7. Oktober 2024 in Prolife
St. Pöltner Altbischof Küng hinterfragt bei Messe in Karlskirche "Perspektivenwechsel in öffentlicher Wahrnehmung" - Schwangere in Not und Frauen auch nach Abtreibung unterstützen.
Wien (kath.net/ KAP)
"Geht es da wirklich um Barmherzigkeit?" - Diese kritische Anfrage hat der St. Pöltener Altbischof Klaus Küng am Samstag bei einem Gottesdienst anlässlich des "Marsches fürs Leben" an jene gestellt, die in Abtreibung oder Sterbehilfe die vermeintlich bessere Lösung in Konflikt- oder Notsituationen sehen. In seiner Predigt in der Wiener Karlskirche beklagte er "eine Art Perspektivenwechsel in der öffentlichen Wahrnehmung", der es schwer mache, für Lebensschutz einzutreten. Der Bischof sieht hier einen Zusammenhang mit dem "bei vielen Menschen fehlenden Gottesbezug", verbunden mit einem verkürzten Menschenbild.
Wenn durch ungewollte Schwangerschaften Notlagen entstehen, berufliche Pläne in Frage gestellt werden oder ein Konfliktpotenzial auf der Beziehungsebene besteht, "erscheint Abtreibung, auch wenn man es eigentlich gar nicht möchte, als die naheliegende, nicht selten die einzige Lösung". Viele fordern deshalb zumindest die Möglichkeit zur Kindstötung, "nicht wenige wollen darin sogar ein Recht sehen", so Küng. Für manche Ärzte und andere Beteiligte sei es dann "beinahe eine Frage der Barmherzigkeit, dem Willen derer zu entsprechen, die in solchen Situationen Hilfe suchen. Noch stärker gelte das, wenn Menschen bei Vorliegen einer schweren, unheilbaren Erkrankung von Ärzten Unterstützung bei der Selbsttötung verlangen.
Der Bischof verwies demgegenüber auf die Heilige Faustina Kowalska, auf deren Gedächtnistag der diesjährige Marsch des Lebens fällt. Die polnische Ordensfrau habe die wichtige Botschaft vermittelt, dass die Liebe Jesu "für jeden Menschen, auch für den allerschwächsten und den allerschlimmsten", eine heilende Kraft sei. Und Faustina habe erfasst, was wahre Barmherzigkeit bedeutet: Sie stehe "nie im Widerspruch zur Wahrheit, im Gegenteil", sagte Küng: "Nie führt wahre Barmherzigkeit dazu, in falsche Handlungen einzuwilligen oder solche zu bagatellisieren oder sie gar aus falsch verstandener Barmherzigkeit selbst durchzuführen."
Diese Haltung wahrer Barmherzigkeit wecke Hilfsbereitschaft, verwies der ehemalige Familienbischof auf kirchliche oder kirchennahe Initiativen für Schwangere wie die Stiftung St. Elisabeth, die Caritas, Jugend für das Leben, die Aktion Leben oder "YoungMum".
Der beste Lebensschutz sowohl in Bezug auf den Anfang als auch in Bezug auf das Ende des menschlichen Lebens sind nach Überzeugung Küngs christliche Familien, in denen Barmherzigkeit und Liebe eng miteinander verknüpft seien. "Eltern werden ihrer Tochter immer helfen, auch wenn sie vielleicht ein Kind nach Hause bringt, das nicht von ihrem Mann ist", so Küng wörtlich. "Und die gleiche Barmherzigkeit bewirkt, dass wir jeder Frau, die einmal oder mehrmals abgetrieben hat, liebevoll und mit großem Verständnis beistehen", rief der Bischof auf. Betroffenen solle die Verzeihung Gottes zugesagt werden, "und wir werden sie ermutigen, sich auch selber zu verzeihen".
Wahre Barmherzigkeit zeige sich auch beim Umgang mit Sterbenden, erst recht bei schwerer Krankheit: "Wir werden dafür sorgen, dass ärztliche Hilfe unnötiges Leiden vermeidet, aber mit Achtung vor dem Leben", wie Küng betonte: "Gott allein ist Herr über Leben und Tod."
Auch politisch aktiv werden
Als Staatsbürger gelte es, die Stimme zu erheben, allem voran, um die Gewissensfreiheit von Arzt, Krankenschwester, Hebamme zu verteidigen. "Ebenso müssen wir alles tun, um zu verhindern, dass Krankenhäuser, Seniorenheime und ähnliche Einrichtungen unter Druck gesetzt werden, Handlungen zuzulassen oder mit eigenem Personal durchzuführen, die mit den Grundrechten des Menschen im Widerspruch stehen." Und: Einem behinderten Kind müsse wenigstens genauso viel staatliche Unterstützung zukommen wie anderen. "Es liegt nicht in unserer Hand zu entscheiden, welches Leben lebenswert ist und welches nicht", betonte Küng.
Nach dem Gottesdienst war vor der Karlskirche die Kundgebung zum Marsch fürs Leben unter dem Motto "#UnbornLivesMatter" geplant, danach ab 13 Uhr ein Zug zum Stephansplatz. Der Apostolische Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana, übermittelte den Veranstaltern ein Grußwort. Der Marsch fürs Leben "erinnert uns an den unermesslichen Wert und die Würde jedes menschlichen Lebens - von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod", hielt der Papstbotschafter darin fest.
An dem Marsch nehmen stets mehrere tausend Menschen teil, meist finden auch Gegenproteste statt. Zu einem Zwischenfall kam es am Donnerstag in den frühen Morgenstunden, als ein auf der Balustrade der Wiener Karlskirche befestigter Banner mit einem Hinweis für den "Marsch des Lebens" und dem Slogan "#UnbornLivesMatter" von vermummten Personen mit Kletterausrüstung "mutwillig entfernt" wurde.
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