch bestätigte den parodierenden Charakter der queeren Abendmahlsdarstellung. Laut der englischen Wochenzeitung Catholic Harold postete Butch auf ihrem Instagram-Konto einen Screenshot ihres Auftritts in der Abendmahlskarikatur und darüber das Bild von da Vincis Originalgemälde. Aus dieser Bildgegenüberstellung geht hervor, dass Butch die Stelle des Heilsbringers Jesu Christi einnehmen sollte. Sie selbst erhöhte sich mit dem selbstgewählten Titel „Olympic Jesus“. Das queere Abendmahl deutet sie programmatisch als „new gay testament“, als Neues Testament der LGBT-Menschen.

Jesus Christus hat bekanntlich im Abendmahlssaal den Aposteln Brot und Wein gereicht als Zeichen für seinen am Kreuz hingegebenen Leib und „den Kelch des Neuen Bundes in meinem Blute, für euch vergossen“. Christi erlösende Hingabe am Kreuz und deren sakramentale Vergegenwärtigung in Brot und Wein begründeten das Christentum als ‚Neuen Bund‘ oder ‚Neues Testament‘. Es ist eine sakrilegische Anmaßung, wenn die queere Maskerade des Abendmahls als neues schwules Testament gefeiert wird.

Jesus Christus verkündete und praktizierte die Lehre der Liebe – Gottesliebe, Nächstenliebe, Gattenliebe und Treue bis zum Tod. Die LGBT-Lobby will auch die christliche Liebesreligion travestieren für die Queer-Gesellschaft: Butch formt das Fingerzeichen für LOVE und Jolly interpretiert es als Sex von allen und mit allen, also promiskuitive Freiheit als Gegenentwurf zur christlichen Liebe, zu Treuebindung und Familie.

Der Regisseur ließ diese und eine weitere Szene mit LGBT-Personal ausbreiten, aber für die in Frankreich und der ganzen Welt vorherrschenden Ehe und Familie von Vater, Mutter und Kind(er) war in der vierstündigen Eröffnungsfeier keinerlei Präsenz vorgesehen – auch das eine Verzerrung der sozialen und kulturellen Wirklichkeit sondergleichen.

IV.

Müssen Kirche und Christen die verqueere Abendmahlstravestie klaglos hinnehmen als Ausdruck der uneingeschränkten künstlerischen Freiheit, auch religiöse Motive provokativ vereinnahmen zu dürfen? Seriöse Kunstschaffende wissen um die Grenzen der Kunstfreiheit, nämlich im Respekt für die Weltreligionen deren zentrale Elemente nicht in herabwürdigender Weise zu karikieren. Und selbst wenn man einzelnen Künstlern das Recht auf künstlerische Freiheit zugestehen würde: für das Gastgeberland der Olympischen Spiele, bei denen Sportler aus allen Staaten, Nationen und Religionen im friedlichen Wettkampf zusammenkommen, gebieten die Regeln der Gastfreundschaft, des Respekts und Anstands eine künstlerische Zurückhaltung zum Thema Religion.

Wenn sich der Regisseur der Eröffnungsfeier, Thomas Jolly, über diese gebotene Zurückhaltungspflicht hinwegsetzt, indem er das christliche Abendmahl, immerhin sakramentaler Gründungsakt der größten Weltreligion, zu einem grell-bunten LGBT-Spektakel überformt, dann ist das offenbar eine gewollte Grenzüberschreitung mit antichristlichem Charakter. Der kreative Regisseur hätte viele Möglichkeiten gehabt, seine Gesellschaftsphilosophie von sexueller Vielfalt in szenische Bilder umzusetzen. Aber Jolly wählte die den Christen heilige Abendmahlversammlung mit dem Religionsstifter Jesus Christus und den zwölf Aposteln als Folie, um seine woke Botschaft von allseitigen Liebschaften mit einer zivilreligiösen Weihe überhöhen zu wollen.

Nachdem dieses durchsichtige Manöver von den französischen Bischöfen und weltweit kritisiert worden war, zeigte sich Jolly (als Vertreter der woken Elite Frankreichs) ziemlich überrascht in dem Sinne: Das haben wir doch schon immer gemacht, Christentum und christliche Motive zu bekämpfen, zu karikieren und für unsere laizistische Ziele zu instrumentalisieren! Wieso jetzt plötzlich die Kritik daran?

In der Weigerung zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Kritik verlegte sich Jolly auf offensichtliche Lügen (wie oben aufgezeigt): Das letzte Abendmahl wäre in keiner Weise seine Inspiration gewesen. Genauso verlogen war seine Entschuldigung, mit der gezielten Instrumentalisierung des christlichen Abendmahls zu einer Propagandaschau für die Homo-Agenda habe er niemanden beleidigen wollen.

Die oben benannte Diskursverweigerung sowie das anschließende Lügengespinst weisen die argumentative Schwäche der woken Elite auf: Deren Protagonisten verzerren mit ihrer laizistischen Gesellschaftsphilosophie die historische, soziale und kulturelle Wirklichkeit – nicht nur Frankreichs. Darüber hinaus verletzen sie mit ihren Grenzüberschreitungen die Rechtsregeln des zivilisierten Zusammenlebens.

Es sind also mehrere Schwachpunkte, an denen wir weiterhin kritisch ansetzen sollten. Die nächste Gelegenheit dazu wird die Wiedereröffnung der Kathedrale Notre Dame im Dezember sein. Dabei werden Macron und die Medien wieder schwelgen in ihrem laizistischen Programm der Entchristianisierung der französischen Geschichte und Kultur…


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