21. Oktober 2024 in Weltkirche
Kardinal bei Kirche-Staat-Konferenz im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft: Im Westen "kulturelles Angebot", bei dem alle religiöse Überzeugungen gleichwertig dargestellt werden
Budapest (kath.net/KAP) Einen tiefgreifenden Wandel in der Ausrichtung des konfessionellen Religionsunterrichts in westeuropäischen Ländern hat der ungarische Kardinal Peter Erdö beklagt. Statt um Glaubensunterweisung gehe es in dem Fach in staatlichen Schulen heute um einen "Unterricht über Religionen", sagte der ungarische Kirchenführer am Freitag in seiner Bischofsstadt Budapest. Religionsunterricht werde dann zu einem "kulturellen Angebot", bei dem es um Gleichheit und Würde aller Menschen gehe, wobei von einer "Relativität aller religiösen Überzeugungen" ausgegangen werde.
Auch der rechtliche Umgang mit Religionen verändere sich in Westeuropa zusehends, so Erdö weiter. Bislang sei ein von den christlichen Kirchen geprägtes Verständnis in der Struktur sowie bei den Gesetzen und Begrifflichkeiten prägend gewesen und man habe an öffentlichen Schulen den Religionsunterricht frei wählen können. Die Voraussetzung dafür, dass es nämlich nur wenige Konfessionen gibt und diese die Qualität des Unterrichts durch eigene Schulämter kontrollieren und garantieren, werde durch die Präsenz neuer Glaubensgemeinschaften zusehends aufgeweicht.
In multireligiösen Gesellschaften falle es dem Staat immer schwerer, eine gemeinsame Definition von Religion, Religionsgemeinschaften und Kirchen zu finden, so Erdö weiter. "Neue Arten von Religion" brächten heute nicht mehr dieselben Gemeinschaftsstrukturen, ein zusammenhängendes Weltbild sowie moralische Implikationen mit wie bisher die katholische sowie die protestantischen und orthodoxen Kirchen. Das mache die Durchführung von Gesetzen, mit denen sich Staaten zur Gleichbehandlung aller Religionen verpflichteten, noch schwieriger.
Kardinal Erdö äußerte sich auf der Konferenz "Geteilte Verantwortung: Zusammenarbeit zwischen Staaten und Religionsgemeinschaften", die im Rahmen der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft im Ethnografischen Museum Budapest stattfand. Begrüßungsworte sprach dabei Jozsef Steinbach, Präsident der Synode der Reformierten Kirche Ungarns, auch Kirchen-Staatssekretär Miklos Soltesz hielt eine Rede. Vom Präsidenten des Verbandes der jüdischen Gemeinden Ungarns, Andor Grosz, kam eine Grußbotschaft.
Staatssekretär Soltesz erklärte, dass die Kirchen helfen könnten, eine Antwort auf die "moralische Krise Europas" zu finden. Er halte es für fraglich, ob die europäischen Führungskräfte die Gefahren erkennen würden, die den Kontinent derzeit bedrohen, sowie auch, ob sie in der Lage seien, darauf zu reagieren, und, wer ihnen dabei helfen könne. Unter den Gefahren, die Europa bedrohen, nannte er die "Kriegshysterie", das Aufkommen und die Stärkung von Ideologien gegen die Schöpfung sowie die verfehlte Migrationspolitik.
Vor dem Anstieg des Antisemitismus in vielen Ländern auf ein seit Jahrzehnten nicht gesehenes Niveau warnte der jüdische Gemeindeverbandspräsident Grosz. Seit den Terrorangriffen der Hamas auf Israel würden Umfragen zufolge Prozent der Juden in der EU das Tragen jüdischer Symbole vermeiden. In Budapest könnten die Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft jedoch ihre Identität in Sicherheit leben, und die ungarische Regierung garantiere ihnen das Wichtigste, "nämlich Sicherheit", so Grosz. Angestrebt werde von den jüdischen Gemeinschaft eine "strategische Zusammenarbeit mit den staatlichen Organen auf solider Grundlage".
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Archivfoto Kardinal Erdö (c) Ungarische Bischofskonferenz
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