Indien: Christen sehen Friedensplan für Manipur skeptisch

2. Oktober 2024 in Weltkirche


Hindu-Mehrheit und Christenminderheit seit 16 Monaten in gewalttätige Konflikte verwickelt - Seit Mai wurden bislang mehr als 230 Menschen getötet und 60.000 vertrieben, die meisten von ihnen Christen. Mehr als 300 Kirchen wurden in Brand gesteckt.


Neu-Delhi (kath.net/KAP) Christliche Führer haben sich skeptisch über die neue, durch die Bundesregierung vorgestellte "Road Map zum Frieden" im von Unruhen zerrissenen indischen Bundesstaat Manipur geäußert. In dem an der Grenze zu Myanmar liegenden Bundesstaat sind die Hindu-Mehrheit und ethnische Christen seit 16 Monaten in gewalttätige Konflikte verwickelt. Der nun vorgelegte Plan für einen Weg zum Frieden komme zu spät, die Durchsetzung sei schwierig, weil keine Seite von ihrem Standpunkt abweichen wolle, bemängeln Kritiker, wie das Online-Portal "Vatican News" mit Verweis auf "Ucanews" berichtet.

"Die Situation hätte anders sein können, wenn die Regierung schon bald nach Beginn der Gewalt am 3. Mai letzten Jahres proaktive Schritte unternommen hätte", wird ein hochrangiges Kirchenoberhaupt, das aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden wollte, von "Ucanews" zitiert.

Auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Neu-Delhi am 17. September hatte Indiens Innenminister Amit Shah angekündigt, dass eine "Road Map" für den Frieden in Manipur fertig sei: "Wir haben einen Fahrplan vorbereitet, um verschiedene Initiativen für die Situation in Manipur zu ergreifen", so Shah mit Blick auf die Region, die an das vom Bürgerkrieg heimgesuchte Myanmar grenzt und auch ein weltweit führender Opiumproduzent ist. Es würden Gespräche mit den beiden verfeindeten Volksgruppen der Kuki und Meitei geführt, so der Innenminister, die "Nummer 2" in der Kommandokette der Regierung, ohne Details zu nennen.

Allerdings sei es schwierig, einen wirklichen Durchbruch zu erzielen, da beide Parteien weiterhin "auf ihrem Standpunkt beharren", sagte das ungenannt bleibende Kirchenoberhaupt laut dem asiatischen Nachrichtenportal zufolge. Doch "wenn jemand die Krise beilegen kann, dann nur die Bundesregierung", so die Einschätzung des Kirchenvertreters.

Die Ankündigung für den Friedensplan erfolgte im Rahmen einer Pressekonferenz über die Ergebnisse in den ersten 100 Tagen der dritten aufeinanderfolgenden Amtszeit von Premierminister Narendra Modi. Die neue Bundesregierung hatte am 9. Juni die Macht übernommen. Der Premierminister hat den von Unruhen heimgesuchten Bundesstaat allerdings bisher nicht besucht, obwohl seine pro-hinduistische Bharatiya Janata Party unter der Führung von N Biren Singh die Regierung stellt.

Die Gewalt begann im Mai 2024, als indigene Studenten gegen ein Gerichtsurteil protestierten, das den einflussreichen Meiteis den Status eines Stammes zuerkannte, was auch mit der Gewährung weiterer Privilegien einhergeht. Mehr als 230 Menschen wurden bislang getötet und 60.000 vertrieben, die meisten von ihnen Christen. Mehr als 300 Kirchen wurden in Brand gesteckt.

Nahezu 53 Prozent der 3,2 Millionen Einwohner des nordöstlichen Manipur sind Meitei-Hindus, während 41 Prozent Christen sind, die hauptsächlich dem Stamm der Kuki-Zo angehören. Die Christen wehren sich gegen den Schritt der pro-hinduistischen Regierung, die ohnehin privilegierten Meitei-Hindus als Stammesangehörige zu klassifizieren, was ihnen eigene Quoten im Bildungswesen und bei staatlichen Stellen garantieren würde. Sie fordern hingegen eine eigene Verwaltung für jene Berggebiete, in denen sie die Mehrheit stellen.

Vertreibung und Zerstörung

Die Meiteis, die sich hauptsächlich in den Tälern aufhalten, wollen ihrerseits, dass die Kuki-Zo aus ihren Gebieten entfernt werden. Das würde allerdings bedeuten, dass die aktuell vertriebenen Christen, die derzeit in Notlagern und bei Verwandten untergebracht sind, nicht in ihre Heimat zurückkehren könnten, erläutert der Kirchenführer gegenüber "Ucanews" weiter. Nach Angaben der Christen hätten die Meiteis bereits mehr als 11.000 Häuser von Christen und etwa 360 Kirchen in den Tälern zerstört, um "selbst die Spuren" ihrer Existenz auszulöschen.

Singh und seine pro-hinduistische Partei machen den florierenden Drogenhandel in Myanmar für die ethnischen Unruhen in dem hügeligen Bundesstaat verantwortlich. Die Christen in Manipur pflegen wiederum enge Beziehungen zu Christen im konfliktgeplagten Myanmar in Südostasien.

Am 6. Februar gab Indien bekannt, dass die gesamte 1.643 km lange Grenze zu Myanmar eingezäunt werden soll. Shah berichtete nun, dass der Zaun auf einer Länge von 30 Kilometern bereits fertiggestellt sei und das Budget für das gesamte Projekt bereitstehe. "Wir sind zuversichtlich, dass wir mit dem neuen Fahrplan die Situation unter Kontrolle bringen können", sagte Shah.

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