18. September 2024 in Aktuelles
Franziskus: In unserem Denken über die Kirche sind wir immer noch zu eurozentrisch, oder, wie man sagt, zu ‚westlich‘. Kirchen, die keinen Proselytismus betreiben, sondern durch ‚Anziehung‘ wachsen. Von Armin Schwibach
Rom (kath.net/as) „Die elf Jünger gingen nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte. (…) Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Vollmacht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,16.18-20).
Neunundzwanzigste Generalaudienz des Jahres 2024. In seiner Katechese beschäftigte sich Papst Franziskus mit seiner Apostolischen Reise nach Indonesien, Papua-Neuguinea, Osttimor und Singapur (2.-13. September 2024).
Dankbar blickte Papst Franziskus auf diese. So unterschiedlich diese Länder und Kulturen auch seien – eine Grunderfahrung habe sich ihm tief eingeprägt: „Die Kirche ist viel größer und lebendiger, als wir sie uns hier in Europa oft vorstellen. Dies durfte ich sehr eindrücklich bei den Begegnungen mit den Priestern, Ordensleuten, Laien und insbesondere den Katechetinnen und Katecheten erleben, die ihren Glauben erfüllt von der Freude des Evangeliums so attraktiv bezeugen“.
Auf der ganzen Reise sei zu spüren gewesen, „dass der Glaube, wenn er in der Kultur eines Landes heimisch wird und diese durchdringt, eine positive und verwandelnde Kraft entfaltet, die Hoffnung für die Zukunft schenkt“.
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Papst Paul VI. sei 1970 der erste Papst gewesen, der der aufgehenden Sonne entgegengeflogen sei und die Philippinen und Australien besucht habe, aber auch in verschiedenen asiatischen Ländern und auf den Samoanischen Inseln Station gemacht habe: „Eine denkwürdige Reise!“: „Auch ich habe versucht, seinem Beispiel zu folgen, aber da ich einige Jahre älter bin als er es war, habe ich mich auf vier Länder beschränkt: Indonesien, Papua-Neuguinea, Osttimor und Singapur. Ich danke dem Herrn, dass er es mir erlaubt hat, als alter Papst das zu tun, was ich als junger Jesuit hätte tun wollen“.
Eine erste Überlegung, die sich nach dieser Reise aufdränge, bestehe darin, dass wir in unserem Denken über die Kirche immer noch zu eurozentrisch, oder, wie man sagt, „westlich“ seien: „In Wirklichkeit ist die Kirche viel größer und lebendiger! Das habe ich auf bewegende Weise erfahren, als ich diese Gemeinschaften traf und die Zeugnisse von Priestern, Schwestern, Laien und insbesondere Katechisten hörte: „Kirchen, die keinen Proselytismus betreiben, sondern durch ‚Anziehung‘ wachsen, wie Benedikt XVI. weise sagte“.
In Indonesien gebe es etwa 10 % Christen und 3 % Katholiken: „Aber ich habe eine lebendige, dynamische Kirche kennengelernt, die in der Lage ist, das Evangelium in diesem Land zu leben und weiterzugeben, das eine sehr edle Kultur hat, das dazu neigt, die Vielfalt zu harmonisieren, und das gleichzeitig die größte Präsenz von Muslimen in der Welt aufweist“.
In diesem Zusammenhang „wurde mir bestätigt, wie die Barmherzigkeit der Weg ist, auf dem die Christen gehen können und müssen, um Zeugnis für Christus, den Erlöser, abzulegen und gleichzeitig den großen religiösen und kulturellen Traditionen zu begegnen. „Glaube, Geschwisterlichkeit, Mitgefühl“ lautete das Motto des Besuchs in Indonesien: Mit diesen Worten tritt das Evangelium jeden Tag ganz konkret in das Leben dieses Volkes ein, nimmt es auf und schenkt ihm die Gnade Jesu, der gestorben und auferstanden ist. Diese Worte sind wie eine Brücke, wie die Unterführung, die die Kathedrale von Jakarta mit der größten Moschee in Asien verbindet. Dort habe ich gesehen, dass die Geschwisterlichkeit die Zukunft ist, sie ist die Antwort auf die Gegen-Gesellschaft, auf die teuflischen Komplotte des Hasses und des Krieges.
Franziskus betonte: „Ich fand die Schönheit einer missionarischen Kirche ‚im Aufbruch‘ in Papua-Neuguinea, einem Archipel, das sich in die Weite des Pazifischen Ozeans erstreckt. Dort sprechen die verschiedenen ethnischen Gruppen mehr als achthundert Sprachen: ein ideales Umfeld für den Heiligen Geist, der es liebt, die Botschaft der Liebe in der Symphonie der Sprachen erklingen zu lassen“.
Die Protagonisten seien dort in besonderer Weise die Missionare und Katecheten: „Es hat mein Herz erfreut, einige Zeit mit den heutigen Missionaren und Katechisten verbringen zu können. Und ich war bewegt, den Liedern und der Musik der jungen Menschen zuzuhören: In ihnen sah ich eine neue Zukunft, ohne Stammesgewalt, ohne Abhängigkeit, ohne wirtschaftlichen oder ideologische Kolonialismen“. So sei eine Zukunft der Geschwisterlichkeit und der Sorge um die wunderbare natürliche Umgebung zu erhoffen: „Papua-Neuguinea kann ein ‚Labor‘ für dieses Modell der ganzheitlichen Entwicklung sein, das durch den ‚Sauerteig‘ des Evangeliums belebt wird. Denn es gibt keine neue Menschheit ohne neue Männer und Frauen, und nur der Herr schafft dies“.
Die menschliche und soziale Förderkraft der christlichen Botschaft zeige sich besonders in der Geschichte Osttimors. Dort habe die Kirche den Prozess der Unabhängigkeit mit allen Menschen geteilt und ihn stets auf Frieden und Versöhnung ausgerichtet. Das sei keine Ideologisierung des Glaubens, es sei dies ein Glaube, der zur Kultur werde und sie gleichzeitig erleuchte, läutere und erhebe: „Deshalb habe ich die fruchtbare Beziehung zwischen Glaube und Kultur wieder aufgegriffen, auf die schon Johannes Paul II. bei seinem Besuch hingewiesen hatte“. Der Glaube müsse „inkulturiert“ werden.
Vor allem aber hat den Papst die Schönheit dieses Volkes beeindruckt: „ein Volk, das geprüft, aber fröhlich ist, ein Volk, das im Leiden weise ist. Ein Volk, das nicht nur viele Kinder hervorbringt, sondern ihnen auch das Lächeln beibringt“. Das sei eine Garantie für die Zukunft. Kurzum, „in Osttimor habe ich die Jugendlichkeit der Kirche gesehen: Familien, Kinder, junge Menschen, viele Seminaristen und Kandidaten für das geweihte Leben. Ich habe ‚Frühlingsluft‘ geatmet“.
Die letzte Etappe auf dieser Reise: Singapur. Ein Land, das sich sehr von den anderen drei unterscheide: „ein Stadtstaat, sehr modern, der wirtschaftliche und finanzielle Pol Asiens und darüber hinaus“. Die Christen seien dort eine Minderheit, „aber sie bilden eine lebendige Kirche, die sich für Harmonie und Geschwisterlichkeit zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen, Kulturen und Religionen einsetzt“. Selbst im wohlhabenden Singapur gebe es die „Kleinen“, die dem Evangelium folgten und zu Salz und Licht würden, „zu Zeugen einer Hoffnung, die größer ist als die, die wirtschaftliche Gewinne garantieren können.“
„Ich danke Gott für das Geschenk dieser Reise“, so Franziskus abschließend: „Und ich erneuere meine Dankbarkeit gegenüber den zivilen Behörden und den örtlichen Kirchen, die mich mit solcher Begeisterung aufgenommen haben. Möge Gott die Völker, denen ich begegnet bin, segnen und sie auf den Weg des Friedens und der Geschwisterlichkeit führen!“.
Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:
Liebe Brüder und Schwestern deutscher Sprache, während meiner letzten Reise habe ich erneut die Lebendigkeit der jungen Ortskirchen erfahren dürfen. Lassen wir uns von ihrem Enthusiasmus für das Evangelium anstecken, um die Welt in Christus zu erneuern!
Die Pilger und Besucher aus Polen grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:
Ich grüße die Polen ganz herzlich. Auf meiner Apostolischen Reise durch Asien und Ozeanien habe ich erfahren, dass der wahre Reichtum eines jeden Volkes seine Kinder sind. Kümmert auch ihr euch um eure Kinder und gebt ihnen den Schatz des Glaubens, der Weisheit und der Tradition eures Heimatlandes weiter. Tut dies in der Familie, in der Gemeinde und in der Schule. Der heilige Stanislaus Kostka, dessen Fest heute gefeiert wird, möge euch bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützen. Ich segne euch von Herzen.
Foto (c) Vatican Media
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