29. November 2024 in Chronik
„Ich sterbe als katholischer Priester und als Oblate der Unbefleckten Jungfrau Maria, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen! Gelobt sei JESUS CHRISTUS und die Unbefleckte Jungfrau Maria. Amen!“ Von Elmar Lübbers-Paal
Hildesheim-Berlin (kath.net) Kurz bevor das Fallbeil, am 13.11.1944 gegen 16 Uhr, den Pater der „Oblaten der Makellosen Jungfrau Maria“ zu einem Märtyrer werden ließ, schrieb er sein Testament in der Todeszelle nieder: „Meine letzten Worte! Mein Testament! Es geschehe der heilige Wille GOTTES! Er wollte, daß ich nicht länger als 48 Jahre lebe, nicht länger als 20 Jahre Priester sein sollte. Ich empfehle meine Seele der Barmherzigkeit, Güte und Liebe GOTTES. Meinen Leib übergebe ich der Erde, von der er genommen ist….“ So beginnt er seine letzten Zeilen, die er hier auf Erden niederschreibt. Pater Lorenz endet, seine innere Überzeugung bekräftigend mit: „Ich sterbe als katholischer Priester und als Oblate der Unbefleckten Jungfrau Maria, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen! Gelobt sei JESUS CHRISTUS und die Unbefleckte Jungfrau Maria. Amen!“
Als zweites von drei Kindern einer einfach lebenden Postbotenfamilie wurde Friedrich Lorenz in Klein-Freden bei Hildesheim geboren. Es war der 10.6.1897. Mit der Versetzung des Vaters zog die Familie nach Hildesheim, wo Friedrich auch die Volksschule und das Gymnasium besuchte. In der Hildesheimer Pfarrkirche St. Bernward, in der Nähe des Bahnhofs, kam es zu Kontakten mit Patres der Oblatenmissionare.
Diese Begegnungen müssen so nachhaltig auf ihn gewirkt haben, dass er schließlich den Wunsch äußerte Priester werden zu wollen. Er beschritt schließlich diesen Weg über die gleiche Kongregation. Nach nur einem Monat im Noviziat, im niederländischen St. Gerlach, wurde Friedrich Lorenz am 21.9.1916 zum Militärdienst eingezogen.
Als er 1919 wieder ins Noviziat zurückkehrte, trug der Tapfere nicht nur das Eiserne Kreuz II. Klasse, sondern auch zwei Verwundungen mit sich. Im Folgejahr legte er seine ersten zeitlichen Gelübde im Kloster Maria Engelport/Mosel ab. Es folgten Studien von Philosophie und Theologie an der ordenseigenen Hochschule in Hünfeld bei Fulda. Es reihten sich die verschiedenen Weihestufen zum Priestertum und die Ewigen Profeß (Bindung an den Orden) aneinander.
Friedrich Lorenz wurde am 6.7.1924 zum Priester geweiht. Von da ab wirkte er als Volksmissionar und Seelsorger für etwa 10 Jahre. Stationen seines priesterlichen Wirkens waren dabei, unter anderem: Neuss, Bad Langenau/Schlesien, Gelsenkirchen, Saarbrücken und als Kaplan an der Marienkirche des Ordens in Stettin-Züllchow in Pommern.
Mit dem Zweiten Weltkrieg wurde Lorenz als Militärseelsorger einberufen. Dieser Dienst führte ihn in die Diözese Kulm (Chelmno) in Polen. Da der dortige Bischof geflohen und etliche Priester von SS-Truppen ermordet waren, betreute er nicht nur die Wehrmachtsangehörigen, sondern kümmerte sich auch um polnischen Priester. Dadurch erfuhr er von Grausamkeiten, die das NS-Regime über diesen Landstrich gebracht hatte. Sein seelsorgliches Pflichtbewusstsein ließ ihn diese Nachrichten eigens nach Berlin, zum Feldbischof Rarkowski und zum Nuntius Orsenigo, tragen. Daraufhin wurde das vakante Bistum Kulm unter die Führung des Danziger Bischofs Splett gestellt.
1941 wurden alle Ordensgeistlichen aus dem Militärdienst entlassen – so auch Pater Lorenz. Ab November wurde er als Kaplan in Stettin, an der Hauptpfarrkirche St. Johannes Baptist, eingesetzt. Riskanter Weise traf sich im dortigen Pfarrhaus ein „Mittwochs-Kreis“, um sich auch über den Krieg, politisches Handeln und die allgemeine, problembelastete Lage zu unterhalten. Neben einigen Geistlichen, wie Kaplan Simoleit und Prälat Carl Lampert, der bereits im KZ Dachau als Häftling eingesessen hatte, nahmen hauptsächlich in Stettin stationierte Soldaten daran teil, die für „unbedingt treue Katholiken“ gehalten wurden.
Doch in diesen erlauchten Kreis hatte sich ein Spitzel mit dem Namen „Hagen“ eingeschlichen. Später stellte sich heraus, dass dies Franz Pissaritsch, ein vornehmlich auf Prälat Lampert angesetzter, Spitzel der Gestapo, war.
Seine Aufzeichnungen lösten den Großeinsatz gegen den „Mittwochs-Kreis“ unter dem Namen „Fall Stettin“ am 4./5.2.1943 aus. Unter den 40 festgenommenen Personen befanden sich 14 Geistliche, auch die drei hier Benannten. Brutalste Folterungen, schlimme Verhöre, ständige Demütigungen über Monate hinweg, mussten die Verhafteten über sich ergehen lassen.
Man warf Pater Lorenz schließlich „Vergehen gegen das Rundfunkgesetz, Zersetzung der Wehrkraft und Feindesbegünstigung“ vor. Am 28.7.1944 wurde das Todesurteil gegen Lorenz und Simoleit verlesen, doch der Vorsitzende, Generalstabsrichter Werner Lueben, war nicht anwesend. Er hatte in der Nacht zuvor Selbstmord begangen. Da die Nichtanwesenheit des vorsitzenden Richters ein Formfehler war, hoffte man auf eine Wiederaufnahme des Prozesses. Warum sollten sie überhaupt die Höchststrafe erhalten? „Die Angeklagten sind doch keine Verbrecher; ihre Tragik ist, daß sie katholische Priester sind ... Und das ist in der heutigen Zeit eine todeswürdige Schuld.“ Diesen und ähnliche Sätze, die während der Verhandlung fielen, wollte Pater Lorenz nicht unwidersprochen stehen lassen und gab zu Protokoll: „Der Führer ist besessen von dem Gedanken Volk und Rasse, für ihn sind diese Dinge absolute Werte. Ich schaue aber noch tiefer und sehe ganz klar, daß diese Dinge keine absoluten Werte sind. Darüber hinaus ... gibt es auch noch etwas anderes, das persönlich Absolute, nämlich GOTT.“
Der wieder aufgenommene Prozess endete, trotz der Begnadigungsgesuche von verschiedenen kirchlichen Obrigkeiten, mit der Bestätigung des Todesurteils.
Prälat Carl Lampert, der bereits 1943 zum Tode verurteilt wurde, gehört schon seit 2011 in die Schaar der anerkannten Seligen. Nun gibt es neue Hoffnung, dass weitere Priester, die ihr Martyrium in der NS-Zeit erlitten, zur Ehre der Altäre erhoben werden. So GOTT will auch Pater Friedrich Lorenz.
Das Todesurteil gegen Pater Lorenz wurde, durch Privatinitiative, 2020 durch den Leitenden Oberstaatsanwalt in Berlin, aufgehoben.
(Grundlage dieses Artikels bildet die Lebensbeschreibung von Pater Dr. Thomas Klosterkamp OMI in „Zeugen für Christus“)
© 2024 www.kath.net