24. November 2024 in Aktuelles
Franziskus: heilige Messe zum Hochfest Christkönig am Weltjugendtag. Ohne Angst vor Anklage, ohne das Bedürfnis nach Zustimmung, zufrieden damit, für alle in der Liebe Zeugen der Wahrheit zu sein
Rom (kath.net) Heilige Messe mit Papst Franziskus in der Petersbasilika am Christkönigsfest (Sollemnitas Domini Nostri Iesu Christi Universorum Regis, „Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, des Königs des Weltalls“), letzter Sonntag des Kirchenjahres. Es wird an diesem Sonntag auch die Feier auf diözesaner Ebene des XXXIX. Weltjugendtages unter dem Thema: „Die auf den Herrn hoffen, gehen und werden nicht müde (vgl. Jes 40,31)“ begangen.
„Es ist nicht wahr, wie manche meinen, dass das Weltgeschehen Gottes Händen ‚entglitten‘ ist. Es ist nicht wahr, dass die Geschichte von den Gewalttätigen und den Tyrannen bestimmt wird. Viele Übel, die uns heimsuchen, sind das Werk von Menschen, die vom Bösen getäuscht worden sind, aber alles unterliegt am Ende dem Urteil Christi, des gerechten und barmherzigen Königs (vgl. Mt 25,31-46). Er lässt uns frei, aber er lässt uns nicht allein: Obwohl er uns korrigiert, wenn wir fallen, hört er nie auf, uns zu lieben und uns wiederaufzurichten, wenn wir es wünschen, damit wir unseren Weg freudig fortsetzen können.“
Predigt von Papst Franziskus zum Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, des Königs des Weltalls 2024
Am Ende des liturgischen Jahres feiert die Kirche das Hochfest unseres Herrn Jesus Christus, des Königs des Weltalls. Sie lädt uns ein, auf ihn zu blicken, den Herrn, den Ursprung und die Vollendung aller Dinge (vgl. Kol 1,16-17), dessen »Reich niemals unter geht« (Dan 7,14).
Das ist eine Betrachtung, die uns erhebt und begeistert. Doch wenn wir uns dann umschauen, sieht das, was wir sehen, anders aus, und beunruhigende Fragen können in uns aufkommen. Was sollen wir von Kriegen, Gewalttätigkeit, Umweltkatastrophen halten? Und was ist von den Problemen zu halten, mit denen auch ihr, liebe junge Menschen, konfrontiert seid, wenn ihr in die Zukunft blickt: unsichere Arbeitsplätze, wirtschaftliche und andere Ungewissheiten, die Spaltungen und Ungleichheiten, die die Gesellschaft polarisieren? Warum geschieht das alles? Und was können wir tun, um nicht davon erdrückt zu werden? Dies sind schwierige, aber wichtige Fragen.
Deshalb möchte ich heute, da wir in allen Kirchen den Weltjugendtag feiern, vor allem euch jungen Menschen nahelegen, im Lichte des Wortes Gottes über drei Aspekte nachzudenken, die uns helfen können, mutig unseren Weg fortzusetzen, trotz der Herausforderungen, denen wir begegnen. Es sind: die Anklage, die Zustimmung und die Wahrheit.
Erstens: die Anklage. Das heutige Evangelium stellt uns Jesus in der Rolle des Angeklagten vor (vgl. Joh 18,33-37). Er ist – wie man sagt – „auf der Anklagebank“, vor Gericht. Er wird von Pilatus befragt, dem Vertreter des Römischen Reiches, in dem wir alle Mächte dargestellt sehen können, die in der Geschichte Völker mit Waffengewalt unterdrücken. Pilatus ist nicht an Jesus interessiert. Aber er weiß, dass die Menschen ihm folgen, weil sie ihn für ein Vorbild, einen Lehrer, den Messias halten. Und der Statthalter kann nicht zulassen, dass irgendjemand den „militarisierten Frieden“ in seinem Bezirk stört und Unruhe stiftet. Deshalb stellt er die mächtigen Feinde dieses wehrlosen Propheten zufrieden: Er stellt ihn vor Gericht und droht, ihn zum Tode zu verurteilen. Und er, der immer nur Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Vergebung gepredigt hat, fürchtet sich nicht, er lässt sich nicht einschüchtern und er lehnt sich auch nicht auf: Er bleibt der Wahrheit treu, die er verkündet hat, bis hin zur Hingabe seines Lebens.
Liebe Jugendliche, vielleicht kann es auch euch manchmal passieren, dass man euch „anklagt“, weil ihr Jesus folgt. In der Schule, unter Freunden, an den Orten, an denen ihr euch aufhaltet, gibt es vielleicht einige, die euch das Gefühl geben wollen, dass ihr nicht in Ordnung seid, weil ihr dem Evangelium und seinen Werten treu seid, weil ihr euch nicht anpasst, euch nicht verbiegt, um wie alle anderen zu handeln. Ihr aber, habt keine Angst vor „Verurteilungen“, macht euch keine Sorgen: Früher oder später zerfallen falsche Kritik und falsche Anklagen. Und die oberflächlichen Werte, die sie stützen, werden als das entlarvt, was sie sind: Illusionen. (…)
Was bleibt, wie Christus uns lehrt, ist etwas anderes: Es sind die Werke der Liebe. Das ist es, was bleibt und was das Leben schön macht! Der Rest zählt nicht. Deshalb wiederhole ich: Habt keine Angst vor den „Verurteilungen “ durch die Welt. Fahrt damit fort, zu lieben! (…)
Und damit kommen wir zum zweiten Punkt: die Zustimmung. Jesus sagt: »Mein Königtum ist nicht von dieser Welt« (Joh 18,36). Was soll das heißen? Warum tut er nichts, um seinen Erfolg zu sichern, um sich bei den Mächtigen einzuschmeicheln, um Unterstützung für sein Programm zu gewinnen? Wie kann er denken, die Dinge als „Besiegter“ ändern zu können? In Wirklichkeit verhält sich Jesus so, weil er jede Logik der Macht ablehnt (vgl. Mk 10,42-45). Er ist von all dem frei!
Und auch euch wird es guttun, seinem Beispiel zu folgen und euch nicht von dem – heute so weit verbreiteten – Verlangen anstecken zu lassen, gesehen, anerkannt und gelobt zu werden. Wer sich von diesen Fixierungen anstecken lässt, endet darin, in Kummer zu leben. Er beschränkt sich darauf, sich „durchzuboxen“, zu konkurrieren, sich zu verstellen, sich auf Kompromisse einzulassen und die eigenen Ideale zu verraten, um ein bisschen Anerkennung und Sichtbarkeit zu erlangen. (…)
Aber Gott liebt euch so, wie ihr seid: Vor ihm sind eure reinen Träume mehr wert als Erfolg und Ruhm, und die Aufrichtigkeit eurer Absichten ist mehr wert als Zustimmung. Lasst euch nicht von denen täuschen, die euch mit vergeblichen Versprechungen locken und euch in Wirklichkeit nur instrumentalisieren, konditionieren und für die eigenen Interessen benutzen wollen. (…) Begnügt euch nicht damit, „Stars für einen Tag“ zu sein, weder in den sozialen Netzwerken noch in irgendeinem anderen Zusammenhang! (…)
Der Himmel, an dem ihr zu leuchten berufen seid, ist größer: Es ist der Himmel Gottes, an dem sich die unendliche Liebe des Vaters in unseren zahllosen kleinen Lichtern widerspiegelt: In der treuen Zuneigung der Ehepartner, in der unschuldigen Freude der Kinder, im Enthusiasmus der jungen Menschen, in der Fürsorge der älteren Menschen, in der Großzügigkeit der Personen des gottgeweihten Lebens, in der Nächstenliebe gegenüber den Armen, in der Ehrlichkeit der Arbeit. (…) Das ist das wahre Firmament, an dem es wie Sterne in der Welt zu leuchten gilt (vgl. Phil 2,15): Hört nicht auf diejenigen, die euch mit Lügen etwas anderes erzählen! Es ist nicht die Zustimmung, die die Welt rettet, noch macht sie glücklich, sondern die Unentgeltlichkeit der Liebe. (…)
Und damit kommen wir zum dritten Punkt: die Wahrheit. Christus kam in die Welt, dass er »für die Wahrheit Zeugnis ablege« (Joh 18,37), und er tat dies, indem er uns lehrte, Gott und unsere Brüder und Schwestern zu lieben (vgl. Mt 22,34-40; 1 Joh 4,6-7). Nur dort, in der Liebe, erhält unsere Existenz Licht und Sinn (vgl. 1 Joh 2,9-11). Andernfalls bleiben wir Gefangene einer großen Lüge: Der des „Ego“, das sich selbst genügt (vgl. Gen 3,4-5), der Wurzel aller Ungerechtigkeit und allen Unglücklichseins. (…)
Christus, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist (vgl. Joh 14,6), der sich von allem entäußert hat und für unsere Erlösung nackt am Kreuz gestorben ist, lehrt uns, dass auch wir nur in der Liebe in unserer vollen Würde leben, wachsen und gedeihen können (vgl. Eph 4,15-16). Andernfalls, so schrieb der selige Pier Giorgio Frassati – ein junger Mann wie ihr – an einen Freund, leben wir nicht mehr, sondern wir »leben bloß dahin« (vgl. Brief an Isidoro Bonini, 27. Februar 1925). Wir wollen leben, nicht bloß dahinleben, und deshalb bemühen wir uns, die Wahrheit in der Nächstenliebe zu bezeugen indem wir einander lieben, wie Jesus uns geliebt hat (vgl. Joh 15,12).
Schwestern und Brüder, es ist nicht wahr, wie manche meinen, dass das Weltgeschehen Gottes Händen „entglitten“ ist. Es ist nicht wahr, dass die Geschichte von den Gewalttätigen und den Tyrannen bestimmt wird. Viele Übel, die uns heimsuchen, sind das Werk von Menschen, die vom Bösen getäuscht worden sind, aber alles unterliegt am Ende dem Urteil Christi, des gerechten und barmherzigen Königs (vgl. Mt 25,31-46). (…) Er lässt uns frei, aber er lässt uns nicht allein: Obwohl er uns korrigiert, wenn wir fallen, hört er nie auf, uns zu lieben und uns wiederaufzurichten, wenn wir es wünschen, damit wir unseren Weg freudig fortsetzen können.
Am Ende dieser Eucharistie werden die jungen Portugiesen den jungen Koreanern die Zeichen des Weltjugendtags anvertrauen: das Kreuz und die Ikone der Maria Salus Populi Romani. Auch dies ist ein Zeichen: Eine Aufforderung an uns alle, das Evangelium zu leben und es in alle Teile der Erde zu bringen, ohne stehen zu bleiben und uns entmutigen zu lassen, indem wir nach jedem Sturz wieder aufstehen und nie aufhören zu hoffen, wie es in der Botschaft für diesen Weltjugendtag heißt: »Die auf den Herrn hoffen, gehen und werden nicht müde« (vgl. Jes 40,31). (…)
Richten wir unseren Blick fest auf Jesus, auf sein Kreuz und auf Maria, unsere Mutter: So werden wir auch in Schwierigkeiten die Kraft finden, weiterzugehen, ohne Angst vor Anklage, ohne das Bedürfnis nach Zustimmung (…), zufrieden damit, für alle in der Liebe Zeugen der Wahrheit zu sein.
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