14. Februar 2025 in Kommentar
Denn „gäbe es in der Kirche nicht die Sündenvergebung, so bestünde keine Hoffnung auf das ewige Leben und die ewige Befreiung. Danken wir Gott, der seiner Kirche ein solches Geschenk gemacht hat“ (Augustinus) BeneDicta am Freitag von Dorothea Schmidt
Regensburg (kath.net)
Die Beichte — ein Gruselstück für Kinder? Müsste man meinen, glaubt man jüngsten Forderungen — ausgerechnet aus dem katholischen Polen —, dieses Sakrament vor Kindern zu verschließen. Die Gründe sind dieselben, wie man sie seit 2023 auch aus Deutschland immer wieder hört: Kinder hätten kein Sündenbewusstsein oder sogar noch keine Sünden, zu groß sei das Risiko eines Traumas, beichten mache Kindern doch nur Angst, zudem lauere Missbrauch in jedem Beichtstuhl. … Das passt zur neuesten Kirchenmitgliedschaftserhebung, die zeigt, wie wenig Katholiken mit ihrem Glauben anfangen können. Viele verstehen weder, was Sünde ist, noch was Vergebung bedeutet noch, was Sakramente sind, noch, was das Priesteramt bedeutet.
Das Sakrament der Beichte, die Menschen in die Erfahrung des Barmherzigen Vaters führen soll; wo der Mensch genährt, gestärkt, geliebt und reingewaschen hervorgeht wird umgedeutet in eine Gruselfahrt ins Ungewisse — ins ungewisse Gefährliche. Leider ist das keine Ironie, sondern eine real stattfindende, in Denkmuster gegossene Gleichgültigkeit, Angst und/oder Aversion gegenüber der Beichte; eine Projektion des Eigenen ins Allgemeine an die große Leinwand der Öffentlichkeit.
Das wäre nicht weiter beachtenswert, wüsste man nicht, dass es um die katechetischen Leistungen des Landes nicht so schlecht bestellt wäre —, so dass Menschen erkennen könnten, dass dies nicht der Wahrheit entspricht — und die Forderungen nach einem Ende der Kinderbeichte nicht mit Missbrauch konnotiert würden; was zu der Frage führt, ob die vermeintlichen Kirchenretter nach der Kinderbeichte auch die Beichte im Allgemeinen vor den Richterstuhl zu tragen gedenken — und wer weiß, welche Sakramente dann noch dran glauben werden müssen. Dass (geistlicher) Missbrauch im Beichtstuhl stattgefunden hat und manche sich mehr gedemütigt als erneuert fühlten, soll nicht von der Hand gewiesen werden. Wer jedoch auf das Scheitern verweist, sollte nie versäumen, die ungleich häufigeren Geschichten menschlicher Stärke und menschlichen Glücks zu erzählen. Der Weg der Bekehrung führte Menschen immer über den Beichtstuhl.
Und schließlich können Missbrauchstaten, die auf vier Prozent aller Geistlichen zurückzuführen sind, nicht zum Anlass genommen werden, in jedem Priester einen potenziellen Missbrauchstäter zu sehen und der Beichte deshalb den Rücken zu kehren bzw. Kinder davor bewahren zu wollen — während man selbige bei Halloween den gruselsten Fratzen aussetzt und das (im Gegensatz zur Beichte) Böse verniedlicht. Hinter einer Missbrauchstat steht übrigens nicht einmal die Kirche, sondern ein sündiger Mensch; Missbrauch ist personell-individuell, nicht institutionell, und schon gar nicht sind Sakramente Ursache für die Verfehlungen von Geistlichen.
Es scheint als bräuchte es nicht nur eine Kindern entsprechende katechetische Vorbereitung auf die Beichte, wie es neulich der Eichstätter Bischof Gregor Hanke forderte, sondern auch grundlegende Katechese für Erwachsene, damit jeder in der Tiefe die Wahrheit erkennt, die hinter den Sakramenten steht.
Schon Joseph Ratzinger warnte 1977 davor, bei der Bußerziehung Schreckgespenster zu malen statt die Beichte als „Stätte der Hoffnung“ zu zeichnen. Wenn ein angstloser Umgang mit der Schuld und Vergebung erlernt würde, könne „jene Wachheit des Gewissens gefördert werden, die sich reinigen lassen, weil sie um die Gnade weiß“ — das würde die „Freude an der geschenkten Vereinigung mit dem Herrn“ vertiefen.
Damals ging es darum, die Beichte der Kommunion nachzuordnen — ein No Go, den Ratzinger an der Messfeier selbst erklärte. Der Bußakt stehe vor der Wort- und Sakramentsfeier. „Nur durch die Umkehr hindurch, …., führt der Weg in die Nähe des Herrn“, schrieb er. Selbst vor der Austeilung der Kommunion werde das Vaterunser gebetet und damit die Bitte um Vergebung noch einmal geäußert — ganz gemäß der Zwölfapostellehre, wo es heißt: „Wer heilig ist, komme; wer es nicht ist, kehre um (tue Buße).“ Oder wie das Matthäusevangelium lehrt: „Wenn… du dich erinnerst, dass dein Bruder etwas gegen dich hat,… geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder…“ (Mt 5,23). Man könnte meinen, der Stolz hätte heute (fast) jedes Streben nach Versöhnung verdrängt.
Jede Wette, dass diejenigen, die die Abschaffung der Kinderbeichte fordern, den Beichtstuhl selbst kaum von innen gesehen haben. Deren Nein zur Kinderbeichte ist Ausdruck eines Glaubensverlustes. Die Liebe zur Beichte und zur Kirche jedefalls lernen Kinder nicht dadurch, dass man sie von ihr fernhält als wäre sie ein Folterinstrument, wie auch Papst Franziskus es einmal formulierte, oder als erwartete sie dort ein Mann mit Prügelstock oder ein potenzieller Missbrauchstäter — und nicht der barmherzige Vater.
Grundsätzlich darf und muss sich jedes Glied der Kirche zu jeder Zeit — auch heute — in Demut und Offenheit für den heiligen Geist erneuern, sich heilen lassen, immer wieder umkehren, bereit sein, die Kirche in ihrer wahren Gestalt neu oder immer tiefer zu entdecken und Gott als barmherzigen Vater kennenzulernen. Zumindest kann man das allen nur wünschen und im Gebet dafür einstehen, dass gerade dieses Heilige Jahr für alle Menschen zu einer Erfahrung mit der barmherzigen Liebe Gottes wird. Es gehört geradezu zu Gottes Wesen, den Sünder mit offenen Armen und einem Blick der Liebe zu empfangen, ihn reinzuwaschen und die Sünde zu vergessen als hätte es sie nie gegeben, wie Jesus es der heiligen Magdalena Maria Alacoque erklärte.
Gerade in diesem Jahr, in dem die Kirche das Heilige Jahr begeht, der Papst zu Umkehr und Buße einlädt und die Fastenzeit bevorsteht, wäre die Beichte das letzte, das wir Katholiken ausklammern oder gar zu einem Gruselkabinett umstilisieren sollten. Denn „gäbe es in der Kirche nicht die Sündenvergebung, so bestünde keine Hoffnung auf das ewige Leben und die ewige Befreiung. Danken wir Gott, der seiner Kirche ein solches Geschenk gemacht hat“ (Augustinus).
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