15. Februar 2025 in Familie
Die allererste Versuchung ist längst im virtuellen Raum angekommen. Tipps, um der Versuchung zu widerstehen, zu allem seinen Senf dazu geben zu müssen. Von Petra Knapp.
Linz (kath.net / pk) Wer kennt es nicht? Wir lesen auf X, Facebook oder Instagram einen unverschämten Post und sind von einer Sekunde in die andere in der Empörungsspirale drinnen. Sofort muss reagiert werden, als wären die wenigen gelesenen Worte alles, was es zu einer Situation zu sagen gibt.
Das ist ein Fehler, schreibt Steve Robinson in einem Beitrag auf „Aleteia“. Ihm habe einmal ein weiser Freund geraten, nicht so schnell bereit zu sein, auf die Beleidigungen von anderen Menschen zu reagieren, und zwar zu einer Zeit, als es noch gar kein Internet gab, das alle Prozesse, Gespräche, Debatten in ein schwindelerregendes Tempo trieb.
Er hatte sich emotional in eine Angelegenheit verstrickt, die komplexer und facettenreicher war, als auf den ersten Blick sichtbar war. „Sein Rat scheint besonders relevant für unsere heutige Empörungskultur in den sozialen Medien zu sein, die dadurch angeheizt wird, dass wir vermeintliche Beleidigungen mit einem Mausklick in die Welt hinausposaunen können, anstatt von Angesicht zu Angesicht.“
Tagein tagaus seien wir permanent mit dieser Versuchung konfrontiert, auf die dutzenden empörenden Wortmeldungen oder Ereignisse zu reagieren. Irgendwo blinkt immer ein leeres Kommentarfeld auf, das unsere Meinung, unsere Weisheit, unser Urteil oder einfach unseren Senf zu irgendetwas einfordert.
„Das Internet gibt uns eine Allwissenheit und eine Plattform, die früher nur Gott zur Verfügung stand“, schreibt der Autor. „Und mit jedem Beitrag, den wir lesen, werden unsere Seelen immer wieder mit der ersten Versuchung konfrontiert: Klicke und tippe, dann du wirst wie Gott sein und Gut und Böse unterscheiden können.“
Die Verführung sei subtil, sowohl für die Beleidigten als auch für die Verteidiger der Beleidigten: Der eine kann (leicht) beleidigt sein, der andere kann (leicht) mitmachen. Fest steht: „Beides ist eine geistige Krankheit.“
Die Heilige Schrift und die Wüstenväter warnen uns vor der Liebe zum Ruhm und Lob, vor Streit, Zank und Aufruhr; dies seien sind Symptome des Stolzes, des Egos und der Versklavung durch die „Leidenschaften“. Sie führt zu einem Mangel an Unterscheidungsvermögen und der Unfähigkeit, in Beziehungen geistige und emotionale Grenzen zu setzen.
Es braucht Weisheit zu erkennen, ob wir uns für eine gerechte Sache einsetzen und die Schwachen verteidigen oder ob wir in die dysfunktionale, von Leidenschaften getriebene Empörung einer anderen Person hineingezogen werden, weil sie sich gekränkt, beleidigt, ausgegrenzt, verfolgt oder angegriffen fühlt.
Folgende Fragen können hilfreich sein, uns von unserer Sucht, „wie Gott“ zu sein, zu befreien.
Weiß ich genug über die Situation?
Was habe ich zu gewinnen, wenn ich darauf antworte?
Welchen Unterschied wird meine Antwort machen? Ist sie notwendig?
Bin ich öffentlich in diese Sache involviert, sodass ich mich unbedingt äußern muss?
Was zwingt mich eigentlich, auf etwas zu antworten? Warum fühle ich mich verpflichtet, meine Meinung zu äußern?
Was geschieht in diesem Moment in meiner Seele? Empfinde ich Frieden oder Irritation?
Was ist das Schlimmste, das passieren kann, wenn ich weder jetzt noch irgendwann antworte? Und was ist das Beste, das passieren wird, wenn ich diese Antwort poste, was nicht schon durch die Antworten anderer erreicht worden ist?
„Ich persönlich versuche, niemals in einem Zustand der Unruhe auf „Senden“ zu drücken“, schreibt der Autor. Diese Fragen könnten helfen, „nicht mehr Gott zu spielen, sondern in unserer Präsenz in den sozialen Medien gottgefälliger zu sein“.
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