Weihnachtsinterview von Bischof Bätzing kommt ohne Weihnachten aus

23. Dezember 2024 in Kommentar


Kurz vor Weihnachten ist die Kirche mal interessant. Aber bitte nur kulturchristlich. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz versemmelt die Chance ein klares Bekenntnis zu Weihnachten zu geben. Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

Die Sensation des Tages lautet: Ein Springer-Medium gesteht, dass es in Limburg nie eine goldene Badewanne gab. Die vom Interviewer lobend erwähnte „nüchterne Arbeitsatmosphäre“ gab es unter dem theologisch weitaus besser aufgestellten Vorgänger des heutigen Bischofs mindestens ebenso. Aber wieso interessiert sich die Welt plötzlich für die Kirche. Die Antwort ist denkbar simpel. Ganz kurz vor Weihnachten wird auch für ein säkulares Medium wie „WeLT AM SONNTAG“ ein katholischer Bischof zu einem interessanten Gesprächspartner, weil es doch überall so kulturell herumweihnachtet. Nur eine verschwindend geringe Minderheit der Deutschen feiert Weihnachten, indem es in Schriftlesung, Gebet und Liturgie, doch durchaus auch mit einem Festmahl und mit Geschenken der  Geburt des Erlösers gedenkt. Die Mehrheit feiert ein irgendwie gefürchtetes Familienfest mit unklarem Inhalt und starren Traditionen. Am Ende sind alle besoffen und zerstritten.

Tatsächlich versteht das christliche Weihnachtsfest trotz allem immer noch irgendwie die Menschen zu berühren. Es ist ein kulturchristliches Berühren, das sich in Glühwein und Lebkuchen manifestiert. Das neue Dogma der deutschen Bischöfe, die KMU 6, hat festgestellt, dass die erdrückende Mehrheit der Deutschen gar nicht mehr religiös ansprechbar sei. Dem trägt auch der Sprecher der deutschen Bischöfe im Interview Rechnung. Ein klein wenig entsetzlich oberflächliches Geplänkel von einem Gott, der unsere Unbehaustheit aufsucht, und schon landet das Interview beim Missbrauch. Und auch wenn der Bischof von Limburg vorher noch verurteilte, dass nicht wenige „sich aus sogenannten alternativen Fakten“ etwas ganz anderes zurechtbasteln, framt der Limburger Oberhirte die Kirchenkrise eindimensional auf die sogenannte Missbrauchskrise.

Gemeint ist damit der Skandal des sexuellen Missbrauchs von Klerikern an zumeist männlichen Kindern und Jugendlichen und die Vertuschung dieser Straftaten durch deutsche Bischöfe. Es ist geradezu erschreckend, welche dramatischen Schlussfolgerungen diese Eindimensionalität nach sich zieht. Kein Wort von der dramatischen Glaubenskrise quer durch die Kirche. Das betrifft Laien wie Kleriker, es betrifft auch Angestellte der Kirche auf allen Ebenen. Kein Wort von vollständig fehlender Glaubensunterweisung. Kein Wort davon, dass die Mehrheit derer, die einen Taufschein besitzen und noch Kirchensteuer zahlen, sich längst aus der Bekenntnisgemeinschaft der Kirche verabschiedet haben.

Bätzing spricht davon, das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen zu wollen und komprimiert sein Rezept in diesem Satz: „Wir wären näher bei euch, wenn ihr näher bei uns wärt.“ Die Kirche müsse ernst nehmen, dass die Menschen das sagten, meint der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Dieser Satz ist ein kaum zu überbietender Gipfel an Perfidie, denn es geht darin nicht etwa darum, dass die Kirche in Gestalt von Unterweisung, Seelsorge und Seelenführung näher bei den Menschen ist, es geht um Haltung. Die Kirche, das und nichts anderes steht dahinter, solle ihre Lehre ändern, damit sie wieder gesellschaftlich anschlussfähig werden kann. Wer auch nur einen Moment des Zweifels daran hegt, wird sofort darüber belehrt. Schon die nächste Frage spricht die Rolle der Frau in der Kirche an. Natürlich folgt hier das übliche Geplänkel von Leitungsfunktion auf allen Ebenen der Kirche. Das kann man ja so sehen.

Dramatisch wird es in diesem Satz: „Und bei der Frage, warum Frauen nicht auch im sakramentalen Amt von Priestern und Diakonen tätig sein können, finde ich, dass die theologischen Klärungen so weit gediehen sind, dass das ermöglicht werden könnte.“ Hier vertritt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz öffentlich eine Häresie. In seinem Apostolischen Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“ stellte Papst Johannes Paul II. klar: „Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben.“ (OS 4) Der Papst bezieht sich auf eine zu allen Zeiten von der Kirche so vertretene Lehre, zu der es keine andere widersprechende apostolische Tradition gibt. Eine Anfrage an die Glaubenskongregation führte zu der klaren Aussage, „Ordinatio sacerdotalis“ ist de fide. Das bedeutet, das die Männern vorbehaltene Priesterweihe unveränderliches Glaubensgut der Kirche ist. Zwei nachfolgende Päpste haben diese Lehre unverändert bestätigt. Damit sollte klar sein, dass es in der katholischen Kirche niemals möglich sein wird, Frauen die Priesterweihe zu spenden. Das sollte auch der Bischof von Limburg wissen.

Warum er als Bischof diese Lehre der Kirche nicht vertritt und stattdessen öffentlich in einem Interview einen Irrtum verbreitet, ist nicht nachvollziehbar. Das folgende Geplänkel um den Diakonat der Frau kann man getrost überlesen. Falls es ein Diakonat der Frau geben sollte, wird dies wohl kaum eine sakramentale Weihe sein. Wenn überhaupt wird man sich an die Tradition der antiken Diakonissen anlehnen und eine neue Art Dienstamt einführen, wie es dies schon mit dem Amt des Katecheten gibt. Ein einziger Aspekt, der nichts mit dem Kernthema dieses Interviewteils zu tun hat, ist interessant. Während beim Synodalen Weg immer noch die Unverbindlichkeit der Beschlüsse betont wurde, fällt so langsam die Maske. Während das "ZdK“ schon so tut, als seien die Beschlüsse des Synodalen Weges schon de fide, begnügt sich Bätzing noch mit der Andeutung, zwei Drittel der Bischöfe hätten zugestimmt. Von dieser Betonung bis zur Behauptung der Verbindlichkeit ist es nur ein winziger Schritt.

Es folgt in dem mit fast 10000 Zeichen wirklich langen Interview in einem deutschen Leitmedium nur noch ein Thema: Die Abtreibung. Wer hier ein kräftiges Bekenntnis zum Schutz des menschlichen Lebens erwartet, wird enttäuscht. Die jetzige gesetzliche Regelung, so Bätzing enthalte eine gute Balance zwischen den beiden Grundprinzipien Recht der Frau auf Selbstbestimmung und Recht des ungeborenen Menschen auf Leben. Hier muss man nicht einmal die katholische Moral bemühen, um dem Bischof deutlich zu widersprechen. Die ständige Rechtsprechung des höchsten deutschen Gerichts geht von einer grundsätzlichen Pflicht der Frau zum Austragen einer Schwangerschaft aus. Auch wenn unbestritten ist, dass das derzeit geltende Recht den besten seinerzeit zu erreichenden politischen Kompromiss darstellt und erhaltenswert ist, weil jede zu erwartende Revision eine Verschlechterung wäre, hätte man von einem Bischof ein deutlicheres Bekenntnis zum Leben erwartet. Und damit ist schon die Antwort gegeben, warum man der Kirche in Fragen des Lebensschutzes nicht mehr zuhört: Sie badet nur noch lau. Einerseits das Festhalten daran keine Beratungsscheine auszustellen, was moralisch richtig ist, andererseits aber das Lob für Donum vitae, die mit ihren Beratungsscheinen zum Töten Ungeborener beitragen, ist einfach nur ekelerregend. Alle Katholiken, die bei Donum vitae mitwirken, sind de facto exkommuniziert. Wie ein Bischof so etwas loben kann, ist nicht nachvollziehbar.

Das Interview endet und hinterlässt den Leser ratlos. Das war es jetzt? Das hat ein Bischof den Lesern von „WeLT AM SONNTAG“ zu Weihnachten zu sagen? Man könnte es als vergeigt und versemmelt bezeichnen. An Weihnachten feiern wir Christen die Geburt des Erlösers der Welt. Auch die WeLT ist ein Teil der Welt. Statt einer Plattitüde von einem Gott der uns in unserer Unbehaustheit aufsucht, wäre es gut, mal die Großtat Gottes zu beleuchten, Mensch zu werden, um uns zu erlösen. Da könnte man mal einen Unterschied aufzeigen zwischen den kurzfristigen Heilszusagen der Kräfte dieser Welt und dem Heil, das Gott und verheißen hat. Sicher ist ein Interviewter immer von den Fragen des Interviewers abhängig. Doch die Fragen zu Missbrauch, Frauenpriestertum und Abtreibung hätte man auch ganz anders beantworten können.

Was hätte man erwarten sollen? Vielleicht dies: Gerade beim Punkt der Abtreibung wird die Dissonanz der Lösungen der Welt und der Lösungen Gottes deutlich. Der Mensch sieht ein Kind als Krise und Konflikt. Wenden wir mal den Blick, dann stellen wir fest, dass Gott ein Kind als Lösung ansieht. Maria wird unehelich schwanger, der Engel erklärt es ihr und sie sagt ihr „Fiat“. Eine Frau unserer Tage wird schwanger und die Welt erklärt ihr, warum das Kind ein Problem ist und warum man es wegmachen muss. Man kann schwangeren Frauen nur raten, lieber auf Engel zu hören als auf die Welt. Auch das Kind wird in bescheidenen Verhältnissen geboren. Statt das modernistisch wegzuframen, wie es der Bischof tut, kann man auch zeigen, dass Gott nicht in einem Palast geboren wurde. Ochs und Esel sind die Gesellschaft Jesu, Hirten bestaunen das göttliche Kind und Völker Welt, biblisch vertreten durch drei Weise suchen die Krippe auf. Von Anfang an ist klar, dass dies Kind ein Zeichen ist, dem massiv widersprochen wird. Sein Schicksal ist ihm in die Wiege, hier die Krippe gelegt. Und doch sagt Gott sein „Ja“ zu diesem Kind, das sein Sohn ist, wie Gott zu jedem Kind sein „Ja“. Wie können wir uns erlauben, einem Kind unser „Nein“ in Gestalt einer Absaugmaschine entgegenzustellen.

Und da hören wir, was uns auf dem Marsch für das Leben entgegengebrüllt wird: „Hätt Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben!“ Aber sie hat nicht, denn Maria hat auf die sanfte und von göttlicher Liebe erfüllte Stimme des Engels gehört und vor dem Gebrüll der Welt die Ohren verschlossen. Die Welt hat auch dem Jesuskind nach dem Leben getrachtet. Von Anfang an. Herodes hat als williger Schlächter hunderte Kinder erschlagen lassen. Das tun übrigens auch die Terroristen unserer Tage. Am Ende hat die Welt den Erlöser getötet. Doch auch darüber konnte Gott hinausgehen. Der tote Sohn im Schoß der Mutter, wir verehren das Bild davon an vielen Orten. Am Ende steht Ostern. Das letzte Wort Gottes ist das Leben. Auch wenn der Mensch tausend- oder millionenfach den Tod herbeiführt. Gottes Antwort ist immer das Leben. Nichts anderes kann die Antwort der Kirche auf die Frage der Welt sein, ob die Welt ungeborene Kinder töten dürfe. Wir mordeten in den letzten 50 Jahren Millionen Kinder im Mutterleib und nun sehen wir uns den Zustand der Gesellschaft und der Kirche an. Das ist es, was der Tod uns bringt. Und Weihnachten, das ist die gegenteilige Zusage Gottes, dass seine Antwort immer das Leben sein wird. Wenden wir uns dem Leben zu und wir wenden das Grausen, dass sich über unser Land gelegt hat.

Gottes Antwort ist immer das Leben. Allen Lesern des Montagskicks wünsche ich ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

 

Bild oben: Lachende Kinder unter einem festlich geschmückten Weihnachtsbaum. Gottes Antwort ist immer das Leben. Foto: Mit AI hergestellt.


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