Tod im KZ Dachau - Pfarrer Christoph Hackethal (1899-1942)

10. November 2024 in Chronik


Ein Märtyrer des Bistums Hildesheim. Auch im KZ soll sich Hackethal "seine frohe und mitunter humorvolle Art nicht nehmen lassen haben. Innerlich fand er eine ruhige Gelassenheit."Gastbeitrag von Elmar Lübbers-Paal


Hildesheim (kath.net) „Priester des Neuen Bundes ist der, der das Opfer Christi am Altare erneuernd sich und seiner Gemeinde dem HERRN zum Opfer darbringt.“ Mit diesen Worten Bischof Sailers soll, laut dem „Deutschen Martyrologium des 20. Jahrhunderts“, in der Lagerkapelle des KZs Dachau des verstorbenen Priesters Christoph Hackethal gedacht worden sein. Diese Zeilen spiegeln tatsächlich das kurze Leben dieses Opfer-Priesters wieder.

Das Bistum Hildesheim gilt in vielen Gegenden aus katholischer Sicht als Diaspora. Katholiken bilden in vielen Orten und Landstrichen dieses flächenmäßig großen Bistums eine Minderheit. Auch die Geburtsstadt Hackethals, Hannover, wo er am 28.3.1899 als Sohn des katholischen Kaufmannsehepaares Karl und Paula Hackethal das Licht der Welt erblickte, war mehrheitlich protestantisch. Das vorbildliche, religiös geprägte Elternhaus war es wohl, das ihn schon in der Schulzeit an das Priestertum denken lies. Nach seinem Abitur am 16.2.1918 am hannoverschen Goethegymnasium studiert er bis 1922 Theologie in Münster. Sodann trat er in das Hildesheimer Priesterseminar ein.

Bischof Dr. Joseph Ernst weihte Hackethal am 24.2.1923 im Hohen Dom zu Hildesheim zum Priester. Der Neupriester wirkte bei Hamburg, in Hannover und später in Hildesheim. Sein Einsatz galt besonders der Glaubensvermittlung unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Da es kein eigenes Pfarrheim in seiner Pfarrei in Hannover gab, durfte er die Aula des Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums für seine „Gemeindeabende für religiöse Kultur, Kunst und Bildung“ nutzen.

Gesundheitliche Gründe führten dazu, dass der engagierte Geistliche dauerhaft keine große Stadtpfarrei leiten konnte. So wurde er ab Mitte 1929 zum zweiten Domlektor ernannt und als Seelsorger des katholischen St.-Bernward-Krankenhauses in der Diözesanhauptstadt Hildesheim eingesetzt.

Technischer Fortschritt, der dem Wohl der Menschen zugute kam, interessierte ihn sehr. So machte Hackethal sich die Technik dienlich, um über Lautsprecher die Hl. Messe in die Krankenzimmer übertragen zu lassen. Sicherlich war dies eine seelische Stütze für die bis zu 300 Patienten des Hospitals.

Ab Herbst 1934 wurde er Pastor im Diasporagebiet des Harzes; nämlich in einem Stadtteil von Bad Harzburg. Seine dortige Tätigkeit war mit viel Fahrerei verbunden, da die Gottesdienstorte durch die dünn besiedelte katholische Bevölkerung kilometerweit auseinander lagen. Auch für das Abhalten von Kurgottesdiensten wie im Rathaussaal von Bad Harzburg war Hackethal zuständig.

Mit dem Aufkommen der Nazis und ihrer anti-katholischen Ideologie wurde sein Priesterdienst immer mehr eingeschränkt. Öffentliche Gebäude durften fortan nicht mehr für den Gottesdienst benutzt werden. Seine erfolgreiche Jugendarbeit wurde auch zunehmend behindert.

Priester jedoch ist man nicht nur für seine Pfarreimitglieder, sondern für jeden, der seelsorgliche Hilfe benötigt! Das war wohl auch der Hintergrund, weshalb Hackethal sich zusätzlich um die vielen Zwangsarbeiter aus Polen kümmerte, die in den „Reichswerken Herman Göring“ tätig sein mussten.

Dieser sakramentale Einsatz und das offene Aussprechen von Wahrheiten brachten den leidenschaftlichen Hirten letztlich ins KZ. Für viele war vernehmlich, dass Pfarrer Hackethal die Nazis und ihre Weltanschauung kritisierte. Schließlich äußerte er unvorsichtiger weise, dass der Krieg auch verloren gehen könne. Dass diese damals lebensgefährliche Aussage auch einem SS-Mann zu Ohren kam, der gegen den Geistlichen Anzeige erstattete, merkte der Pfarrer erst, als er am Morgen des 18.4.1941 im Pfarrhaus verhaftet wurde. Bistumsleitung und Eltern erfuhren erst Tage später den Grund für die Verhaftung: „staatsabträgliches Verhalten und defätistische Äußerungen“.

Sowohl die Eltern als auch die Bistumsleitung ersuchte mehrfach vergebens die Freilassung des Priesters. Christoph Hackethal bekam zu spüren, was es heißt, nicht auf der ideologischen Seite der Staatsmacht zu stehen! Grausamste Folter und entwürdigende Demütigungen musste Hackethal während der Haft über sich ergehen lassen. Am 8.8.1941 kam er völlig entkräftet und geschunden im KZ Dachau an, wo man ihn, aufgrund seines erbärmlichen Gesundheitszustandes zunächst auf der Krankenstation behandelte und anschließend in den „Priesterblock“ steckte.

Durch einen überlebenden Geistlichen aus dem „Priesterblock“, Pfarrer Johannes Jäger, sind die Umstände des Lebensendes Pfarrer Hackethals bekannt geworden. Hackethal soll sich seine frohe und mitunter humorvolle Art nicht nehmen lassen haben. Innerlich fand er eine ruhige Gelassenheit. Wochen vor seinem Tod soll er sich intensiv auf die Begegnung mit seinem Schöpfer vorbereitet haben.

Nur so ist es wohl zu erklären, dass er bei seiner ohnehin schon angeschlagenen Gesundheit auch noch die harten Arbeitseinsätze in brütender Hitze überstand. Über längere Zeit Unkraut im Knien zu jäten und sogar schwere Maschinen wie einen Pflug per Hand über ein Feld zu ziehen, gehörten zu seinen Aufgaben. Der Wille und die innere Haltung sollten durch diese oft sinnlosen Arbeiten gebrochen werden. Quälereien durch das Wachpersonal waren stets zu befürchten.

Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich zusehends. Die katastrophalen „Mahlzeiten“, wenn man sie so überhaupt nennen kann, schwächten den entkräfteten Körper zusätzlich. Jedoch halfen das Herzensgebet und die völlige Zugewandtheit zum leidenden Herrn, ihm all das Leid zu tragen. An seinen letzten irdischen acht Tagen litt Hackethal an einer Lungenentzündung. Wir können davon ausgehen, dass er ahnte, dass sein irdisches Leben in Kürze beendet sein würde.

Bis einen Tag vor seinem Tod hatte er täglich die heilige Kommunion empfangen dürfen. Sie sollte ihm zur wahren Himmelsspeise werden. Am 25.8.1942 starb Pfarrer Christoph Hackethal im KZ Dachau, unter nicht ganz geklärten Umständen. Laut Totenschein soll er an der Lungenentzündung verstorben sein.

Vier Tage später wurden die Eltern durch ein kurzes Schreiben des Lagerleiters über den Tod ihres Sohnes informiert. Den Eltern wurde später die Urne mit Hackethals Asche und ein blutverschmiertes Hemd zugestellt. Die sterblichen Überreste dieses priesterlichen Helden wurden unter großer Anteilnahme auf dem hannoverschen Stadtteilfriedhof Strangriede beigesetzt. Das Familiengrab existiert noch heute.

Der ehemalige Dechant und Ruhestandsgeistliche Heinrich Günther und ein Initiativkreis setzen sich schon seit einigen Jahren für ein Seligsprechungsverfahren um die drei Märtyrer-Priester der NS-Zeit im Bistum Hildesheim ein. Neben Christoph Hackethal sollen auch die öffentlichen Verehrungen der Priester Joseph Müller und Pater Friedrich Lorenz gefördert werden.


© 2024 www.kath.net