Geschlecht spielt keine Rolle

14. Oktober 2024 in Kommentar


Ist Gott denn am Ende doch ein Mann? Die Frage stellt sich, wenn Feministinnen so hart gegen diese Aussage streiten. Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz-Rom (kath.net)

Gott sei kein Mann, auch wenn sich dieses Bild in Kirche, Alltag und Geschichte so verfestigt habe. Darauf hatte die Innsbrucker Theologin Michaela Quast-Neulinger in der Serie „Was glauben Sie eigentlich“ der Kooperationsredaktion der österreichischen Kirchenzeitungen am 9. Oktober hingewiesen, meldete die Katholische Presseagentur Kathpress. Weitaus interessanter als diese Plattitüde ist der von der Agentur gewählte Titel, der der Theologin die Worte: „Gott ist Mensch, nicht Mann geworden“, in den Mund legt. Damit wird suggeriert, die Theologin fasse Jesus Christus vielleicht als queer auf. Allerdings gibt die weitere Meldung keinen Anlass zu dieser Annahme, so dass man durchaus von einer Provokation ausgeht, die die Hoffnung verfolgt, jemand möge über dies Stöckchen springen. Man nennt sowas auch Klickbaiting. Der Beitrag der Theologin selbst ist online nicht verfügbar, mithin bleibt man auf eine recht dünne Meldung angewiesen. Bei der sich immer noch genug Fragen stellen.

Auf die Frage "Ist Gott wirklich ein Mann?" habe Quast-Neulinger mit "Nein“, geantwortet und die Hoffnung geäußert, die Frage solle damit erledigt sein. Leider, so die Theologin sei da nicht der Fall. In der Meldung finden sich einige häufig in feministisch-theologischen Kontexten zitierte Hinweise auf die Schrift. Die biblischen Bilder von Gott würden, so die Theologin der Meldung zu Folge, sowohl männliche als auch weibliche Attribute umfassen. So werde Gott etwa als Hirte, Richter, aber auch als Gebärende, tröstende Mutter oder gar wütende Bärin beschrieben, habe die Fundamentaltheologin Kathpress zu Folge angemerkt. Ferner habe die Theologin zu einer sorgfältigen Interpretation der Bibel aufgefordert, um Geschlechterrollen nicht zu zementieren. Gott sei "der und die Lebendige" und würde sich durch die Geschichte hindurch immer wieder neu offenbaren.

Nun ist es nicht ganz einfach, aufgrund einer Meldung einen komplexen theologischen Sachverhalt zu erkennen, doch die Stoßrichtung sowohl der Meldung als auch der Äußerungen der Theologin dürften klar sein. Es liegt hier neben einigen Polemiken, Irrtümern oder gezielten Provokationen vor allem eines zugrunde: Man stelle etwas in den Raum, das von niemandem ernsthaft so simpel vertreten wird und widerlege die Behauptung kraftvoll. Es würde mich in der Tat einmal interessieren, wo die Kirche behauptet, Gott sei ein Mann. Nicht einmal die Patriarchen des Alten Testaments dürften Gott als Mann aufgefasst haben. Selbstverständlich sprechen trinitarische Aussagen, die die Kirche macht, von Gott als Vater. Ein Vater ist ein Mann. Aber selbst die Aussage von Gott als Vater und damit auch die Anrede „Vater“ sind Bildrede, die mit menschlicher Geschlechtlichkeit nur insofern zu tun haben, als sie eben jene Begriffe verwenden, die Menschen verstehen können.

Dass diese Bildrede nicht aus der Luft gegriffen ist, zeigt ein Jahrhunderte alter Erfahrungsschatz geistlicher Schriftsteller und theologischer Denker, die in Gott durchaus einen Vater gefunden und gesehen haben. Väterlichkeit in seiner ganzen Bandbreite von Strenge, Fürsorge, Liebe, Hilfe in Not aber auch führen in die Freiheit, leben lassen in der Freiheit der Kinder Gottes, all dies finden Menschen vor, die sich Gott im Gebet zuwenden. In der schönen neuen Genderwelt, der sich auch die neofeministische Theologie verschrieben hat, ist der Vater als solcher allerdings an sich schon Persona non grata. Väterlichkeit ist weder gewollt noch erlaubt. Der Vater wird weitestgehend gebannt. Vielleicht findet ein Vater im Leben vieler Menschen heute tatsächlich nicht mehr statt. Sodass in Folge Vaterbilder in vielen Menschen verblasst und erloschen sind. Wissenschaftler aus zahlreichen Disziplinen haben sich mit der Abwesenheit des Vaters in der Kindheit der Menschen und den Folgen daraus befasst. Sie sind zahlreich und unerfreulich. So fällt es Kindern schwer, wenn sie ohne Vater aufwachsen, sich mit Männlichkeit vertraut zu machen. Jungs haben Schwierigkeiten ihre eigene Identität zu finden, wachsen sie ohne Vater auf. Dem Mädchen, das ohne Vater aufwächst, fehlt der Sparringspartner in der persönlichen Abgrenzung ihrer weiblichen Entwicklung. Das feministische Ausgrenzen und Bannen von Männlichkeit an sich ist weder gut noch nützlich. Kindern kann es sogar massive schaden.

Umso wichtiger ist der Vater im Himmel. Jesus redet über Gott als seinen Vater. Und gibt zum Beispiel im Taufbefehl auch eine klare Anweisung auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen. Wenn unser Herr hier von Vater und Sohn spricht, dann sind das eindeutig männliche Personen. Man braucht eine ganze Menge dekonstruktivistisches Denken, um auf die Idee zu kommen, das Geschlecht spiele hier einfach keine Rolle. In Jesus Christus ist Gott Mensch geworden. Das ist ein wesentlicher Teil unseres Glaubens. Ein Mensch ist nun einmal Mann oder Frau. Es hat Gott in seiner unergründlichen Weisheit gefallen, als Mann Mensch zu werden. Wir können viel spekulieren, warum das so ist. Es bleibt aber das Faktum an sich. Wer aber nun der Ansicht ist, damit sei alles gesagt, täuscht sich gewaltig.

Ein Blick an den Anfang der Heiligen Schrift zeigt im Schöpfungsbericht die Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Mann und Frau sind Ebenbild Gottes. Und an dieser Stelle kann eben niemand so einfach sagen, Gott sei Mann oder Gott sei Frau. Nun bitte nicht um die Ecke kommen Gott sie ja doch queer. Das ist erst recht grober Unfug. Vielmehr findet sich hier der Schlüssel zur Bildrede von Gott. Kein Mensch kann Gott in seiner ganzen Größe verstehen. Wenn der Mensch Ebenbild Gottes ist, dann ist er ihm ähnlich aber eben nicht gleich. Anders – wir lesen es bei Paulus – Jesus Christus, er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde Mensch. Während nun der Sohn seiner göttlichen Natur nach weit mehr war Mann oder Frau, so legt er sich mit der Menschwerdung eindeutig fest. Seiner menschlichen Natur nach ist Jesus Christus ein Mann, seiner göttlichen Natur nach geht er weit darüber hinaus so eingeschränkt zu sein.

Bleibt noch der Heilige Geist, der schonmal gerne weiblich gedacht oder wie beim Synodalen Irrweg als „Heilige Geistkraft“ bezeichnet wird. Letzteres dürfte auf Grund der impliziten Entpersonalisierung vermutlich eine knackige Häresie sein. Der Heilige Geist ist als dritte Person Gottes die Liebe, die den Vater und den Sohn umgibt und verbindet und weil Gott so mächtig ist, manifestiert sich diese Liebe als Person. Jeder Versuch mit menschlichen Geschlechtsvorstellungen die dritte Person des einen Gottes festzulegen, muss in die Irre gehen.

Halten wir als fest: Die biblische Rede von Gott nimmt für Menschen verständliche Bilder, um Gott nahezubringen. Wenn also der Sohn als Mann Mensch wird und Gott als seinen Vater anredet, dann wäre es für die Theologie wohl eher angezeigt, tiefer zu durchdringen, was eben diese Männlichkeit Jesu und die Väterlichkeit Gottes bedeutet. Denn auch diese Männlichkeit gegenüber der Bräutlichkeit der Kirche, die Gott gegenüber steht hat eine Funktion für uns Menschen. Sie zeigt, was Gott für die Menschen ist, weil er die Menschen zu sich zieht, wie der Bräutigam die Braut.

In der Tat, das lässt sich nicht bestreiten, wird Gott in der Heiligen Schrift als Hirte, Richter, aber auch als Gebärende, tröstende Mutter oder gar wütende Bärin beschrieben. Zu beurteilen sind diese Bildreden immer dem Kontext nach, in dem sie so gesagt oder geschrieben wurden. Weitaus wichtiger als die Rede der biblischen Schriftsteller über Gott ist dann am Ende wohl doch die Selbstmitteilung Gottes in der Offenbarung seiner selbst in seinem Sohn.

Es zeigt sich, wie sehr diese genderdurchtränkte feministische Theologie am Ende ein Pudding, den man versucht an die Wand zu nageln. Es hält nicht und Pudding sättigt nicht. Im Alltag braucht es Graubrot. Statt uns also um das Geschlecht Gottes Gedanken zu machen und dabei durch immer absurdere Dekonstruktionen vollends ins Lächerliche abzugleiten, scheint es besser zu sein, zu hören und zu lesen was die – horribile dictu – Kirchenväter (auweia alles Männer), na gut, nehmen wir die Kirchenlehrer hinzu (da gibt’s ein paar Frauen) über Gott denken und schreiben. Das ist weit besser als sich in absurden Spekulationen zu ergehen. Gerade eine Mystikerin wie die Heilige Theresa von Avila weiß da mächtig spannendes von einem sehr männlich herüberkommenden Gott zu sagen. Das ist Brot, das spirituell und theologisch zu sättigen vermag.

 

 

Bild oben: Die Verzückung der Heiligen Theresa von Bernini in der Chiesa di Santa Maria della Vittoria a Roma. Foto: Riccardo Lelli/Wikimedia/CC-BY-SA-3.0


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