20. November 2024 in Kommentar
Kann in Deutschland "ein Umdenken der Synodalen Mehrheit aufgrund der Erfahrungen mit vergleichbaren Reformprozessen, z.B. in den Niederlanden erwartet werden?" Gastkommentar von Hubert Gindert
Vatikan-Bonn (kath.net/Der Fels) „Ziele des Deutschen Synodalen Weges und der Weltbischofssynode gehen nicht Hand in Hand“ sagen der Kölner Erzbischof Kardinal Woelki und die Bischöfe Hanke, Oster und Voderholzer in einer gemeinsamen Erklärung am 4.11.2024. Diese Erklärung bringt kath.net am 4.11.2024 im Wortlaut.
Zusammengefasste Hauptpunkte der Erklärung sind:
„Vier der fünf Hauptüberschriften des Dokuments (Abschlusspapier der Weltbischofssynode) sprächen von ‚Umkehr im Herzen‘, in den Beziehungen, den Prozessen und Bindungen. Auch das wesentliche Ziel einer synodalen Kirche wurde in der gemeinsamen Erklärung betont: Die Sendung und Formung missionarischer Jüngerinnen und Jünger. Das Dokument erzähle von der Vision einer Kirche ‚in der Menschen im gegenseitigen Vertrauen wachsen, in der möglichst viele eingeladen sind am Weg der Kirche und in Prozessen von Entscheidungen teilzunehmen und mitzuwirken‘… Entscheidungsprozesse sollten getragen sein von einem gemeinsamen Weg der Unterscheidung, die als ‚spirituelle Praxis‘ (Abschlussdokument Nr. 82) bezeichnet wurde, als Praxis des Hörens, des Gebetes, der Diskretion, der inneren Freiheit… Die vier Bischöfe sehen vieles davon in Deutschland bereits strukturell ermöglicht (Gremien von Beratung und Mitbestimmung). Die vier Bischöfe erkennen eine Aufgabe darin, an deren geistlicher Vertiefung, an der Verbesserung und an der stärkeren Ausrichtung auf Mission mitzuwirken. Die vier Bischöfe hoffen, dass auch die Fortsetzung des Synodalen Weges in Deutschland ein Weg der Umkehr sein könne. Die Versammlung in Frankfurt hätten sie als Widerspruch zu dem erlebt, was die Bischöfe der Synode in Rom im ‚geschützten Raum‘ fortwährend eingeübt haben. Wie die geistliche Unterscheidung, das gegenseitige vertrauensvolle Hören, die Ausrichtung auf die missionarische Jüngerschaft waren in Frankfurt kaum vorhanden. Stattdessen habe es einen parlamentarisch anmutenden Prozess der reinen Mehrheitsbeschaffung gegeben und nicht der geistlichen Unterscheidung ‚wie sie das Abschlussdokument eindringlich ans Herz legt‘. Auf diesem Weg habe… einer liberal eingestellten Mehrheit… ihre Themen unter massivem öffentlich ausgeübtem Druck durchbringen wollen.
Die vier Bischöfe kritisieren, dass die … vorgenommene ausschließliche Identifikation von vier Hauptthemen als diejenigen, die missbrauchsstrukturell begünstigen würden, heutigen Erkenntnissen kaum standhalte. Zwei der vier Themen (Zölibat und Sexualmoral) seien im Abschlussdokument der Weltbischofssynode nicht aufgegriffen worden. In der Frage nach der möglichen Teilhabe von Frauen am sakramentalen Weihe Amt gebe es nach der Weltbischofssynode keinen neuen Sachstand.
Die Ziele des deutschen Synodalen Weges und der weltkirchliche Prozess der Synode gehen damit aus der Sicht der vier Bischöfe inhaltlich nicht Hand in Hand. Auf den in der römischen Synode angestoßenen Weg seien auch die vier Bischöfe bereit, ‚sich mit ihren Mitbrüdern im Bischofsamt und mit möglichst vielen anderen Beteiligten aus möglichst allen kirchlichen Gruppierungen neu einzulassen‘“. Qu.: „Bischöfe hoffen auf Umkehr“ in Passauer Bistumsblatt Nr. 46, 10.11.2024)
Die vier Bischöfe hoffen auf „Umkehr“. Ist sie zu erwarten?
„Umkehr“ setzt die Einsicht in einen Irrweg, einen Fehler, voraus. Diese Einsicht setzt auch menschliche Größe voraus.
Der DBK-Vorsitzende Bätzing bezeichnet das Dokument der Weltsynode als „zu zaghaft, aber unumkehrbar. Er würde sich wünschen, dass gerade in Deutschland die Ergebnisse nicht kleingemacht würden und ermunterte, damit weiterzuarbeiten… man könne auch sagen: Die Synode bittet einen Synodalen Rat einzurichten. Das wolle der Synodale Ausschuss aufgreifen. Wir wollen eine gediegene Form der Verstetigung von Synodalität in unserem Land aufgreifen“. (Passauer Bistumsblatt, Nr. 46, 10.11.24, S. 24)
Alle Kollaborateure des deutschen Synodalen Prozesses, wie die katholischen Verbände im ZdK, die kirchlichen Medien und insbesondere die weltlichen Medien bestärken den DBK-Vorsitzenden in seiner Haltung. Das Festhalten am bisherigen Weg bedeutet auch die Ausklammerung des Wortes Jesu, der seine irdische Mission mit der Aufforderung begann: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium“. Diese Aufforderung Jesu kommt in den Beschlüssen des deutschen Synodalen Weges nicht vor.
Wir brauchen keine tiefschürfenden psychologischen Untersuchungen anzustellen warum ein Umdenken bei der deutschen synodalen Mehrheit nicht zu erwarten ist. Diese Synodalen der Mehrheitsfraktion haben die allgemeinen Erbsünden: Das Schielen nach dem Beifall der Mehrheit, die Feigheit sich der unangenehmen Wahrheit und der Mühsal einer persönlichen Umkehr zu stellen, etc..
Nun hat der Neue Anfang festgestellt, dass der „Beginn des Synodalen Weges auf einer Erpressung beruht“. Der DBK-Vorsitzende sagte „das deutsche Reformprojekt Synodaler Weg sei 2019 in einer Situation gestartet, in der die katholische Kirche in Deutschland von der Kirchenspaltung bedroht gewesen sei. Damals habe die reale Gefahr bestanden, dass die katholischen Laien unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals den Bischöfen das Vertrauen entziehen. Die Gefahr dieses Schismas sei durch die Reformbemühungen des Synodalen Wegs gebannt worden“.
„Neuer Anfang kommentiert, dies rücke den gesamten ‚Synodalen Weg‘ in ein neues Licht. Es handelt sich nicht um einen ergebnisoffenen, gemeinsamen Weg, sondern um ein Konstrukt, das von Anfang an auf ‚Reformbemühungen‘ deren Ausrichtung offenbar bereits geplant war. Durch diese heimliche Vereinbarung, die mit einer Drohung zustande kam, wurden alle (anderen) Beteiligten getäuscht: Die Mitglieder der Versammlung, die kirchliche und säkulare Öffentlichkeit und die päpstliche Kurie in Rom“. (kath.net, 4.11.24)
Kann ein Umdenken der Synodalen Mehrheit aufgrund der Erfahrungen mit vergleichbaren Reformprozessen, z.B. in den Niederlanden erwartet werden?
Die Niederlande waren in den Nachkriegsjahren ein katholisches Vorzeigeland: Von den Berufungen zum Priestertum bis zu weltweiten Caritasinitiativen. „Heute ist das Land“ wie der Utrechter Kardinal Eijk ausführt (Vatikan-Magazin 11, 2024, S. 10) „durch und durch säkularisiert. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung versteht sich als atheistisch oder agnostisch“. Das sieht Kardinal Eijk als das Ergebnis des Pastoralkonzils von 1966 bis 1970. Der Kardinal sieht „im gegenwärtigen deutschen Reformprozess des Synodalen Weges große Ähnlichkeit zu den Vorgängen in den Niederlanden Ende der 60er Jahre“.
Archivfoto Prof. Gindert (c) Forum Deutscher Katholiken
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